Unternehmen sind in der Regel daran interessiert, Arbeitsverhältnisse mit Mitarbeitenden einvernehmlich zu beenden. Neben Gründen der Unternehmenskultur spricht dafür, dass sich so mögliche Prozesskosten vermeiden und schnell Rechtssicherheit gewinnen lässt. Doch die Zustimmung der Mitarbeitenden hat ihren Preis, nicht nur für das Unternehmen. Den Mitarbeitenden droht aufgrund ihrer Zustimmung in die Vertragsbeendigung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Dabei gibt es Möglichkeiten, eine Sperrzeit insgesamt zu verhindern oder jedenfalls ihre Folgen zu verringern.
Wenn Mitarbeitende ihr Beschäftigungsverhältnis lösen und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeiführen, ohne einen wichtigen Grund zu haben, ruht ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit (§ 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III). Diese sog. „Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe“ beträgt 12 Wochen (§ 159 Abs. 3 S. 1 SGB III) – für 12 Wochen wird also kein Arbeitslosengeld gezahlt. Außerdem verkürzt sich die Gesamtbezugsdauer des Arbeitslosengeldes um 12 Wochen, mindestens aber ein Viertel (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).
Was löst (k)eine Sperrzeit aus?
Der Abschluss eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags stellt grundsätzlich eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Mitarbeitende müssen dann mit einer Sperrzeit rechnen, wenn sie hierfür keinen wichtigen Grund haben.
Das Risiko besteht selbst dann, wenn Mitarbeitende nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung absprachegemäß Kündigungsschutzklage mit dem Ziel eines gerichtlichen Vergleichs erheben. Allerdings: In der Praxis verhängen die Arbeitsagenturen in diesem Fall höchst selten eine Sperrzeit.
Wer bloß eine Kündigung entgegennimmt und sich dagegen nicht wehrt, muss keine Sperrzeit befürchten. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber eine sog. § 1a KSchG-Kündigung ausspricht, also in der Kündigung ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindung verspricht, wenn der oder die Mitarbeitende keine Kündigungsschutzklage erhebt. In der Praxis sind § 1a KSchG-Kündigungen für Arbeitgeber wenig attraktiv, da sie erst vergleichsweise spät Rechtssicherheit erzeugen und auch keine Gesamterledigung aller offenen Abwicklungsfragen ermöglichen.
Wichtige Gründe für versicherungswidriges Verhalten
Aber auch Aufhebungs- und Abwicklungsverträge müssen nicht zwangsläufig zu einer Sperrzeit führen – nämlich dann, wenn Mitarbeitende einen wichtigen Grund für ihre Zustimmung hierzu haben. Denkbare wichtige Gründe lassen sich den fachlichen Weisungen der Arbeitsagentur entnehmen.
Der in der Praxis bei Personalabbaumaßnahmen relevanteste wichtige Grund liegt vor, wenn bei einer einvernehmlichen Beendigung die folgenden fünf Punkte kumulativ erfüllt sind:
- Eine Kündigung des Arbeitgebers wurde mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt.
- Die Kündigung wäre gestützt auf betriebliche oder personenbezogene (nicht: verhaltensbedingte) Gründe.
- Die (fiktive) Arbeitgeberkündigung wäre zu demselben Zeitpunkt oder früher wirksam geworden, d.h. der Aufhebungsvertrag muss die geltenden Kündigungsfristen beachten und darf den Beendigungszeitpunkt – verglichen mit der in Aussicht gestellten Kündigung – nicht vorverlegen.
- Der/Die Mitarbeitende war nicht unkündbar (z.B. wegen tariflichen Sonderkündigungsschutzes für ältere Beschäftigte).
- Es wird eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses gezahlt (entsprechend der Regelung in § 1a KSchG).
Das kritischste Merkmal ist häufig die begrenzte Höhe der Abfindung. Soweit nicht durch andere Gestaltungen (siehe unten) die Folgen der Sperrzeit minimiert werden können, muss der finanzielle Vorteil der höheren Abfindung gegen den Nachteil der Sperrzeit abgewogen werden.
