Gestern hat die Bundesagentur für Arbeit die mit Spannung erwartete Geschäftsanweisung zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz („AÜG“) [*.PDF, direkter Download] veröffentlicht, die jetzt auch die am 1. April 2017 in Kraft tretenden Neuregelungen des AÜG berücksichtigt. Das 101 Seiten (!) starke, druckfrische Werk trägt nunmehr den schicken Namen „Fachliche Weisungen“ und soll dem Praktiker die Umsetzung der Neuregelungen erleichtern.
Ein detaillierterer Blick auf die „Fachlichen Weisungen“ und ihre Relevanz für die Zeitarbeitspraxis folgt Anfang April auf diesem Blog. So viel sei aber schon einmal verraten: Der Blick in das Dokument lohnt sich, da sämtliche Neuregelungen erläutert werden. Rechtsanwender erhalten damit Hinweise darauf, nach welchen Kriterien Prüfer zukünftig werten werden.
So wird beispielsweise für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werk- bzw. Dienstvertrag (Nr. 1.1.6.1) ausdrücklich darauf verwiesen, dass sich schematische Vorgaben verböten, es auf die Umstände des Einzelfalles und eine wertende Gesamtbetrachtung ankomme und insbesondere einzelnen Kriterien dann kein besonderes Gewicht zukomme, wenn sich dieses aus einer Notwendigkeit ergebe. Man wird daher weiterhin aus z.B. zeitlich fixen Leistungsvorgaben noch keinen starren Wertungsgesichtspunkt gegen einen freien Werk- oder Dienstvertrag ziehen können.
Spannend sind auch die Ausführungen zu den Konkretisierungspflichten (Nr. 1.1.6.7): Die Bundesagentur geht davon aus, dass sich aus dem Gesetz kein Schriftformerfordernis zur Konkretisierung der jeweils zum Einsatz kommenden Leiharbeitnehmer ergebe. Es sei vielmehr zu prüfen, ob ein entsprechender Rahmenvertrag die Konkretisierung als wesentlicher Vertragsinhalt der Schriftform unterwerfe oder diese in einfacher Textform umgesetzt werden könne. Zudem können die (wohl nur pro forma geführten) Diskussionen darüber eingestellt werden, inwieweit laufende Verträge den Neuregelungen unterworfen sind. In den Verträgen ist die Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich zu kennzeichnen und auch für bereits überlassene Arbeitnehmer greifen die Hinweis- und Konkretisierungspflichten.
Weiter hat die Bundesagentur zur Berechnung der Monatsfristen, insbesondere der wichtigen 18-Monatsfrist, Position bezogen (Nr. 1.2.1). Die Berechnung der Überlassungshöchstdauer richtet sich nach §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 2. Alt. BGB. Die nach Monaten bestimmte Frist beginnt mit dem ersten Tag der Überlassung und endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.
Den mit dem AÜG befassten Rechtsanwalt freut natürlich, dass die Bundesagentur den Fragesteller hinsichtlich konkreter Abgrenzungen im Einzelfall auf die Beratung durch Angehörige der rechtsberatenden Berufe sowie berufsständische Vereinigungen verweist. Allerdings hätte die Praxis nun wirklich keine weiteren Formalhürden und Verwaltungsvorgaben benötigt, um den Einsatz von Leiharbeitnehmern rechtskonform umzusetzen. Immerhin handelt es sich um ein Instrument des Arbeitsmarktes, welches in der Finanz- und Wirtschaftskrise gute Dienste geleistet hat.