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Abberufung von Geschäftsführern – (k)ein Kinderspiel?

Eigentlich ist es ganz einfach: Der Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH liegt einerseits ein Dienstvertrag als Vertragsverhältnis zugrunde, andererseits die Bestellung zum Organ der Gesellschaft als gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt. Die Reichweite der Vertretungsbefugnis (Allein- oder Gesamtvertretung) werden im Handelsregister eingetragen. Nicht selten stellen wir aber in unserer Beratung fest, dass Geschäftsführern und Gesellschaftern diese Trennung zwischen Organstellung einerseits und Anstellungsverhältnis andererseits nur unzureichend bekannt ist. Nachfolgend daher ein paar Hinweise zum Dauerthema der Abberufung aus der Organstellung:

Trennung von Dienstvertrag und Organstellung

Bei der Rechtsstellung des Geschäftsführers ist zu unterscheiden zwischen seiner Organstellung als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft (nach außen) und dem Anstellungsverhältnis, welches das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer regelt. Der Anstellungsvertrag regelt Inhalt und Dauer der Tätigkeit (also vor allem Vergütung, Urlaub, Kündigungsfristen, Pensionszusagen oder ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot). Die Bestellung zum Geschäftsführer hingegen macht ihn erst zum Organ der Gesellschaft und ist ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt. Beide Rechtsbeziehungen bestehen unabhängig voneinander, sodass allein die Bestellung zum Geschäftsführer noch keinen Dienstvertrag begründet sowie umgekehrt die Beendigung des Dienstverhältnisses nicht automatisch die Abberufung zur Folge hat oder die Amtsniederlegung oder Abberufung nicht zugleich die Beendigung des Dienstverhältnisses bedeutet.

Kopplungsklauseln

Um dieses Nebeneinander und die scheinbare Dopplung der Rechtsverhältnisse zu vermeiden, enthalten viele Geschäftsführer-Anstellungsverträge sogenannte Koppelungsklauseln dahingehend, dass die Abberufung aus der Organstellung zugleich auch die Kündigung des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt bewirkt. Die Rechtsprechung erkennt grundsätzlich derartige Kopplungsklauseln in Geschäftsführer-Anstellungsverträgen an. Allerdings entschied das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 25.10.2016 (8 U 122/15), eine Kopplungsklausel als dem Geschäftsführer einseitig auferlegte, nicht im Einzelnen ausgehandelte Klausel sei AGB-widrig und damit unwirksam; wobei die dortige Kopplungsklausel die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses vorsah, also gerade nicht eine Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“. Mit dieser Anpassung dürfte also der Wirksamkeit einer Kopplungsklausel zumeist nichts im Wege stehen.

Die Abberufung aus dem Amt als Geschäftsführer durch das zuständige Organ jederzeit möglich ist, (gerade) auch mit sofortiger Wirkung. Daraus darf nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, mit sofortiger Wirkung würde auch das zugrundeliegende Dienstverhältnis enden. Kopplungsklauseln sind so zu formulieren und zu lesen, dass die Abberufung nur zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Beendigung des Dienstverhältnisses bewirkt, also in der Regel nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist. Wurde ein Anstellungsverhältnis aber für eine bestimmte Dauer (z.B. für drei oder fünf Jahre) fest abgeschlossen, ohne dass eine Kündigungsmöglichkeit während dieser Laufzeit besteht, so bewirkt die Abberufung infolge einer Kopplungsklausel nur die Beendigung zum Ablauf der Befristung (ist insoweit also nur deklaratorisch).

Eine Kopplungsklausel kann also das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers nicht mit sofortiger Wirkung beenden und so quasi wie eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB wirken. Dies würde berechtigte Schutzinteressen des Geschäftsführers in unzulässiger Weise außer Acht lassen. Denn eine außerordentliche Kündigung bedarf nicht nur eines wichtigen Grundes, sondern auch der Einhaltung der Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB, sodass nach Kenntnisnahme des Kündigungssachverhalts durch das zur Kündigung befugte Organ binnen zwei Wochen die außerordentliche Kündigung zu erklären wäre. Diese Schutzwirkung würde unterlaufen, könnte die  – jederzeit ohne Einhaltung von Fristen und Gründen mögliche – Abberufung zur sofortigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses führen.

