Mehr als zwei von drei Neuzulassungen in Deutschland entfallen auf gewerbliche Fahrzeuge (Stand 2023, Kraftfahrbundesamt). Firmenwagen haben einen wesentlichen Anteil hieran. Arbeitgeber erlauben Arbeitnehmern neben der dienstlichen Nutzung häufig auch die Privatnutzung von Firmenwagen. Problematisch ist, wer in diesem Fall für entstandene Schäden am Firmenwagen haftet – der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber?
Klärung der Vertragsverhältnisse
Eine Besonderheit bei Firmenwagen ist heute, dass Arbeitgeber diese häufig nicht mehr selbst zu Eigentum erwerben. Arbeitgeber erhalten meist im Rahmen eines Leasingvertrages nur den vorübergehenden Besitz. Beim Leasing geht das Eigentum am Firmenwagen nicht auf den Arbeitgeber über. Es entsteht ein mehrgliedriges Vertragsgeflecht, das typischerweise wie folgt gestaltet ist: Der Leasingvertrag wird zwischen Leasinggeber und Arbeitgeber geschlossen. Der Leasinggeber übergibt – häufig durch einen Kfz-Händler – dem Arbeitgeber auf Zeit den zuvor von ihm (ggf. unter Mitwirkung des Arbeitnehmers) ausgesuchten Firmenwagen. Der Arbeitgeber wiederum überlässt den Firmenwagen dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses.
Das bedeutet, dass grundsätzlich der Arbeitgeber vertraglich gegenüber dem Leasinggeber für entstandene Schäden am Firmenwagen haftet. Daneben können ggf. deliktische Schadensersatzansprüche treten.
Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber
Doch nur weil Arbeitnehmer keinen eigenen Vertrag mit dem Leasinggeber haben, heißt dies nicht, dass Arbeitnehmer im Falle von Schäden am Fahrzeug niemals haften. Da Schäden am Firmenwagen regelmäßig während der Überlassungsdauer an den Arbeitnehmer entstehen, möchten Arbeitgeber fast immer die anfallenden Kosten an die Arbeitnehmer weiterreichen. Es geht also meist um Regressfälle.
Das ist allerdings kein Selbstläufer. Selbst wenn der Arbeitnehmer für den Schaden rechtlich verantwortlich ist, muss der Arbeitgeber bei der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers Verschiedenes beachten:
Ist der Schaden während der dienstlichen Nutzung oder der Privatnutzung verursacht worden?
Zunächst ist zu klären, in welchem Zusammenhang es zur Schadensverursachung kam. Hat der Arbeitnehmer auf dem Weg von einem Kunden zum nächsten wegen eines kurzen Blicks in seine dienstlichen E-Mails die Leitplanke touchiert? Oder aber war er gerade mit seiner Familie im Auto auf dem Weg in den Urlaub und hat die Navigation gerade eingestellt?
Die Differenzierung zwischen dienstlicher Nutzung und Privatnutzung ist bedeutend, weil im Regelfall nur bei dienstlicher Nutzung Haftungsprivilegien eingreifen.
Die Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich
Nur im Rahmen einer dienstlich veranlassten Nutzung des Firmenwagens gelten die Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich im Verhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs wurden von der Rechtsprechung entwickelt. Hiernach haftet der Arbeitnehmer bei „leichtester“ Fahrlässigkeit nicht, bei „normaler“ Fahrlässigkeit anteilig, bei „grober“ Fahrlässigkeit in der Regel und bei Vorsatz stets voll. Zur Beurteilung des Grades an Fahrlässigkeit werden häufig Sachverständige hinzugezogen.
Vollkaskoversicherung stets empfehlenswert
Bei einer privat veranlassten Fahrt haftet der Arbeitnehmer bei jeder Art von Fahrlässigkeit.
Unabhängig von einer erlaubten Privatnutzung muss der Arbeitgeber stets für einen ihm zumutbaren Versicherungsschutz für den Firmenwagen sorgen (meist Vollkaskoversicherung). Unterlässt er dies, haftet der Arbeitnehmer im Schadensfall oft nur in Höhe der bei einer Vollkaskoversicherung nicht versicherten Schäden und trotzdem anfallenden Kosten (meist nur die Selbstbeteiligung). Und dies gilt sowohl im Falle der Schadensverursachung bei dienstlicher Veranlassung als auch bei Privatnutzung! Existiert eine Vollkaskoschutz ist die Versicherung im Regelfall vorrangig in Anspruch zu nehmen.
