Profifußballer sind Arbeitnehmer. Daran besteht – trotz der hohen Gehälter und zusätzlichen Einnahmen, etwa aus Sponsoring oder Werbeverträgen – spätestens seit dem Urteil des BAG im Fall „Heinz gegen Mainz“ vom 16. Januar 2018 Einigkeit. Im besagten Fall klagte der Torwart des FSV Mainz 05 gegen die Sachgrundbefristung seines Profi-Arbeitsvertrags. Seitdem auch heiß diskutiert wird die Frage, ob Schiedsrichter, zumindest im Profibereich ab der 3. Liga und darüber, ebenfalls Arbeitnehmer sein können. Bisher hat die Rechtsprechung die Arbeitnehmereigenschaft von Profi-Schiedsrichtern verneint.
Eine Wendung bringt eine aktuelle Entscheidung des LAG Köln (Beschluss vom 16. Juni 2025 – 5 Ta 58/25). Das LAG Köln musste als Vorfrage entscheiden, ob das vom Kläger angestrebte Rechtsverhältnis – also der Vertrag als Schiedsrichterassistent in der 3. Liga – als Arbeitsverhältnis einzustufen wäre. Denn nur dann ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für seine Klage wegen Altersdiskriminierung eröffnet. Dieser Beitrag zeigt, warum das Gericht die persönliche Abhängigkeit des Profischiedsrichters vom DFB stärker gewichtete als den Vertrag, der die Zusammenarbeit als „freie Mitarbeit“ etikettiertem und worauf es bei der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit sonst noch ankommt.
Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611a BGB ist geprägt durch Weisungsgebundenheit („wann, wo und wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist“) sowie durch die Eingliederung in die Organisation des Arbeitgebers.
Was spricht für ein Arbeitsverhältnis?
Weisungsgebundenheit:
Typisches Merkmal eines Arbeitsvertrags ist die Bindung an Weisungen. Doch wie passt das zu einem Schiedsrichter, dessen Aufgabe gerade darin besteht, unabhängig und unbeeinflusst Entscheidungen zu treffen? Der DFB darf ihm schließlich nicht vorschreiben, wie er auf dem Platz zu pfeifen hat. Weisungsgebundenheit kann jedoch auch dann vorliegen, wenn keine konkreten Weisungen erteilt werden, der Auftraggeber aber Art und Umfang der Einsätze maßgeblich steuert, wie es für ein Arbeitsverhältnis typisch ist. Genau diese Voraussetzungen sah das LAG Köln hier als erfüllt an.
Wann und wo Schiedsrichterassistenten eingesetzt werden, wird über das DFBnet festgelegt. Der Schiedsrichter hat darauf keinen Einfluss. Zwar kann er Termine als „Freistellungen“ eintragen, eine bereits erfolgte Ansetzung darf er aber nur aus wichtigem Grund absagen. Andernfalls drohen Sanktionen bis hin zur Streichung von der Schiedsrichterliste. Für die Verhängung dieser Sanktionen sind die Schiedsrichterausschüsse zuständig. Sie können den Schiedsrichter fristlos von jeglicher Einteilung ausnehmen oder ganz von der Schiedsrichterliste streichen.
Auch fachlich ist der Schiedsrichter eng an die Vorgaben der Schiedsrichterordnung des DFB gebunden. Er muss Lehrgänge im vorgeschriebenen Umfang besuchen, sportlich fit bleiben, die vorgeschriebene Kleidung tragen, Anordnungen der Ausschüsse befolgen, Spielstätten prüfen, Spielberichte erstellen und sich regelmäßig fortbilden.
Höchstpersönlichkeit der Arbeitserbringung: Die Schiedsrichter müssen die ihnen zugewiesenen Spiele höchstpersönlich leiten.
Faktisches Monopol des DFB: Wenn Schiedsrichter in den Profiligen pfeifen wollen, führt am DFB kein Weg vorbei. Sie können ihre Tätigkeit nur ausüben, wenn sie einen Vertrag mit dem DFB schließen. Damit entstehe nach Auffassung des LAG Köln eine Abhängigkeit vom Wohlwollen des Verbands.
