Es ist ein Fall, der gar nicht so selten vorkommt: Ein Arbeitnehmer kündigt selbst ordentlich und hält dabei entweder die Kündigungsfrist von vornherein nicht ein, kündigt also nicht fristgerecht oder hat die Frist zu kurz berechnet, oder hört einfach vor Ablauf der Kündigungsfrist auf zu arbeiten.
Es klingt kurios, ist aber in der Beratungspraxis auch schon vorgekommen, dass Arbeitnehmer unter jeglicher Missachtung des Fristenregimes mit sofortiger Wirkung oder mit einer Frist von nur wenigen Tagen gekündigt haben. Mag die Arbeitgeberseite in dem ein oder anderen Fall mitunter dankbar über das (vorzeitige) Ausscheiden des Arbeitnehmers sein, kann die Abkürzung der Kündigungsfrist jedoch auch schwerwiegende Konsequenzen bis hin zu wirtschaftlichen Ausfällen oder Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen des Arbeitgebers haben, insbesondere wenn nicht rechtzeitig eine Ersatzgraft gefunden und eingearbeitet werden kann. Der nachfolgende Blog-Beitrag zeigt auf, welche Reaktionsmöglichkeiten Arbeitgeber haben, wenn Arbeitnehmer ohne Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfrist kündigen, und wie sie ggf. vorsorgen können.
Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung
Arbeitgeber sollten die Wirksamkeit einer Kündigung des Arbeitnehmers überprüfen. Hat der Arbeitnehmer nicht wirksam gekündigt, z.B. weil die Kündigung nicht schriftlich eingereicht und/oder vom Arbeitnehmer nicht im Original unterschrieben wurde, ist sie nichtig (§ 134 BGB). In diesem Fall sollte die ursprüngliche (unwirksame) Kündigung durch den Arbeitgeber nicht einfach „bestätigt“ werden. Je nach Interessenlage kommt der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung in Betracht, in der – auch zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten – die restliche Abwicklung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden kann.
Früheren Kündigungszeitpunkt nicht einfach akzeptieren
Der Arbeitgeber kann auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichten, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der Kündigungsfrist ausscheiden möchte. Falls der Arbeitgeber mit einer Nichteinhaltung der Kündigungsfrist bzw. vorzeitigen Beendigung einverstanden ist, drohen jedoch Fallstricke. Denkbar wäre, dass der Arbeitnehmer angehalten wird, erneut eine – wirksame – Kündigung auszusprechen. Hierauf kann sich der Arbeitgeber aber nicht verlassen. Zur Klarstellung des tatsächlichen Beendigungszeitpunktes sollte daher mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung (hier in Form einer Abwicklungsvereinbarung) über ein von der Kündigungsfrist abweichendes Beendigungsdatum getroffen werden. In dieser Vereinbarung können, sofern erforderlich, zwecks Vermeidung anderweitiger Streitigkeiten weitere Regelungen zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses (z.B. variable Vergütung, Inhalt des Arbeitszeugnisses) getroffen werden.
Möglichkeiten, eine spätere Beendigung zu erzwingen
Will der Arbeitgeber dagegen nicht auf die Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfrist verzichten, hat er kaum wirksame Mittel, um den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung innerhalb der Kündigungsfrist zu verpflichten. Zwar verstößt der Arbeitnehmer gegen seine vertragliche Hauptpflicht, wenn er einfach nicht zur Arbeit erscheint, obwohl die Kündigungsfrist noch läuft. Nach dem Grundsatz „Keine Vergütung ohne Arbeit“ muss der Arbeitgeber die Vergütung des Arbeitnehmers dann nicht fortzahlen. Darüber hinaus berechtigen schwerwiegende Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers den Arbeitgeber – ggf. nach erfolgloser Abmahnung – zur außerordentlichen Kündigung.
All dies hilft aber letztlich nicht weiter, wenn durch das plötzliche Ausscheiden des Arbeitnehmers die Arbeit nicht erledigt werden kann, dem Arbeitgeber wirtschaftliche Schäden drohen und die erforderliche Übergabe an einen Nachfolger ausbleibt:
- Eine arbeitsgerichtliche Verurteilung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist gesetzlich unzulässig.
- Wenn durch die plötzliche Abwesenheit des Arbeitnehmers ein Schaden entsteht (z. B. entgangener Gewinn, Vertragsstrafen, Entgelt anderer einspringender Arbeitnehmer), kann der Arbeitgeber ggf. Schadensersatz vom Arbeitnehmer verlangen. In der Praxis ist die Geltendmachung von Schadenersatz jedoch zumeist nicht durchsetzbar, da der Arbeitgeber einen konkreten Schaden und einen (alleinigen) Kausalzusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers nachweisen muss.
- Wechselt der Arbeitnehmer sogar ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu einem Konkurrenten, verstößt er gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot. Auch in diesem Fall ändert der mögliche Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nichts daran, dass der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung angehalten werden kann. Insoweit kommen jedoch Schadensersatzansprüche in Betracht (z. B. wegen des Verlusts eines Kunden oder eines Wettbewerbsvorteils), wobei der Nachweis eines kausalen Schadens ebenfalls herausfordernd sein kann.
Vorbeugende Maßnahmen
Aus Arbeitgebersicht kann es daher sinnvoll sein, bereits bei Vertragsschluss Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass der Arbeitnehmer die bei Eigenkündigung geltende Kündigungsfrist nicht einhält. Der Vertragsfreiheit sind auch insoweit Grenzen gesetzt. Neben der ausdrücklichen Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes kann im Arbeitsvertrag auch die Androhung einer Vertragsstrafe für den Fall der arbeitnehmerseitigen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist u. U. Abschreckungswirkung haben. Diese unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung strengen Anforderungen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Höhe, so darf sie etwa nicht pauschaliert sein und ist der Höhe nach jedenfalls auf die Vergütung begrenzt, die innerhalb der Kündigungsfrist angefallen wäre.