Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung sind häufig nicht nur ausgesprochen komplex, sondern auch von immenser wirtschaftlicher Bedeutung für die betroffenen Unternehmen. Der Beratungsbedarf in diesem Bereich ist daher entsprechend groß. Dies zeigt sich insbesondere im Rahmen von M&A Deals. Denn dort können Versorgungszusagen, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern (unter Umständen bereits seit Jahrzehnten) erteilt hat, schnell zum unerwarteten Deal-Breaker werden.
Due Diligence – All Eyes on Pensions
Im Rahmen der arbeitsrechtlichen Due Diligence Prüfung, die standardmäßig im Vorfeld jedes Unternehmenskaufs durchgeführt wird, haben potenzielle Käufer häufig zunächst nur die aktiven Mitarbeiter im Blick. Der Fokus liegt auf möglichen Verpflichtungen, die sich aus geltenden vertraglichen, betrieblichen und gegebenenfalls tariflichen Regelungen im laufenden Arbeitsverhältnis ergeben können. Hierbei handelt es sich jedoch oftmals nur um die Spitze des arbeitsrechtlichen Eisbergs. Denn weit größere wirtschaftlichen Risiken können sich aus bestehenden Pensionsverpflichtungen ergeben.
So kann bereits die bloße Existenz eines Versorgungssystems zum Deal-Breaker werden. Ein Beispiel: Das zum Verkauf stehende Unternehmen hat vor zwanzig Jahren Zusagen erteilt, deren Finanzierung auf Basis eines – aus heutiger Sicht – unrealistischen Zinssatzes kalkuliert wurde. Gerade im anhaltenden Niedrigzinsumfeld kann der Finanzierungsaufwand für eine solche Versorgung zu einer erheblichen Belastung für das Unternehmen werden.
Genauso schrillen im Rahmen der Due Diligence die Alarmglocken, wenn der Veräußerer in der Vergangenheit eine bestehende Versorgungsordnung durch eine neue betriebliche Regelung abgelöst hat. Diese Ablösung können die betroffenen Versorgungsberechtigten unter Umständen noch Jahrzehnte später gerichtlich angreifen. Erweist sie sich als unwirksam, treffen den Käufer womöglich deutlich höhere Pensionsverpflichtungen als ursprünglich angenommen.
Ebenso kann die arbeitsrechtliche Due Diligence bei einem Unternehmen, dessen Mitarbeiterzahl infolge von Restrukturierungen über die Jahre deutlich geschrumpft ist, für den potenziellen Käufer ernüchternd ausfallen. Einer verhältnismäßig kleinen Belegschaft steht hier oftmals eine weit größere Anzahl von Betriebsrentnern gegenüber, die zur Wertschöpfung des Unternehmens aktuell naturgemäß nichts mehr beitragen. Gleichwohl bestehen ihnen gegenüber mitunter erhebliche finanzielle Verpflichtungen.
Weichenstellung für die Ausgestaltung des Unternehmenskaufs
Die versorgungsrechtlichen „Findings“ aus der Due Diligence können vor diesem Hintergrund erhebliche Auswirkungen auf die Kaufverhandlungen und die finale Ausgestaltung des Deals haben. Der Käufer hat in der Regel kein Interesse daran, sich umfangreiche Versorgungsverpflichtungen ins Haus zu holen. In den Verhandlungen wird daher häufig intensiv diskutiert, inwieweit und unter welchen Konditionen Pensionsverpflichtungen übernommen werden bzw. wie das verhindert werden kann. Die Gestaltungsmöglichkeiten hängen hierbei unter anderem davon ab, ob die Versorgungsverpflichtungen gegenüber aktiven Mitarbeitern des Unternehmens bestehen oder gegenüber Personen, die bereits (mit unverfallbarer Rentenanwartschaft) aus dem Unternehmen ausgeschieden sind oder sogar schon Betriebsrente beziehen.
Übernahme der Verbindlichkeiten für aktive Mitarbeiter
Tritt der Käufer in die Arbeitsverhältnisse der aktiven Arbeitnehmer ein, übernimmt er zwangsläufig auch die dieser Gruppe gegenüber bestehenden Pensionsverpflichtungen. Eine Trennung der Versorgungsebene von den zugrundeliegenden Arbeitsverhältnissen ist nicht möglich. Die vom Käufer zu bildenden bilanziellen Pensionsrückstellungen schlagen sich in der Regel in einem (deutlich) reduzierten Kaufpreis nieder. Sofern sich zukünftig für den Käufer im Hinblick auf die übernommene betriebliche Altersversorgung besondere Haftungsrisken ergeben (bspw. im Hinblick auf frühere Ablösungen), kann dies den Kaufpreis noch weiter „drücken“.
Auslagerung von sonstigen Pensionsverbindlichkeiten
Ein größerer Gestaltungsspielraum steht den Verhandlungspartnern zu, wenn es um Pensionsverbindlichkeiten gegenüber bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern oder Betriebsrentnern geht. Sofern der Unternehmenskauf beispielsweise im Wege eines Betriebsübergangs (sog. Asset Deal) nach § 613a BGB umgesetzt wird, gehen diese Verpflichtungen nicht auf den Käufer über, sondern verbleiben beim Veräußerer. Für den Käufer ist dies natürlich vorteilhaft. Der Verkäufer aber, der beispielsweise seinen gesamten aktiven Geschäftsbetrieb veräußert hat, um sein Unternehmen anschließend zu liquidieren, schaut erstmal in die Röhre. Denn eine Liquidation ist wegen der weiterhin bestehenden Versorgungsverpflichtungen nicht möglich.
Im Gegensatz zum vorgenannten Asset Deal bleibt der Rechtsträger des Unternehmens bei einem sog. Share Deal unverändert, der Käufer erwirbt lediglich dessen Gesellschaftsanteile. Dieser bloße Wechsel auf der Gesellschafterebene hat keine Auswirkungen auf die bestehenden Verbindlichkeiten des Unternehmens. Der Käufer übernimmt daher auch sämtliche zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung bestehenden Versorgungsverpflichtungen, unabhängig davon, ob sie gegenüber aktiven Mitarbeitern, Ausgeschiedenen oder Rentenempfängern bestehen. Ist dies – insbesondere von Käuferseite – nicht gewollt, können zumindest die Verpflichtungen gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern und Betriebsrentnern vor der Veräußerung im Wege einer umwandlungsrechtlichen Spaltung auf eine andere Gesellschaft auslagert werden.
Deal or no deal?
Die betriebliche Altersversorgung kann somit eine ohnehin komplexe Transaktion noch deutlich aufwändiger gestalten. Existieren bei dem zum Verkauf stehenden Unternehmen Versorgungssysteme, ist im Rahmen der Verhandlungen und der Ausgestaltung der Transaktion ein erheblicher Beratungsbedarf vorprogrammiert. Angesichts der erheblichen finanziellen Risiken, die sich im Kontext der betrieblichen Altersversorgung ergeben können, ist bereits bei der arbeitsrechtlichen Due Diligence größte Sorgfalt gefragt. Von deren Ergebnis und dem Geschick der beteiligten Berater, ungewollte Rechtsfolgen zu verhindern oder zumindest abzufedern, hängt es letztlich ab, ob die betriebliche Altersversorgung zum Deal-Breaker wird.