Bezeichnung des Vertrags
Zwischen dem DFB und dem Schiedsrichter wurde in dem vom LAG Köln entschiedenen Fall eine als Rahmenvereinbarung konzipierte Vereinbarung geschlossen, die die Grundlagen der Zusammenarbeit und die Pflichten des Schiedsrichters festlegt. Gleich zu Beginn hielt sie fest, dass der Schiedsrichter „nur auf selbstständiger Basis für den DFB tätig sein kann, was dem übereinstimmenden Willen beider Vertragsparteien entspricht“. Sie sah darüber hinaus auch vor, dass der Schiedsrichter zur Übernahme von Spielleitungen nicht verpflichtet sei.
Für das LAG Köln kommt der Bezeichnung der Tätigkeit „nur auf selbstständiger Basis“ im Vertrag jedoch kein entscheidendes Gewicht zu. Es argumentierte, dass beide Parteien die Vereinbarung mit dem Ziel geschlossen haben, dass der Schiedsrichter auch tatsächlich eingesetzt werde. In Kombination mit der Schiedsrichterordnung, die zahlreiche Pflichten und Sanktionen vorsieht, entstehe auch eine faktische Verpflichtung für den Schiedsrichter, die Spiele anzunehmen. Somit handele es sich um eine abhängige Beschäftigung und damit um ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611a BGB.
Fazit
Die Frage, ob Profischiedsrichter als Arbeitnehmer anzusehen sind, geht nun in die „Nachspielzeit“. Das LAG Köln hat die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen. Es bleibt spannend, wie das BAG entscheiden wird, denn man kann die Einordnung auch anders sehen. So lässt sich argumentieren, dass Schiedsrichter bei unbegründeter Absage zwar Sanktionen, bis hin zur Streichung von der Schiedsrichterliste riskieren, diese Sanktionen jedoch nicht arbeitsrechtlicher, sondern lediglich sport- bzw. verbandsrechtlicher Natur sind. In der Praxis besteht zwar erheblicher Druck für den jeweiligen Schiedsrichter, möglichst alle Spielansetzungen anzunehmen. Denn nur so hat er eine realistische Chance, sich bis in die 1. Liga „hochzupfeifen“. Dieser wirtschaftliche Druck ersetzt jedoch nicht allein die arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit. Auch das Argument der höchstpersönlichen Leistungserbringung überzeugt nur bedingt. Diese Pflicht dient nicht der Kontrolle der Leistung, wie in einem Arbeitsverhältnis, sondern soll Manipulationen verhindern. Könnten Schiedsrichter ihre Einsätze beliebig untereinander hin- und her tauschen, wäre das Risiko groß, dass Spiele manipuliert werden.
Die Entscheidung zeigt aber auch, wie komplex die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung im Einzelfall sein kann. Sollte das BAG die Auffassung des LAG Köln bestätigen, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die bisherige Praxis im deutschen Profi-Schiedsrichterwesen. Neben der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen stünden auch Themen wie die jährliche Befristung der Verträge oder die bislang allein vom DFB gesteuerte (und wenig transparente) Besetzung der Schiedsrichterlisten auf dem Prüfradar der Arbeitsgerichte. Außerdem macht die Entscheidung deutlich, dass sich die Parteien nicht allein auf die gewählte Bezeichnung des Vertragsverhältnisses verlassen können. Ausgangspunkt einer Statusbestimmung ist zwar das von den Parteien vereinbarte und so bezeichnete Vertragsverhältnis, z. B. Freier-Mitarbeiter-Vertrag, Werkvertrag, Dienstvertrag, Arbeitsvertrag (mehr zur Contractor Compliance lesen sie hier). Weicht die tatsächliche Durchführung vom Vertrag ab oder kommen – wie hier – zusätzliche Regelwerke, wie die DFB-Schiedsrichterordnung, hinzu, verliert der Parteiwille an Gewicht und kann gänzlich zurücktreten.










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