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Leistungsbonus – so gelingt eine transparente Gestaltung

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Variable Vergütungselemente sind regelmäßiger Bestandteil von Arbeitsverträgen. Ihr personalpolitischer Zweck ist die Motivation der Mitarbeiter, das Ermöglichen von Steuerung und die Belohnung von Leistung statt Anwesenheit. Arbeitsrechtlich ist dabei wichtig, dass die vertraglichen Regelungen klar und verständlich sind. Intransparente Regelungen bergen das Risiko, dass der Bonus unabhängig von den gesetzten Ergebnissen gezahlt werden muss.

Die Regelungsmöglichkeiten sind groß. Ein Anspruch und dessen Höhe können von individuellen oder von Team-Zielen, von Ergebnissen des Betriebs, des Unternehmens oder einer Kombination aller dieser Faktoren abhängig gemacht – und auch in das billige Ermessen des Arbeitgebers gestellt werden.

Transparenzgebot

Zu berücksichtigen ist, dass es sich in aller Regel nicht um individuell ausgehandelte Arbeitsbedingungen handeln wird, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Auf solche findet das Transparenzgebot Anwendung, wonach ihr Ersteller die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar und verständlich darstellen muss. Es müssen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.

Sinn des Transparenzgebots ist es zudem, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird, weil die Regelung für ihn so unklar ist, dass er nicht bewerten kann, ob ein Anspruch besteht oder nicht.

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg

So entschied das LAG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 23.02.2024, Az. 12 Sa 864/23 über folgende Regelung in einem Arbeitsvertrag:

„In Abhängigkeit vom Betriebsergebnis erhält der Arbeitnehmer eine Leistungsprämie in Form eines 13. Monatsgehaltes zahlbar im Dezember eines jeden Jahres.“

Man mag sich fragen, was daran unklar ist, aber das Gericht hielt den verwendeten Begriff „Betriebsergebnis“ für nicht eindeutig, zu unbestimmt, intransparent – und somit im Ergebnis für unwirksam. Der bloße Verweis auf das Betriebsergebnis, ohne Konkretisierung, wann dieses einen Bonus auslöst bzw. wann nicht, sei nicht ausreichend transparent:

„Es kann aus der Klausel nicht ermittelt werden, für welches Betriebsergebnis eine Leistung versprochen wird, und für welches Betriebsergebnis nicht. Das für die Leistungsgewährung vorausgesetzte Betriebsergebnis ist im Wortlaut der Klausel nicht näher qualitativ beschrieben. Die Abhängigkeit zwischen Betriebsergebnis und Gewährung des 13. Gehalts bzw. der Leistungsprämie bleibt unbestimmt.“

Rechtsfolge: Voller Anspruch auf den Bonus

In der Rechtsfolge trennte das LAG Berlin-Brandenburg die unwirksame Anspruchsvoraussetzung von der Bonusregelung im Übrigen. Übrig blieb ein mehr oder minder voraussetzungsloser Bonusanspruch. Die als variabel gedachte Zahlung war damit nicht mehr variabel, sondern wurde zum fixen Anspruch und wird nun stets in voller Höhe geschuldet.

Voller Anspruch für immer?

Finden sich derlei Klauseln in größerer Zahl in den Arbeitsverträgen eines Unternehmens, ergeben sich folglich erhebliche Zahlungsrisiken – losgelöst vom eigentlich als Zahlungsvoraussetzung herangezogenen (aber nach Ansicht des LAG intransparenten) „Betriebsergebnis“.

Die einmal vereinbarte unwirksame Regelung wird man grundsätzlich nicht mehr los. Arbeitnehmer sind allgemein nicht zum Abschluss eines Änderungsvertrags verpflichtet. Möglich wäre eine Änderung der Regelungen im Arbeitsvertrag durch eine abändernde Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat. Möglichkeit und Voraussetzung einer Abänderung vertraglicher Zusagen durch Betriebsvereinbarungen bedürfen einer Betriebsvereinbarungsoffenheit der fraglichen Regelung, um deren Möglichkeiten sich in Rechtsprechung und Literatur gestritten wird. Einigkeit besteht aber, dass vertragliche Regelungen dann durch Betriebsvereinbarungen abänderbar sind, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorbehalten wurde.

Ermessensbonus

Höhe und Voraussetzungen eines Bonus müssen aber nicht zwingend im Arbeitsvertrag abschließend geregelt werden. Zulässig ist es, nur abstrakte Elemente zum Bonus festzulegen und im Übrigen dem Arbeitgeber billiges Ermessen bei der Entscheidung über einen Leistungsbonus einzuräumen. Abstrakte Voraussetzungen könnten etwa individuelle Zielerreichung, Teamperformance und/oder Erfolg des Unternehmens sein, deren Gewichtung und Bewertung sodann im billigen Ermessen des Arbeitgebers liegt. Qualitative Ziele sind besonders geeignet, dem Arbeitgeber mehr Bewertungsspielraum zu eröffnen, wohingegen quantitative Ziele leichter messbar sind, aber dem Transparenzgebot genügen müssen (s.o.). Dem Arbeitgeber kann auch überlassen werden, einseitig jährlich individuelle Ziele vorzugeben.

Billiges Ermessen heißt aber nicht freies Ermessen. Der Arbeitgeber kann nicht frei entscheiden, trotz Zielerreichung keinen Bonus zu zahlen oder überzogene Anforderungen zu stellen, die praktisch unerreichbar sind und daher zu einem Entfall des Bonus führen. Der Arbeitgeber hat eine an festgeschriebenen Voraussetzungen und tatsächlichen Leistungen im Bezugszeitraum (z.B. Kalender- oder Wirtschaftsjahr, Quartal usw.) orientierte interessengerechte Entscheidung zu treffen, die gerichtlich zudem voll überprüfbar ist (vgl. unseren Blogbeitrag).

Tipps und Tricks

Die Anreizwirkung eines Bonus, dessen Voraussetzungen unklar sind, ist fraglich. Daher sollte bei der Erarbeitung von Arbeitsverträgen und dort enthaltenen Bonusregelungen geprüft werden, welchem Zweck diese dienen sollen und unter welchen Voraussetzungen ein Bonus gezahlt werden soll.

Besteht das unternehmerische Interesse in maximaler Freiheit bei der Frage, ob und in welcher Höhe ein Bonus gezahlt werden soll, so kann mit Freiwilligkeitsvorbehalten gearbeitet werden. Diese sind zulässig, aber auch ihrerseits eine Fehlerquelle. Insbesondere dürfen Zielvorgaben nicht mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt kombiniert werden. Leistungsbezogene Zielvereinbarungen und Freiwilligkeitsvorbehalte schließen sich gegenseitig aus. Soweit in einer Zielvereinbarung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt sind, kann sich der Arbeitgeber nicht mehr einseitig von der Zahlungspflicht befreien (vgl. dazu unseren Blogbeitrag).

Stephan Nakszynski

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt
Senior Associate
Stephan Nakszynski berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät er seine Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Whistleblowing und Compliance".
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