Rund 85 % der Büroangestellten arbeiten einer Statistik zufolge bereits mit Produkten von Microsoft Office. Obschon die Nutzung der Office-Anwendungen längst betrieblicher Standard ist, ergeben sich bei der Einführung und Anwendung von Microsoft Office Produkten immer wieder Konflikte der Betriebsparteien aber auch der Betriebsratsgremien untereinander. Dies verdeutlicht der Streit zwischen einem örtlichen und dem Gesamtbetriebsrat, der kürzlich dem BAG zur Entscheidung vorlag – mit besserem Ende für den Gesamtbetriebsrat.
Worum ging es?
In einem Unternehmen mit mehreren Betrieben waren mehrere örtliche und ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Mit letzterem verhandelte die Arbeitgeberin die Einführung von Microsoft Office 365. Geplant war die Nutzung des Softwarepakets in Form einer „1-Tenant-Lösung“, d.h. das gesamte Unternehmen wird von Microsoft als ein Mandant angelegt, unter dem die erstellten und erhobenen Daten in einer einheitlichen Cloud gespeichert werden. Die Administration sollte für das gesamte Unternehmen zentral erfolgen. Der örtliche Betriebsrat eines Warenverteilzentrums begehrte die Feststellung, dass er statt des Gesamtbetriebsrates – der der Einführung zustimmte – bei der Einführung von Microsoft Office 365 mitzubestimmen habe. Für eine einheitliche Regelung bestehe keine zwingende technische Notwendigkeit. Jedenfalls für einige Module könne die Anwendung in den einzelnen Betrieben unterschiedlich ausgestaltet werden.
Entscheidung des BAG
Vor dem BAG blieb die Rechtsbeschwerde des örtlichen Betriebsrats erfolglos. Dabei stellte das BAG zunächst wenig verwunderlich fest, dass es sich bei der Einführung und Anwendung von Microsoft Office 365 um eine der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegende Angelegenheit handele. Dies folge aus der Möglichkeit, die bei der Nutzung des Softwarepakets erstellten, anfallenden oder erhobenen Daten für eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer nutzen zu können. Intensiver setzte sich das Gericht sodann mit der Zuständigkeitsfrage auseinander, bejahte im entschiedenen Fall der „1-Tenant-Lösung“ jedoch klar und argumentativ überzeugend die (alleinige) Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates.
Maßgeblicher Aspekt: Zentrale Administration
Das für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG zwingende Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Regelung erkannte das BAG darin, dass die zentrale Administration der Software eine Kontrolle des Nutzungsverhaltens von Arbeitnehmern in sämtlichen Betrieben ermögliche. So sei der zentrale Administrator z.B. in der Lage, bei allen Nutzern in allen Betrieben nachzuverfolgen, zu welchen Zeiten sie mit dem Internet verbunden waren. Zudem könne er uneingeschränkt auf sämtliche Benutzerdaten zugreifen. Diese zentrale Überwachungsmöglichkeit gebiete daher aus technischen Gründen zwingend eine betriebsübergreifende Regelung.
Erfreulich deutlich wies das BAG den auf Betriebsratsseite gern genutzten Einwand zurück, allenfalls die Einführung, nicht aber die Anwendung der Software gebiete die Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrates. Das BAG hob hervor, Einführung und Anwendung seien eine einheitliche betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, innerhalb derer die Aufspaltung der Zuständigkeiten nicht möglich sei. Ebenso nutzte das BAG den Fall dazu, den Grundsatz der Zuständigkeitstrennung zwischen Betriebsräten, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat zu betonen. Danach muss das zuständige Organ, im entschiedenen Fall der Gesamtbetriebsrat, die gesamte Angelegenheit mit dem Arbeitgeber regeln. Dabei seien die Betriebsparteien – wie das BAG hervorhob – auch gehalten, örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Aus diesem Grund führte der vom antragstellenden Betriebsrat vorgebrachte Umstand, bei einzelnen Modulen könnten betriebsspezifische Regelungen getroffen werden, zu keiner anderen Bewertung durch die Erfurter Richter.
Praxishinweis
Erfolgt die Einführung von Microsoft Office 365 in Form der „1-Tenant-Lösung“, ist der Gesamtbetriebsrat der zuständige Ansprechpartner des Arbeitgebers. Ähnliches wird für andere Softwarelösungen gelten, zumindest, soweit eine zentrale Administration mit entsprechenden betriebsübergreifenden Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten erfolgt. Für Arbeitgeber ist dies eine gute Nachricht. Sie entbindet jedoch nicht von der Notwendigkeit, im Einzelfall genau hinzusehen, welche Zugriffsmöglichkeiten/-beschränkungen die konkrete Softwarelösung bietet.