Laut Gesetz treffen Arbeitgeber:innen mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebs-/Personalrat eine „verbindliche Inklusionsvereinbarung“. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die wichtigsten Punkte im Zusammenhang mit dem Thema „Inklusionsvereinbarung“.
Was versteht man unter einer Inklusionsvereinbarung?
In einer Inklusionsvereinbarung werden Ziele und Maßnahmen geregelt, die eine gleichberechtigte Teilhabe und die Verbesserung der Beschäftigungssituation von schwerbehinderten Menschen herbeiführen sollen. Die Vereinbarung treffen gem. § 166 Abs. 1 SGB IX Arbeitgeber:innen mit den Personalvertretungen (Betriebs-/Personalrat) und/oder Schwerbehindertenvertretungen.
Ziel einer Inklusionsvereinbarung ist insbesondere, die besonderen Belange von schwerbehinderten Menschen zu berücksichtigen und dadurch potenziell ausschließende Faktoren in der Arbeitswelt von vornherein zu vermeiden.
Gibt es einen Abschlusszwang?
Das Gesetz regelt nur, dass eine Inklusionsvereinbarung getroffen wird – dazu, wie es zu dem Abschluss einer Inklusionsvereinbarung kommen soll, liefert es keine konkreten Anhaltspunkte.
Der Großteil der Autor:innen in der juristischen Fachliteratur geht daher davon aus, dass deshalb (jedenfalls derzeit) auch kein Abschlusszwang besteht. Denn den betrieblichen Interessenvertretungen wird – anders als bspw. im Betriebsverfassungsrecht – kein Mittel zur Durchsetzung eines Abschlusses an die Hand gegeben; außerdem umschreibt das Gesetz zwar den Inhalt der Inklusionsvereinbarung, aber die konkrete Ausgestaltung bleibt den verhandelnden Parteien überlassen. Es kann somit schon kein Druck zum Abschluss einer Inklusionsvereinbarung auf Arbeitgeber:innen ausgeübt werden, und umso weniger kann ein konkreter Inhalt erzwungen werden.
Was wird in einer Inklusionsvereinbarung typischerweise geregelt?
Wie genau eine Inklusionsvereinbarung inhaltlich ausgestaltet wird, hängt letztlich vom Einzelfall ab. Es bietet sich daher an, vor der Festlegung des Inhalts zunächst eine innerbetriebliche Bestandsaufnahme durchzuführen, damit im nächsten Schritt zielgenaue Maßnahmen vereinbart werden können.
Das Gesetz regelt in § 166 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den verpflichtenden Inhalt einer Inklusionsvereinbarung. Danach enthält eine Inklusionsvereinbarung „Regelungen im Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter Menschen, insbesondere zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen“.
Darüber hinaus können gem. § 166 Abs. 3 SGB IX in einer Inklusionsvereinbarung auch weitere Regelungen getroffen werden, bspw. zu der angemessenen Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier, frei werdender oder neuer Stellen, zu einer Beschäftigungsquote, oder zu Teilzeitarbeit.
Vor- und Nachteile einer Inklusionsvereinbarung
Wenn es richtig angegangen wird, kann eine Inklusionsvereinbarung für alle Beteiligten viele Vorteile mit sich bringen:
Generell gilt, dass mit dem Abschluss einer Inklusionsvereinbarung eine verbindliche Basis und damit eine belastbare Arbeitsgrundlage in Fragen der Inklusion getroffen wird.
Konkret für Arbeitgeber:innen bietet eine Inklusionsvereinbarung den Vorteil, dass die durch sie herbeigeführte bessere Arbeitsplatzgestaltung für verbesserte Produktivität sorgen kann. Bestenfalls sinken durch den konstruktiven Umgang mit Erkrankung und Behinderung außerdem die Kosten für Lohnfortzahlung. Wer den Bedürfnissen von schwerbehinderten Arbeitnehmer:innen gerecht wird, kann zudem auch leichter die gesetzliche Beschäftigungsquote erfüllen und so die Zahlung der Ausgleichsabgabe verhindern. Nicht zuletzt steht eine Inklusionsvereinbarung für eine inklusive Unternehmenskultur. Sie setzt damit auch nach außen ein positives Zeichen und kann sich so vorteilhaft auf das Unternehmensimage auswirken.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen profitieren von einer Inklusionsvereinbarung, indem – idealerweise – mithilfe der in der Vereinbarung beschlossenen Maßnahmen die Arbeitsbedingungen verbessert und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden. Auch Berufschancen der betroffenen Personen verbessern sich, weil es leichter wird, Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen anzubieten. Letztlich führt ein zielgerichtetes Angebot von Hilfen durch die Inklusionsvereinbarung auch zu einer Sicherung des Arbeitsplatzes.
Auch die betrieblichen Personal- und Schwerbehindertenvertretungen genießen Vorteile durch Inklusionsvereinbarungen. Denn ihre Beteiligung wird gesichert und läuft gleichzeitig nach klar geregelten Spielregeln ab.
Eine Inklusionsvereinbarung kann aber auch Nachteile mit sich bringen. So birgt eine Inklusionsvereinbarung bspw. die Gefahr, dass praxisferne Regelungen getroffen werden, die sich letztlich nicht oder nur schwer umsetzen lassen oder gar bisher bestehende Handlungsspielräume einschränken.
Vorgehen in der Praxis
In der Praxis bietet es sich an, im Ausgangspunkt zunächst ein gemeinsames Verständnis zwischen den künftigen Parteien der Vereinbarung herzustellen. Dann sollte eine Bestandsaufnahme durchgeführt und gemeinsame Ziele festgelegt werden. Von Bedeutung ist auch die Festlegung von Zuständigkeiten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere relevant, dass nicht etwaige Beteiligungsrechte des Betriebs-/Personalrats aus anderen Vorschriften übergangen werden.
Fazit
Der Abschluss einer Inklusionsvereinbarung bietet viele Vorteile, wenn es denn gelingt, die für den eigenen Betrieb / das eigene Unternehmen relevanten Regelungen zu erkennen und zu treffen. Da dies stets einzelfallabhängig ist und die Ausgestaltungsmöglichkeiten vielfältig sind, sollte das Verfahren professionell vorbereitet und begleitet werden.