Im Zuge der Corona-Pandemie haben in den letzten Jahren viele Unternehmen ihre Beschäftigten ins Homeoffice geschickt oder ihnen gestattet, remote zu arbeiten. Mittlerweile wollen viele Arbeitgeber angesichts leerstehender Büroräume – häufig in teuren 1A-Lagen – und geringerem Teamzusammenhalt, dass ihre Beschäftigten wieder ins Büro zurückkehren. Das trifft nicht immer auf Zustimmung bei den Beschäftigten. Viele wollen die Möglichkeit, im Homeoffice oder remote arbeiten zu können, nicht mehr aufgeben. Was ist also zu tun, wenn der Beschäftigte sich weigert?
Wurde das Homeoffice bzw. das Remote-Working durch arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung eingeführt und sieht diese eine Kündigungsmöglichkeit vor, ist das die Chance des Arbeitgebers. Das hat nun das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm vom 16. März 2023 – 18 Sa 832/22) entschieden.
Sachverhalt
Die Parteien trafen am 29. November 2016 eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Homeoffice“. Demnach durfte der Kläger seine Arbeitsleistung größtenteils im Homeoffice erbringen. Die Vereinbarung enthielt eine Kündigungsmöglichkeit unter Einhaltung einer Monatsfrist. Besondere Kündigungsgründe sah die Vereinbarung nicht vor. Bei wirksamer Beendigung der Vereinbarung wäre der Mitarbeiter verpflichtet, seine Arbeitsleistung wieder in den Räumlichkeiten des Unternehmens zu erbringen. Nach längerer Krankheit des Mitarbeiters kündigte der Arbeitgeber die Vereinbarung.
Entscheidung des LAG Hamm
Hiergegen wandte sich der Kläger. Erfolglos – so das Landesarbeitsgericht Hamm. Eine Teilkündigung, d.h. die Kündigung einzelner Vertragsbedingungen, scheidet grundsätzlich aus. Eine Teilkündigung kann aber zulässig sein, wenn dies wirksam vertraglich vereinbart wurde. Kündigt der Arbeitgeber, muss er dafür nicht das Kündigungsschutzgesetz (§§ 1, 2 KSchG) beachten. Das Kündigungsrecht betrifft nicht die wechselseitigen Hauptleistungspflichten der Vertragsparteien, sondern die Frage, ob der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus erbringen kann. An welchem Arbeitsort die Arbeitsleistung zu erbringen ist, ist eine Frage der Erfüllungsmodalität.
Ob die Zusatzvereinbarung oder jedenfalls die Regelung zur Teilkündbarkeit eine AGB sei, ließ das Landesarbeitsgericht offen. Selbst wenn, wäre diese nicht nach §§ 307 ff. BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung ist nicht ersichtlich. Die Festlegung des Ortes der Arbeitsleistung unterliegt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Durch die Vereinbarung wird nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 106 S. 1 GewO abgewichen.
Praxishinweise
Und wieder einmal bewährt sich: Wer etwas einführt, sollte auch den „Weg zurück“ mitbedenken (siehe dazu auch unsere Dos and Don’ts). Man weiß schließlich nie, was die Zukunft bringt. Werden neue Arbeitsformen angeboten, sollte auch immer eine Beendigungslösung – sei es in Form einer Befristung und/oder eine Kündigungsmöglichkeit – vereinbart werden. Das gilt nicht nur für Individualvereinbarungen, sondern auch für Kollektivvereinbarungen. Dass an eine Kündigungsoption keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind, hat nun das Landesarbeitsgericht Hamm festgestellt. Dies schafft für die Arbeitgeber einen begrüßenswerten Gestaltungsspielraum.
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, sind bei der Rückkehr ins Büro ggf. dessen Beteiligungsrechte zu berücksichtigen. Auch hier hat der Arbeitgeber einen Gestaltungsspielraum. Ob Homeoffice oder Remote-Working weiterhin angeboten werden, ist als unternehmerische Entscheidung mitbestimmungsfrei. Mitbestimmungsrechte können sich allenfalls aus dem „Wie“ ergeben. Dazu haben wir bereits hier berichtet. Wird den Beschäftigten weiterhin die Möglichkeit eingeräumt zumindest teilweise von zu Hause aus oder remote zu arbeiten und kann sich der Mitarbeiter seine Bürotage selbst aussuchen, fehlt es an der für eine Versetzung im Sinne des §§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG erforderlichen Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches.