Bei einer Wartezeitkündigung, auch als „Probezeitkündigung“ bekannt – also einer Kündigung vor Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes – muss der Betriebsrat angehört werden. Der Arbeitgeber hat ihm einerseits den Kündigungsgrund mitzuteilen. Andererseits besteht (noch) Kündigungsfreiheit, d.h. ein Kündigungsgrund ist noch nicht erforderlich. Was also ist mitzuteilen und in welchem Umfang?
Welche Gründe muss ich mitteilen, wenn kein Kündigungsgrund notwendig ist?
Dem fehlenden Kündigungsschutz trägt die Rechtsprechung bei den Anforderungen an die mitzuteilenden Kündigungsgründe Rechnung. Die Substantiierungspflicht des Arbeitgebers bestimmt sich ausschließlich nach dem sog. „Grundsatz der subjektiven Determinierung“. Das heißt nichts anderes, als dass der Arbeitnehmer dem Betriebsrat (nur) die Umstände mitteilen muss, die seinen Kündigungsentschluss subjektiv tatsächlich bestimmt haben. Bei „Probezeitkündigungen“ ist daher zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen des Arbeitgebers beruhen zu differenzieren.
Beispiele für personenbezogene Werturteile
Nach der Rechtsprechung reicht für personenbezogene Werturteile die Mitteilung aus, der Arbeitnehmer genüge „nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung (…) unseren Anforderungen nicht“ oder der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“. Formulierungen, wonach sich der Mitarbeiter „während der Probezeit nicht bewährt“ habe und auch „nicht geeignet (sei), die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen“, sind nach der Rechtsprechung ebenfalls geeignete Werturteile. Sogar die Formulierung, dass eine „Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht im arbeitgeberseitigen Interesse liege“, ist nach der Rechtsprechung ausreichend, da diese Begründung nur den Rückschluss zulasse, dass die Kündigung allein von subjektiven Wertungen getragen sei.
LAG Niedersachsen zu substantiierbaren Tatsachen
In einer aktuellen Entscheidung hat sich das LAG Niedersachsen (Urteil vom 5. November 2024 – 10 Sa 817/23) mit einer Betriebsratsanhörung befasst, in der es wörtlich hieß:
„Es gab in der Vergangenheit öfter sehr laute Streitereien auf den Kontrollspuren mit Kollegen. Gespräche mit der Stationsleitung wurden in dieser Thematik ebenfalls geführt, eine Besserung ist jedoch nicht eingetreten.“
Die gegen ihre Kündigung klagende Mitarbeiterin war hierzu der Ansicht, die Begründung der Kündigung in der Betriebsratsanhörung sei formelhaft und reiche auch für eine Wartezeitkündigung nicht aus. Der Arbeitgeber hätte erklären müssen, wann und wo und mit welchen Kollegen es zu Streitigkeiten gekommen sei sowie wann welche Gespräche zu dieser Thematik geführt worden seien.
Ihre Kündigungsschutzklage blieb auch in der zweiten Instanz erfolglos. Zwar handelte es sich um substantiierbare Tatsachen und nicht um ein bloßes Werturteil. Näherer Angaben bedurfte es nach Ansicht des LAG Niedersachen trotzdem nicht, um es dem Betriebsrat zu ermöglichen, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen. Hierfür sei beispielsweise unerheblich, an welchen Tagen und mit welchen Kollegen die Klägerin stritt oder wann und mit wem hierzu Gespräche geführt worden seien. Der Betriebsrat sei darüber informiert, dass die Beklagte mehrere laute Streitereien unter Beteiligung der Klägerin zum Anlass für die Kündigung nehme, nachdem sie den Eindruck gewonnen habe, dass hierzu mit ihr geführte Gespräche die Situation nicht verbessern würden. Dies stelle für den Betriebsrat eine ausreichende Tatsachengrundlage dar, um – gegebenenfalls nach Anhörung der Klägerin – Stellung zu beziehen, ohne weitere Nachforschungen anstellen zu müssen.
Fazit
Zwar ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat die Gründe zu erläutern, die ihn zur Kündigung veranlassen. Trotzdem darf der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz durch die Wirksamkeitsanforderungen einer Betriebsratsanhörung nicht vorverlagert werden. Das hat die aktuelle rechtskräftige Entscheidung des LAG Niedersachsen – zutreffend – betont.
Arbeitgeber bleiben trotzdem auf der sicheren Seite, wenn Sie die Betriebsratsanhörung auf personenbezogene (subjektive) Werturteile stützen – und nicht auf substantiierbare Tatsachen. Dann nämlich besteht häufig schon kein Anlass für Diskussionen.