Zuständigkeit für die Abberufung

Ebenso bedarf auch die Frage Aufmerksamkeit, wer zur Abberufung befugt ist. Bei der GmbH ist der gesetzliche Regelfall, dass dies die Gesellschafterversammlung ist. Ebenso wie für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses muss daher tatsächlich eine Gesellschafterversammlung gemäß den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages stattfinden und eine entsprechende Beschlussfassung erfolgen. Gelegentlich ist auch nicht die Gesellschafterversammlung zuständig, sondern es wurde im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass ein besonderes Organ (z.B. ein Aufsichtsrat) die entsprechende Zuständigkeit hat. Oftmals legt der Gesellschaftsvertrag aber nur fest, wer für die Bestellung der Geschäftsführer zuständig ist, z.B. der freiwillig gebildete Aufsichtsrat, und es ist dann durch Auslegung zu ermitteln, ob dieser auch als Annexkompetenz auch ohne ausdrückliche Regelung für die Abberufung der Geschäftsführer zuständig ist.

Schriftform bei Kopplungsklauseln

Eine weitere praxisrelevante Frage ist, ob für den Fall, dass der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers eine Kopplungsklausel enthält, die Abberufung durch das zuständige Organ nicht nur beschlossen, sondern auch schriftlich dem Geschäftsführer mitgeteilt werden muss. Auch wenn grundsätzlich die Kündigung des Dienstverhältnisses eines Geschäftsführers nicht unter das strenge Schriftformerfordernis des § 623 BGB fällt, das nur für Arbeitsverhältnisse gilt, so sehen doch Geschäftsführer-Anstellungsverträge zumeist vor, dass jede Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Wenn nun die Abberufung aus dem Amt infolge der Kopplungsklausel die Wirkung einer Kündigung hat, wird auch die Mitteilung über die Abberufung von der Schriftform umfasst sein, so dass auch die Mitteilung über die erfolgte Abberufung (mit der Folge der Beendigung des Anstellungsverhältnisses) die Schriftform zu wahren haben. Dies ist, soweit ersichtlich, höchstrichterlich noch nicht geklärt, von daher empfiehlt sich dies zu beachten. Da die Abberufung dem Geschäftsführer ohnehin zugehen muss, sollte die Wahrung der Schriftform im Regelfall dann auch kein Problem darstellen.

Weitere Fragen stellen sich, wenn es sich bei dem Geschäftsführer um einen früheren Arbeitnehmer handelt, der im Verlaufe seiner Beschäftigung zum Geschäftsführer „befördert“, also zum Organ der Gesellschaft bestellt wurde. Was es bedeutet, wenn es dann nicht auch zum Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags kommt, wurde ausführlich im Blog am 21.11.2024 und am 12.4.2024 beleuchtet. Zu formellen Hürden bei der Geschäftsführer-Abberufung in der mitbestimmten GmbH siehe unseren Blog vom 11.4.2022.

Ganz so einfach ist es mit der Abberufung also nicht. Die Abberufung eines Geschäftsführers ist auf den ersten Blick eine eher einfache gesellschaftsrechtliche Handlung, die aber mit den dienstvertraglichen Regelungen und denen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags abgeglichen werden muss. Sorgfalt ist hier angesagt.

 

Stefan Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Stefan Fischer berät nationale und internationale Unternehmen umfassend vor allem zu betriebsverfassungsrechtlichen und tarifrechtlichen Fragen, etwa bei Transformations- und Restrukturierungsprojekten u.a. mit Personalabbau und Interessenausgleich/Sozialplan und anderen Vereinbarungen einschließlich Post-Merger-Integration und Sanierungsvereinbarungen, sowie bei der Verhandlung von Betriebsvereinbarungen (u.a. zur Vergütung/Entgelttransparenz, auch solcher von Betriebsräten, zur (Vertrauens-)Arbeitszeit, zu KI-/IT-Einführung, Einführung neuer Arbeitsmethoden). Er ist außerdem sehr erfahren in der arbeitsgerichtlichen Prozessführung, u.a. bei komplexen Compliance-Fällen, sowie in der Gestaltung und Beendigung von Dienstverträgen von Vorständen und Geschäftsführern. Stefan Fischer ist aktives Mitglied in der International Practice Group für Global Mobility/Immigration von Ius Laboris. Er ist zudem Mitglied der KLIEMT-Fokusgruppe "Vorstands- und Aufsichtsratsberatung".
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