Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen.
Mit der praxisrelevanten Frage, ob eine Gesamtzusage zur Zahlung einer höheren Sozialplanabfindung durch bloßes Schweigen des Arbeitgebers auf einer Betriebsversammlung begründet werden kann, hat sich kürzlich das LAG Düsseldorf (Urteil vom 29.6.2022 – 1 Sa 991/21) befasst.
Worum ging es?
Die Beklagte, ein Catering-Unternehmen der Luftfahrt-Branche, hatte mit ihrem Betriebsrat bereits 2017 anlässlich eines Personalabbaus einen Sozialplan geschlossen. Die für gekündigte Mitarbeiter vorgesehene Abfindung berechnete sich nach der Formel: „Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt x 0,9“. Mündlich vereinbarte die Beklagte seinerzeit mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), dass deren Mitglieder eine um den Faktor 0,1 erhöhte Abfindung erhalten, sofern sie von einer Kündigungsschutzklage absehen. Im Jahr 2019 erfolgte ein weiterer Personalabbau bei der Beklagten. Hierzu schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung, wonach der Sozialplan aus dem Jahr 2017 auch in dieser Personalabbauphase Geltung finde.
Die Kläger – Mitglieder der NGG – wurden betriebsbedingt gekündigt. Sie erhielten eine Abfindung auf der Basis eines Faktors von 0,9. Die Kläger forderten allerdings eine höhere Abfindung – und zwar mit folgender Begründung: Auch bei der anstehenden Maßnahme – wie schon im Jahr 2017 – sei für Mitglieder der NGG eine um den Faktor 0,1 erhöhte Abfindung maßgeblich. Denn zum einen habe der Geschäftsführer der Beklagten in einer Betriebsratssitzung am 18.9.2019 den erhöhten Abfindungsfaktor für Gewerkschaftsmitglieder zugesichert. Zum anderen habe die Geschäftsführerin der Gewerkschaft auf einer Betriebsversammlung am 23.9.2019 über diese Vereinbarung informiert. Der Geschäftsführer der Beklagte sei dabei gewesen und habe geschwiegen.
Die (in der Berufung zu einer Sache verbundenen) Zahlungsklagen hatte weder vor dem ArbG Düsseldorf noch vor dem LAG Düsseldorf Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf
Nach Ansicht des LAG Düsseldorf hatten die Gewerkschaftsmitglieder selbst auf der Grundlage ihres eigenen Vortrags keinen Anspruch auf eine um den Faktor 0,1 erhöhte Sozialplanabfindung. Etwaige Erklärungen der Arbeitgeberin in der Betriebsratssitzung vom 18.9.2019 hätten sich allenfalls an den Betriebsrat gerichtet. In keinem Fall wären damit Rechtsansprüche der Kläger begründet worden. Hätte sich die Zusage an den Betriebsrat gerichtet, hätte diese nur bei Einhaltung der Schriftform wirksam Geltung entfalten können. Daran fehle es.
Die Beklagte habe auch keine Gesamtzusage in der Betriebsversammlung vom 23.9.2019 abgegeben. Der Geschäftsführer der Beklagten habe zu dem entscheidenden Punkt geschwiegen. Das Schweigen des Geschäftsführers der Beklagten sei nicht als Willenserklärung zu werten und stelle daher keine rechtsverbindliche Erklärung dar.
Fazit
Die Entscheidung stellt klar, dass das Schweigen des Arbeitgebers auf einer Betriebsversammlung zu angeblich bestehenden Ansprüchen der Mitarbeiter seitens des Betriebsrats oder der Gewerkschaft nicht als stillschweigende Zustimmung zu einer Gesamtzusage gewertet werden kann.