Waren qualifizierte Mitarbeiter früher mit Geld oder Status oft ausreichend zu motivieren, funktioniert das für die neue Generation gut ausgebildeter Fachkräfte kaum mehr. Sie erwarten anderes und vor allem „mehr“ von ihren Arbeitgebern. Um künftige Leistungsträger zu bewegen, im Job die extra Meile zu gehen, braucht es eine gezieltere Incentivierung.
Einer Studie von Stepstone zufolge sind neben einem angemessenen Gehalt vor allem die Wertschätzung der Arbeit, ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen, eine ausgewogene Work-Life-Balance und Weiterbildungsmöglichkeiten Hauptgründe für Fachkräfte, bei ihrem Arbeitgeber zu bleiben. Die Anforderungen der Generation Z an die Arbeitsstelle – Sinnhaftigkeit der Tätigkeit, flexibles Arbeiten, flache Führungsebene, Coach statt Chef, eigene Entwicklungsmöglichkeiten – sind hier recht ähnlich. Zusammengenommen mit der Wechselfrequenz, die bei Arbeitnehmern unter 40 um ein Vielfaches höher ist als bei älteren, ergibt sich für Arbeitgeber eine schwierige Gemengelage.
Wie finde ich die Leistungsträger in meinem Unternehmen?
Die Suche nach den Leistungsträgern im Unternehmen läuft meist über die Fachabteilungen, denn die Fachvorgesetzten können die Leistungen am besten beurteilen. Hier ist jedoch nicht nur die aktuelle Performance als Maßstab anzulegen. Sondern Ausschau gehalten werden sollte auch nach versteckten Talenten, die bei entsprechender Motivation ihre Leistungen abrufen können.
Die Auswahl der Leistungsträger kann jedoch nicht ohne Regeln verlaufen, weil auch bei einer Incentivierung der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten ist. Arbeitsbelastung, Arbeitsleistung und auch die Unterteilung nach bestimmten Arbeitnehmergruppen sind zwar als Differenzierungskriterien ebenso zulässig wie arbeitsmarktbezogene Kriterien, also z.B. die schwierige Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt. Die Kriterien müssen jedoch vorab festgelegt und dokumentiert werden, um sie nachweisen zu können, wenn ein nicht berücksichtigter Mitarbeiter später vor Gericht ziehen.
Ungeeignete Incentivierungstools für Leistungsträger
Ein „Sign on“-Bonus mag im Recruiting noch hilfreich sein. Seine Wirkung verpufft jedoch schnell.
Traditionelle Leistungen wie Weihnachtsgeld, Betriebstreueboni, kombiniert mit Stichtags- oder gar Rückzahlungsklauseln können zwar grundsätzlich Wertschätzung ausdrücken. Gerade bei Besserverdienenden beeindrucken solche „gießkannenmäßig“ verteilten Zahlungen aufgrund der meist geringen Höhe eher wenig. Sie bewirken sogar oft das Gegenteil, da ein Incentive, das alle „einfach so“ bekommen, für Leistungsträger eher demotivierend ist.
Auch die klassische Betriebsrente zieht nicht mehr. Zur Motivation in der täglichen Arbeit hat sie noch nie gedient. In Zeiten, in denen für die junge Generatione private Vorsorge mit Aktien gang und gäbe ist, wird sie immer unattraktiver.
Nicht-monetäre Incentives
Mit dem Angebot von Home-Office kann seit Corona kein Unternehmen mehr beeindrucken – das wird vorausgesetzt. Gepunktet werden kann bisweilen noch mit mobilem Arbeiten weltweit, z.B. direkt aus dem eigenen Ferienhaus als Workation. Doch viele Unternehmen scheuen Aufwand und Risiken (Betriebsstätte, Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Hürden).
Teilzeit- und Gleitzeitmodelle sind ebenfalls heute vermehrt Standard. Um diese auch für die Unternehmen verträglich zu machen, werden Job Sharing (zwei Mitarbeiter teilen sich eigenverantwortlich eine Stelle) und Teilzeit-Teams (der Arbeitgeber gibt lediglich vor, wie viele Arbeitnehmer zu einer bestimmten Zeit anwesend sein müssen, das Team plant eigenverantwortlich die jeweilige persönliche Arbeitszeit) immer relevanter.
Auch Blockmodelle, um drei bis zwölf Monate Sabbatical machen zu können, fragen Mitarbeiter vermehrt nach. . Wichtig ist hier neben der rechtliche sicheren Gestaltung die Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen während des Sabbaticals zu erhalten, sonst kann das Sabbatical schnell zum Absprungbrett werden.
Eine arbeitgeberseitige Unterstützung im Privaten ist ein weiteres, immer wichtiger werdendes Gestaltungsmittel. Dies kann das Unterstützen bei der Kinderbetreuung sein ebenso wie Maßnahmen zur Gesundheitsförderung.
Unternehmen sollten zudem ESG-Themen, etwa Umweltaspekte, bewusst in den Fokus rücken und dem Bedürfnis von Mitarbeitern nach Sinnhaftigkeit der Tätigkeit gerecht werden. Beispielsweise kann ein Teil des Gewinns aus einem Projekt für soziale Zwecke verwendet werden oder es kann Sonderurlaub für ehrenamtliche Tätigkeiten ein Mittel der Wahl sein.
Weiterbildungsmöglichkeiten und die Möglichkeit für Mitarbeiter, Lernplattformen auch privat zu nutzen, kosten den Arbeitgeber mitunter wenig, zeigen dem Mitarbeiter aber nahezu täglich, warum es sich lohnt, bei dem Unternehmen zu arbeiten.
Monetäre Motivationsmittel
Die Zielvereinbarung erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit als Mittel der Incentivierung. Es empfiehlt sich, eine einvernehmliche Zielfestlegung mit dem Mitarbeiter und keine einseitige Zielvorgabe zu treffen.
Bei variablen Vergütungsbestandteilen ist aus rechtlicher Sicht darauf zu achten, dass das Synallagma von Leistung und Gegenleistung nicht außer Frage gestellt wird. Hier wird immer wieder auf die Grenze von 30% verwiesen. Bei einem hohen Grundgehalt kann diese Grenze aber durchaus in Frage gestellt werden.
Unternehmensbeteiligungsprogramme werden ebenfalls häufiger als Mittel der Mitarbeiterbindung eingesetzt. Ob damit Leistungsträger wirklich motiviert werden, lässt sich häufig schwer belegen. Immerhin erhält hierdurch aber der Mitarbeiter zumindest ein bisschen Einfluss und kann bei steigenden Kursen stolz sein, dass er Teil des Unternehmens ist und nebenbei sein Vermögen mehren.
Ausblick
Zeitgemäße Incentivierung muss nicht unbedingt mit steigenden Kosten verbunden sein. Vielleicht braucht es mehr Manpower in der Personalabteilung. Wichtig ist aber vor allem Klasse statt Masse. Je passgenauer die Incentivierung den Bedürfnissen bzw. der Persönlichkeit des Mitarbeiters entspricht, desto mehr macht sie sich bezahlt. Viele „klassische“ Incentives sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Stattdessen kann es sich anbieten, für jeden Mitarbeiter ein festes Budget für Bindungsmaßnahmen vorzusehen und ein weiteres unter Vorbehalt für besondere Performance. Möglichkeiten der Individualisierung sind hier bereits vorhanden, zum Beispiel die Option, dass der Mitarbeiter das Budget für die Zielerreichung selbst verteilen kann. Dies kann mittlerweile sogar schon per App gesteuert werden.