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Kündigung zur Unzeit: Ist eine Kündigung an Heiligabend oder Silvester unzulässig?

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Bei Versenden einer Kündigungserklärung im Zeitraum vor Jahresende kann es geschehen, dass eine Kündigungszustellung am 24. oder 31. Dezember eines Jahres erfolgt. Hier stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber eine Zustellung einer Kündigung an Heiligabend oder Silvester ausschließen müssen, damit die Kündigung nicht als „Kündigung zur Unzeit“ zu bewerten ist. Eine Beantwortung dieser Frage sowie einen Überblick zu Fallbeispielen und Folgen einer Kündigung zur Unzeit im Arbeitsrecht finden Sie in diesem Beitrag.

Grundlagen und Beispiele

Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn eine Kündigung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wird, welcher den Empfänger bzw. Arbeitnehmer besonders belastet oder benachteiligt. Dies wurde etwa angenommen in folgenden Fällen:

  • Kündigung, die einem Arbeitnehmer unmittelbar nach einem schweren Arbeitsunfall im Krankenhaus überreicht wird (LAG Bremen vom 29. Oktober 1985 – 4 Sa 151/85).
  • Kündigung, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Tod eines dem Arbeitnehmer sehr nahe stehenden Menschen erfolgt (LAG Baden-Württemberg vom 10. Februar 2000 – 4 Sa 78/99)
Folgen

Eine Kündigung zur Unzeit kann in Einzelfällen als treuwidrig und damit unwirksam angesehen werden, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt.

Insoweit ist im Arbeitsrecht zu beachten, dass die Kündigung zur Unzeit in den gesetzlich geregelten Fällen des Auftragsrechts (§ 671 Abs. 2 BGB) stets nur zur Schadensersatzpflicht des Kündigenden, nicht jedoch in der Unwirksamkeit der Kündigung resultiert. Mithin hat das BAG früh klargestellt, dass selbst in den vorstehenden Fällen nicht allein der den Arbeitnehmer besonders belastende Zeitpunkt der Arbeitgeberkündigung (die „Unzeit” der Kündigung) zu der Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Kündigung führt. Vielmehr setzt die Annahme einer Treuwidrigkeit der Kündigung weitere Umstände voraus. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber absichtlich oder auf Grund einer Missachtung der persönlichen Belange des Arbeitnehmers einen Kündigungszeitpunkt wählt, der den Arbeitnehmer besonders beeinträchtigt (BAG vom 5. April 2001 – 2 AZR 185/00).

Kündigung an Heiligabend oder Silvester

Ob eine Kündigung an Heiligabend oder Silvester als zur Unzeit angesehen wird, hängt daher ebenfalls von den konkreten Begleitumständen der Kündigung ab. Grundsätzlich gibt es keine gesetzlichen Regelungen, die eine Kündigung an diesen Tagen explizit verbieten. Ein Beispiel aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zeigt, dass eine Kündigung am 24. Dezember im Regelfall nicht als ungehörig oder sittenwidrig angesehen wird, solange sie die sonstigen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt:

Das BAG (14. November 1984 – 7 AZR 174/83) hat entschieden, dass eine Kündigung, die am 23. Dezember abends in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen wurde und somit erst am 24. Dezember zuging, nicht aufgrund des Zeitpunkts unwirksam ist. Schon eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Arbeitnehmers sei bei einem Zugang am Vormittag des „Heiligen Abends“, an dem ein großer Teil der Arbeitnehmer sogar noch arbeitet, nicht zu sehen.

Fazit

Eine Kündigung zu Silvester ist somit nicht allein aufgrund des Zeitpunkts ihres Zugangs unwirksam. Neben dem zeitlichen Element müssen weitere belastende Umstände hinzutreten, damit eine Kündigung als treuwidrig oder sittenwidrig gilt und damit unwirksam ist.

Marcel David Kott

Rechtsanwalt

Associate
Marcel David Kott berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät er seine Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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