Internetrecherchen spielen für Arbeitgeber im Bewerbungsprozess eine immer größere Rolle. Im digitalen Zeitalter gibt es eine hohe Diversität an Informationen über Personen im Netz. Dadurch kann das Internet Informationen über Bewerber bieten, die über die in den eingereichten Bewerbungsunterlagen hinausgehen. Arbeitgeber müssen allerdings einiges beachten, wenn sie die Namen von Bewerbern in eine Suchmaschine eingeben und dadurch erlangte Informationen im Auswahlverfahren verwerten möchten.
Arbeitgeber müssen bei Google-Recherche Datenschutz beachten
Bei einer Internetrecherche im Auswahlverfahren verarbeitet der Arbeitgeber personenbezogene Daten. Eine solche Verarbeitung ist nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO zulässig, wenn es zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen (s. zu den generellen Voraussetzungen auch unseren Blogbeitrag vom 22. März 2018).
Der Bewerber muss die Datenerhebung beim Arbeitgeber aber nicht selbst anfragen. Ausreichend ist vielmehr eine Datenverarbeitung, die einer dem Wunsch des Bewerbers entsprechenden Einstellungsentscheidung dient. Dem steht faktisch die Bewerbung als solche gleich. Das hat aber nicht zur Folge, dass jede Art von Datenerhebung im Bewerbungsverfahren erlaubt ist. Denn das Kriterium der Erforderlichkeit des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO muss eingehalten werden. Daher muss der Arbeitgeber primär auf mildere Mittel zur Zielerreichung zurückgreifen, die weniger in die Rechte des Bewerbers eingreifen.
Informationspflicht des Arbeitgebers
Nutzt der Arbeitgeber zur Information allgemeinzugängliche Quellen wie Google oder andere Internetsuchmaschinen, anstatt den Bewerber selbst zu fragen, so unterliegt er der Informationspflicht des Art. 14 DSGVO. Danach hat der Verantwortliche nach der Datenerhebung die Pflicht, bestimmte Informationen der betroffenen Person mitzuteilen.
Die Pflicht bezieht sich unter anderem auf die Angabe des Namens des Verantwortlichen der Datenerhebung, des Zweckes der Verarbeitung sowie der Kategorien der verarbeiteten Daten. Die Information über die Kategorie muss so präzise gestaltet werden, dass die betroffene Person die Risiken abwägen kann, die mit der Datenverarbeitung einhergehen können. Nicht ausreichend wäre beispielsweise die lediglich pauschale Mitteilung der Datenerhebung zur Bewerbungsentscheidung. Hinreichend spezifisch wäre dagegen die Angabe der Art an Eigenschaften und Fähigkeiten des Bewerbers, über die sich der Arbeitgeber informieren wollte, z. B. Verurteilungen.
Zudem muss der Arbeitgeber die gesetzliche Frist der Informationspflicht beachten: die Informationsübermittlung muss grundsätzlich spätestens innerhalb eines Monats oder bei erstmaliger Kommunikation mit der betroffenen Person erfolgen.
Mangelnde Information kann Entschädigung zugunsten Bewerber auslösen
Ein aktueller Fall des LAG Düsseldorf (Urteil vom 10.04.2024 – 12 Sa 1007/23) zeigt, warum insbesondere öffentliche Arbeitgeber die Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO ernst nehmen sollten.
In dem Verfahren stritten die Parteien über einen Entschädigungsanspruch nach einem Stellenbesetzungsverfahren. Die öffentliche Arbeitgeberin hat hierbei in ihrer Auswahlentscheidung vermerkt, aus öffentlich zugänglichen Quellen erfahren zu haben, dass der Bewerber – nicht rechtskräftig – strafrechtlich verurteilt wurde. Daraufhin hat die Arbeitgeberin den Bewerber als für die Stelle ungeeignet eingestuft. Anlass der Internetrecherche war die Kenntnis des Bewerbernamens durch einen Mitarbeiter. Sodann entschied sich die Arbeitgeberin für eine andere Bewerberin aufgrund besserer Fachkompetenz.
Das LAG entschied in diesem konkreten Fall, dass die Arbeitgeberin die eingestellte Bewerberin für fachlich geeigneter halten durfte. Allerdings monierte das Gericht, dass die Arbeitgeberin bei der Informationsbeschaffung durch die Google-Suche hinsichtlich des anderen Bewerbers die gesetzlichen Vorschriften verletzt hatte. Denn die Arbeitgeberin hatte den Bewerber nicht gem. Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO über die Datenkategorie (hier: strafrechtliche Verurteilung) der verarbeiteten Daten spezifisch informiert. Da sie die Daten dennoch im Auswahlverfahren verwertete, sprach das LAG dem Bewerber einen Entschädigungsanspruch gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu.
Ausblick
Zwar bleibt noch abzuwarten, ob sich das BAG der Entscheidung des LAG Düsseldorf anschließen wird und ob die Entscheidung auch auf nicht-öffentliche Arbeitgeber übertragbar ist. Unternehmen sollten das Urteil dennoch zum Anlass nehmen, transparente Richtlinien zur Dokumentation und Information von Internetrecherchen im Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu schaffen. So können Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen vermieden werden. Zudem kann es sinnvoll sein, bereits vorab auf eine eventuelle Datenerhebung hinzuweisen und alle erhobenen und verarbeiteten Daten bereit zu halten. Zumindest, wenn der Arbeitgeber generell konkrete Kategorien von personenbezogenen Daten überprüfen möchte, sollte er diese entsprechend Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO dem Bewerber mitteilen.
Vielen Dank an Nina Waschipki (Referendarin im Düsseldorfer Büro) für die Mitwirkung bei der Erstellung des Beitrags.