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Arbeitgeber müssen für Rentenkürzung der Caritas-Pensionskasse einstehen

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Alter Mann sieht Papiere durch

Für viele Arbeitgeber klingt es verlockend. Der Belegschaft einen Benefit zu verschaffen, der mit wenig administrativem Aufwand verbunden ist. Sagen Arbeitgeber Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu und überlassen die Abwicklung einem externen Versorgungsträger, z.B. einer Pensionskasse, haben sie oft genau das vor Augen – und Risiken schnell aus dem Sinn. Das böse Erwachen folgt dann oft Jahre oder Jahrzehnte später. Denn erbringt der Versorgungsträger nicht die dem Arbeitnehmer versprochenen Versorgungsleistungen, muss der Arbeitgeber an den Geldbeutel. Das hat das BAG in einer jüngeren Entscheidung vom 14.3.2023 erneut bestätigt.

Worüber hat das BAG entschieden?

Im entschiedenen Fall wollte eine Leistungsempfängerin der Caritas Pensionskasse ihre fast 25 %-ige Rentenkürzung nicht akzeptieren und nahm ihren ehemaligen Arbeitgeber auf Zahlung der Differenz in Anspruch. Ihren Anspruch stützte die Betriebsrentnerin auf § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Dagegen wendete sich der Arbeitgeber. Zu seiner Verteidigung brachte er im Wesentlichen zwei Argumente vor. Einerseits vertrat er die Auffassung, durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas sei lediglich eine reine Beitragszusage begründet worden. Zum anderen bestimme die in Bezug genommene Anlage 8 der AVR, dass sich Ansprüche der Versicherten nach der Satzung der Caritas Pensionskasse richteten. Die Satzung sehe die Möglichkeit zu Leistungskürzungen jedoch ausdrücklich vor. Mehr als das satzungsmäßig Geschuldete habe er auch nicht zusagen wollen.

Keine reine Beitragszusage bei typischen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und Einschaltung einer Pensionskasse

Mit beiden Argumenten drang der Arbeitgeber bei den Erfurter Richtern nicht durch. Diese bestätigten zwar die bisherige Rechtsprechung, nach der die Vereinbarung reiner Beitragszusagen, für die die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG nicht gilt, möglich ist. Eine reine Beitragszusage erkannten sie im entschiedenen Fall aber überzeugenderweise nicht. Die für die Klägerin maßgebenden Versorgungsbestimmungen waren mit „Versorgungsordnung“ überschrieben und regelten sowohl eine „Altersversorgung“ als auch eine „Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung“. Damit seien typische Leistungen beschrieben, die das Betriebsrentengesetz als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezeichne. Die Abwicklung der Versorgung über einen für die betriebliche Altersversorgung gesetzlich vorgesehenen Durchführungsweg (Pensionskasse) unterstützen die Auslegung des Senats.

Sanierungsklausel in Satzung der Pensionskasse kommt Versorgungsschuldner nicht zugute

Auch das Argument des Arbeitgebers, er habe nicht mehr zusagen wollen, als die Pensionskasse nach ihrer Satzung schulde, ließ das BAG nicht gelten. Nach Auffassung des Senats seien durch die arbeitsvertragliche Verweisung auf die Satzung der Pensionskasse nur solche Bestimmungen in Bezug genommen worden, die das arbeitsvertragliche Grundverhältnis beträfen (Voraussetzungen, Höhe und Zeitpunkt der Leistungen). Dazu gehöre nicht eine Sanierungsklausel, die der Pensionskasse eine Leistungskürzung erlaube, um bei wirtschaftlicher Schieflage einen Zusammenbruch zu verhindern. Überzeugender als diese eher konstruiert wirkende Aufspaltung der in Bezug genommenen Satzungsregelungen ist freilich das Argument des Senats, dass durch die vertragliche Inbezugnahme der Satzung nicht die gesetzlich zwingende Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG ausgehöhlt werden könne. Denn dann wäre die gesetzliche Regelung ad absurdum geführt.

Praxisfolgen

Kürzt die Pensionskasse Betriebsrentnern wegen einer wirtschaftlichen Schieflage die laufenden Leistungen, muss der Arbeitgeber, der die Versorgungszusage erteilt hat, zahlen. Die Praxis zeigt: Viele Arbeitgeber (und selbst Arbeitsrechtler) sind sich dieser gesetzlichen Einstandspflicht nicht bewusst. Diese Unkenntnis ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass für Pensionsverpflichtungen, die über einen externen Versorgungsträger abgewickelt werden, Pensionsrückstellungen nicht verpflichtend zu bilden sind (Art. 28 EGBGB). Zwar sind der Arbeitgeber und der Versorgungsträger keine Gesamtschuldner, sodass der Versorgungsempfänger sich primär an den Versorgungsträger halten muss. Kürzt dieser aber die Leistungen und kann der in Anspruch genommene Arbeitgeber – wie im Regelfall – der Berechtigung des Versorgungsträgers hierzu nicht substantiiert entgegentreten, haftet er dem Betriebsrentner aus dem Unternehmensvermögen für den Differenzbetrag.

Thorsten Lammers

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Senior Associate
Thorsten Lammers berät vor allem zu Kündigungsschutzverfahren, in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen sowie zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er ist Mitglied der Fokusgruppen "Betriebliche Altersversorgung" und "Aufsichtsratsberatung".
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