Union und SPD haben nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 die Sondierungen für eine schwarz-rote Bundesregierung abgeschlossen. Im Rahmen dieses Treffens steckten die Parteien erste grobe Linien und einen Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen ab. Das Ergebnis der Sondierungen ist aus Sicht der beiden Parteien, dass die Schnittmengen in den zentralen Politikfeldern halbwegs deckungsgleich sind und im Wahlkampf noch betonte große Unterschiede überwunden werden können. Über das am 8. März 2025 vorgestellte Sondierungspapier haben wir bereits in unserem Blog am 10. März 2025 berichtet. Zur Unternehmensmitbestimmung schweigt sich das Sondierungspapier jedoch aus. Spannend bleibt vor diesem Hintergrund, ob und auf welche Anpassungen an der deutschen Unternehmensmitbestimmung sich die Parteien im Rahmen der späteren Koalitionsvereinbarung einigen können. Hierzu möchten wir im folgenden Blog-Beitrag einen kleinen Überblick geben.
Was sagen die Wahlprogramme zur Unternehmensmitbestimmung?
Im Wahlprogramm der CDU und CSU finden sich keine Hinweise auf geplante Anpassungen bei der Unternehmensmitbestimmung. Anders ist dies im Wahlprogramm der SPD. Danach soll es künftig in den Unternehmen einen gesetzlich festgelegten Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte im Aufsichtsrat geben. Was hiermit gemeint ist, lässt sich beispielsweise dem Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion vom 17. Dezember 2024 sowie dem Beschluss des SPD-Parteivorstands vom 21. Juni 2021 entnehmen. Danach sollen wesentliche Entscheidungen wie die Gründung, Schließung oder Verlagerung von Produktionsstandorten oder Rechtsformänderungen nicht gegen die Arbeitnehmerbank getroffen werden dürfen. Im Konfliktfall sollen mit Hilfe eines neutralen Schlichters und eines Mediationsverfahrens Lösungen gefunden werden.
Vermischung betrieblicher Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung
Sollte die SPD weiterhin auf diese Änderungen drängen, hätte dies eine Vermischung betrieblicher Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung zur Folge. Denn in den genannten wesentlichen Entscheidungen bestehen bereits Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zudem sind weitere Verzögerungen bei drängenden unternehmerischen Entscheidungen durch weitere Verhandlungen in einem weiteren Gremium zu befürchten. Schließlich wird die angedachte Ausweitung der Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auch der Rolle des Aufsichtsrats nicht gerecht. Dieser ist als Kontrollgremium für die Überwachung des Vorstands zuständig.
Noch weitergehende Einschränkung von Gestaltungsspielräumen
Darüber hinaus sollen nach dem Wahlprogramm der SPD „Schlupflöcher“ zur Umgehung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat geschlossen werden. Explizit wird insofern die Aushebelung der (deutschen) Mitbestimmung durch europäisches Gesellschaftsrecht aus Umgehungsmöglichkeit genannt. In der Tat erfreuen sich grenzüberschreitende Umwandlungen in Deutschland bisher großer Beliebtheit. Grund hierfür ist neben der Globalisierung vor allem die flexible Gestaltungsmöglichkeit der Unternehmensmitbestimmung. Wie wir jedoch bereits in unseren Blogbeiträgen vom 20. Februar 2023 sowie vom 14. September 2023 geschildert haben, wurden diese Gestaltungsspielräume bereits zuletzt durch den deutschen Gesetzgeber sowie durch den EuGH und das BAG bereits eingeschränkt. Angesichts der in Deutschland im weltweiten Vergleich bereits so weitgehend ausgestalteten Vertretung und Beteiligung von Arbeitnehmern auf Unternehmensebene – in der Regel im Aufsichtsrat – erscheint auch dieser Ansatz wenig überzeugend.
Fazit
Im Ergebnis überzeugen damit beide im Wahlprogramm der SPD genannten Forderungen zur Veränderung der Unternehmensmitbestimmung nicht. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Forderungen in der Koalitionsvereinbarung wiederfinden werden.