Arbeitnehmer müssen Schadensumstände offenlegen
Arbeitnehmer sind verpflichtet Arbeitgebern unverzüglich die genauen Schadensumstände mitzuteilen. Nur so werden Arbeitgeber in die Lage versetzt wiederum den ihnen obliegenden Mitteilungspflichten – insbesondere gegenüber dem Leasinggeber und Versicherungen – nachzukommen. Im Rahmen der Mitteilungspflicht haben Arbeitnehmer auch zu erläutern, bei welcher Tätigkeit (dienstlich oder privat) der Schaden verursacht wurde. Unterbleiben entsprechende Mitteilungen oder erfolgen sie wahrheitswidrig kann dies zu weiteren Schadensersatzansprüchen, zur Abmahnung, Kündigung oder im Extremfall sogar zur strafrechtlichen Verfolgung, des Arbeitnehmers führen.
Arbeitgeber sollten im Rahmen einer Überlassungsregelung mit dem Arbeitnehmer klare Dokumentations- und Mitwirkungspflichten – z.B. die Führung eines Fahrtenbuchs und die Nutzung eines bestimmten Unfallprotokollformulars – festlegen.
Ausschlussfristen beachten
Sieht der Arbeitsvertrag, der anwendbare Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung Ausschlussfristen für die Geltendmachung von (Schadensersatz-)Ansprüchen vor, müssen diese auch im Regressfall beachtet werden. Für Arbeitgeber bedeutet dies: nicht lange laufen lassen, sondern alsbald den Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer außergerichtlich und erforderlichenfalls gerichtlich geltend machen.
Und wenn der Leasinggeber den Arbeitnehmer direkt in Anspruch nimmt?
Nicht auszuschließen ist, dass der Leasinggeber auch mal unmittelbar gegen den Arbeitnehmer vorgeht. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer ggü. dem Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch geltend machen, wenn er zum Beispiel wegen Eingreifens der Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich dem Arbeitgeber gegenüber nicht haften würde. Auch kann sich der Arbeitnehmer im Regelfall auf Haftungsbeschränkungen berufen, die zwischen dem Leasinggeber und dem Arbeitgeber – z.B. wegen vertraglicher Vereinbarung – gelten.
Was für Schadenspositionen muss der Arbeitnehmer im Haftungsfall tragen?
Steht das „Ob“ der Haftung des Arbeitnehmers fest, gelten die allgemeinen Grundsätze zum Schadensrecht. Der Arbeitnehmer kann daher auf Reparaturkostenerstattung, merkantilen Minderwert des Firmenwagens, Gutachterkosten, Rückstufungsschäden bei der Versicherung usw. in Anspruch genommen werden.
Um die Schadenssumme korrekt und zweifelsfrei zu bestimmen, ist die Einholung eines (Schadens-)Gutachtens nach einem Schadensereignis und/oder nach Rückgabe des Firmenwagens durch den Arbeitnehmer stets empfehlenswert. Erfolgt eine Komplettrückgabe des Firmenwagens an den Leasinggeber, erfolgt in diesem Rahmen regelmäßig eine Begutachtung.
Wenn der Schaden am Firmenwagen noch mehr offenbart…
Wenn der Firmenwagen im Rahmen eines Unfalls beschädigt wird, ermittelt regelmäßig die Polizei zum Unfallgeschehen. Für Arbeitgeber besonders prekär wird es, wenn festgestellt wird, dass der Arbeitnehmer zum Unfallzeitpunkt überhaupt keine gültige Fahrerlaubnis hatte und plötzlich (auch) gegen den Arbeitgeber wegen „Fahren[s] ohne Fahrerlaubnis“ (§ 21 StVG) ermittelt wird. Denn: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird auch bestraft, wer als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.“
Deshalb wichtig: Arbeitgeber haben vor Überlassung des Firmenwagens zu überprüfen, ob der Arbeitnehmer über eine ausreichende Fahrerlaubnis verfügt. Nach Überlassung empfiehlt sich eine regelmäßige mindestens stichprobenartige Überprüfung aller Firmenwagennutzer.
Insgesamt gilt: Firmenwagen? Ja, aber:
- Klare Regelungen zum Umgang mit dem Firmenwagen, etwaiger Privatnutzung, Mitteilungspflichten bei Schadensfällen und Schadenshaftung schaffen.
- Abschluss einer nutzungsgerechten Versicherung.
- Dokumentation des Fahrzeugzustands durch Gutachten nach Schadensereignis und/oder Fahrzeugrückgabe.
- Frühzeitiger Regress im Haftungsfall von Arbeitnehmern, um Anspruchsverlust vorzubeugen.
- Regelmäßige (stichprobenartige) Überprüfung von Fahrerlaubnissen bei Firmenwagen-Fahrern.










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