Feststellung der Scheinselbständigkeit - „Eigentor“ für Arbeitnehmer?

Die Abgrenzung zwischen freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern ist ein Dauerbrenner. In der Theorie sind die maßgeblichen Kriterien zwar häufig bekannt, im Einzelfall entscheiden aber meist nur Kleinigkeiten über Selbständigkeit und abhängige Beschäftigung. Wird der Arbeitnehmerstatus rückwirkend festgestellt, stellt sich die Frage nach der Rückabwicklung des vermeintlichen freien Dienstverhältnisses. Der Arbeitgeber sieht sich i. d. R. mit Ansprüchen der Sozialversicherungsträger konfrontiert und wird sodann seinerseits prüfen,…

Internal investigations und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen

Besteht ein Verdacht von Rechtsverstößen in einem Unternehmen, müssen die zuständigen Organe den Sachverhalt aufklären. Dies folgt aus der unternehmerischen Compliance-Verantwortung, die für Geschäftsführer einer GmbH in § 43 Abs. 2 GmbHG und für Organe einer Aktiengesellschaft in § 93 AktG verankert ist. Umfang sowie Art und Weise der internen Aufklärungsmaßnahmen richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls. Besondere Sensibilität bei der Vorbereitung und Durchführung…

Der Tod der Stimmbindungsvereinbarung

Das Bundessozialgericht hat erneut entschieden, dass Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern entgegen der früheren Praxis nicht mehr dazu führen sollen, dass Geschäftsführer auch ohne eine Sperrminorität aufgrund Satzung als sozialversicherungsfrei anerkannt werden (Entscheidung vom 14.03.2018 – B 12 KR 13/17 R). Eine solche Tendenz zur strengeren Prüfung der Sozialversicherungspflicht unter anderem von Geschäftsführern mit Minderheitsgesellschafterstellung hatte sich schon in der Vergangenheit angedeutet und war 2015 durch mehrere…

Upgrade bei IT-System – Betriebsvereinbarung nachverhandeln?

In der digitalisierten Arbeitswelt kommen an allen Ecken und Enden IT-Systeme zum Einsatz, die Mitarbeiterdaten verarbeiten. Hierzu werden häufig Betriebsvereinbarungen abgeschlossen. Nun entwickeln sich IT-Systeme kontinuierlich weiter – Upgrades mit neuen Funktionen werden eingeführt. Dann stellt sich die Frage: Müssen bestehende Betriebsvereinbarungen wegen des Upgrades nach- oder gar neu verhandelt werden? Upgrade kann mitbestimmungs- und datenschutzrechtliche Aspekte tangieren Werden IT-Systeme – wie aktuell in vielen…

Digitale Personalakte: Checkliste für Arbeitgeber bei Vernichtung von Unterlagen

Viele Unternehmen äußern den Wunsch, nach der Digitalisierung von Personalakten sämtliche Unterlagen in Papierform zu vernichten. Vorsichtige Arbeitgeber sehen hiervon oft noch ab und heben zumindest die wichtigsten Dokumente auf. Dafür gibt es gute Gründe: Vor allem in Bezug auf Dokumente, die zwingend der Schriftform des § 126 BGB unterliegen, wie z.B. befristete Arbeitsverträge (wegen § 14 Abs. 4 TzBfG), Arbeitsverträge mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten (wegen…

Sanktionslistenscreening – kein Mitspracherecht des Betriebsrates

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Abgleich seiner Mitarbeiter mit allen gelisteten Personen in den sogenannten Sanktionslisten der Europäischen Union durchzuführen. Anlass für die Aufnahme einer Person in eine solche Sanktionsliste ist eine Verbindung dieser Person zu einer Terrororganisation oder schlicht eine Embargo-Maßnahme. Die Durchführung eines Sanktionslistenscreening ist mit nennenswertem Aufwand verbunden und letztendlich nur EDV-gestützt möglich. Nunmehr hat das BAG aber zumindest eine Hürde für…

"Alles sicher" dank Compliance-Beauftragten - doch wer haftet?

Viele Unternehmen bedienen sich zur Verwirklichung eines wirksamen Compliance-Management-Systems eines „Compliance Officer“, der eigenverantwortlich und fachlich weisungsfrei darüber zu wachen und sicherzustellen hat, dass das Unternehmen und deren Mitarbeiter rechtskonform agieren. Ein wichtiger aber auch haftungsträchtiger Posten: Nicht zuletzt eine Entscheidung des BGH aus 2009 animiert die Stelleninhaber häufig dazu, eine Art Haftungsfreistellung von ihren Arbeitgebern zu verlangen. Dort war dem Leiter der Innenrevision einer…

Kündigung und Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

Mit unserem Blog-Beitrag vom 18. Januar 2017 hatten wir über die Neuerungen im Recht der Schwerbehindertenvertretung  berichtet. Seit dem 30. Dezember 2016 ist jede Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung unwirksam. Von einem Leser wurde die Frage aufgeworfen, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vor dem Zustimmungsantrag beim Integrationsamt erfolgen muss. Wir hatten bereits Anfang 2017 die Auffassung vertreten, dass die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung…

Reform des Teilzeitrechts: Kommt es doch, das echte Rückkehrrecht?

Möglicherweise ja, wenn auch in „verkappter“ Form. Denn während sich die politische Debatte und der bereits laufende Gesetzgebungsprozess in der öffentlichen Wahrnehmung auf die sog. „Brückenteilzeit“ – also ein Recht auf befristete Teilzeit – beschränken, soll auch der bisherige § 9 TzBfG (Verlängerung der Arbeitszeit) abgeändert werden. Dessen geplante Neufassung könnte in vielen Fällen jedoch ein echtes und damit „verkapptes“ Rückkehrrecht aus der Teilzeit begründen. Aktuelles…

Neue Spielregeln für IT-Betriebsvereinbarungen

Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen zur Einführung von neuen IT-Systemen sind häufig mühsam. Die Datenverarbeitungsprozesse müssen erkannt, verstanden und beschrieben werden. Daneben kämpft der Arbeitgeber nicht selten gegen diffuse Sorgen des Betriebsrates, der die zweckwidrige Verwendung personenbezogenen Daten in dem IT-System befürchtet. Dies geschieht zudem regelmäßig unter zeitlichem Druck, da eine zeitnahe Einführung des IT-Systems gewünscht oder gar notwendig ist. Nicht selten lautet der Kompromiss daher in…