Sperrzeitfolgen verringern durch unwiderrufliche Freistellung
Ist eine Sperrzeit im Einzelfall nicht vermeidbar, so können häufig ihre Folgen gemildert oder sogar ganz beseitigt werden – nämlich durch eine unwiderrufliche Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung, durch die der Beginn der Sperrzeit vorverlagert wird. Denn die Sperrzeit beginnt am ersten Tag der Freistellung und wäre – wird z. B. eine 12wöchige Freistellung vereinbart – am ersten Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits abgelaufen. Ein Bezug von Arbeitslosengeld ist dann sofort nach Ende der Zahlung der Arbeitsvergütung möglich.
Da die Vereinbarung dreimonatiger Kündigungsfristen in vielen Branchen ohnehin marktüblich ist, lässt sich das Problem der Sperrzeit also bereits durch eine unwiderrufliche Freistellung während der Kündigungsfrist wirksam begrenzen. In Fällen, in denen eine kürzere Kündigungsfrist zugrunde liegt, kann ggf. ein Teil der Abfindung zugunsten einer längeren Kündigungsfrist umgeschichtet werden.
Verkürzung der Gesamtbezugsdauer vermeiden durch frühzeitige Vereinbarung
Damit wird jedoch zunächst nicht verhindert, dass auch die Gesamtbezugsdauer des Arbeitslosengeldes um 12 Wochen, mindestens aber ein Viertel, verkürzt wird (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Auch hierzu hält das Gesetz jedoch eine Gestaltungsoption bereit: Die Verkürzung der Gesamtbezugsdauer entfällt nämlich dann, wenn das Ereignis, das die Sperrzeit begründet, bei Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld länger als ein Jahr zurückliegt (§ 148 Abs. 2 S. 2 SGB III). Wer sich also erst ein Jahr nach Beginn einer vereinbarten unwiderruflichen Freistellung arbeitslos meldet, muss nicht mehr mit einer Verkürzung der Gesamtbezugsdauer rechnen.
Diese Ausnahmeregelung dürfte für die Trennungsfälle nutzbar sein, in denen sehr lange Kündigungsfristen zu beachten sind oder freiwillig gewährt werden und entsprechende Freistellungszeiten in Betracht kommen.
Zusage eines sog. Sperrzeitausgleichs
Als letztes Mittel kann auch die Zahlung eines sog. Sperrzeitausgleichs in Betracht kommen, also eine Einmalzahlung des Arbeitgebers, die den wirtschaftlichen Nachteil einer verhängten Sperrzeit ausgleicht. Arbeitgeber sollten allerdings aufmerksam prüfen, ob sie die Arbeitslosengeldrisiken der Mitarbeitenden so weitgehend übernehmen und wie sie diese Zusage formulieren wollen.
Versicherungsstatus trotz Sperrzeit
Wird doch eine Sperrzeit verhängt, bleibt die Frage, welche Auswirkungen diese auf den sozialversicherungsrechtlichen Status hat. Während einer bezahlten unwiderruflichen Freistellung hat die Sperrzeit zunächst keine sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen, denn der Arbeitgeber führt unverändert die Sozialversicherungsbeiträge mit der Gehaltszahlung ab. Folgen können also nur für Sperrzeiten außerhalb einer bezahlten unwiderruflichen Freistellung eintreten.
Grundsätzlich verursacht eine Sperrzeit dann keine Nachteile beim (gesetzlichen) Krankenversicherungsschutz. Im Einzelfall kann das aber anders sein und sollte genauer geprüft werden, insbesondere bei Privatversicherten. Eine Rentenversicherungspflicht besteht während einer Sperrzeit nicht. Insofern können während einer Sperrzeit (eher geringfügige) finanzielle Nachteile in der gesetzlichen Rentenversicherung entstehen. Auch hier besteht die Möglichkeit, dadurch entstehende Rentennachteile durch freiwillige Beiträge auszugleichen, ggf. auch durch den (bisherigen) Arbeitgeber.