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Antidiskriminierung Betriebsrat

Entgelttransparenzgesetz – Karten auf den Tisch gegenüber dem Betriebsrat?

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Gehaltsliste

Bereits seit 45 Jahren räumt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bestimmten Ausschüssen bzw. Mitgliedern des Betriebsrats (im Folgenden aus Vereinfachungsgründen lediglich: „Betriebsrat“) das Recht ein, „in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen“. Diesem Einsichtsrecht nach dem BetrVG wurden mit Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) zum 6. Juli 2017 weitere Einsichts- und Auswertungsrechte des Betriebsrats zur Seite gestellt.

Unternehmen sind gut beraten, sich spätestens jetzt mit diesen Einsichts- und Auswertungsrechten des Betriebsrats und deren Zusammenspiel vertraut zu machen. Denn ab 6. Januar 2018 können individuelle Auskunftsansprüche nach dem EntgTranspG geltend gemacht werden (siehe hierzu auch den Beitrag von Verena Hillger). Parallel dazu dürften auch die Anfragen von Betriebsräten auf Einsicht in die Gehaltslisten steigen. Denn die Betriebsräte sind Hauptanlaufstelle für individuelle Auskunftsansprüche nach dem EntgTranspG – und ohne zuvor beim Unternehmen Einsicht in die Gehaltslisten genommen zu haben, werden Betriebsräte die individuellen Auskunftsansprüche nach dem EntgTranspG kaum beantworten können.

Reichweite des Einsichtsrechts – Wessen Gehälter darf der Betriebsrat einsehen?

Erfreulicherweise hat die Rechtsprechung in jüngerer Vergangenheit einige Orientierungs­punkte zu Reichweite und Inhalt der Einsichtsrechte des Betriebsrats gesetzt.

Bereits seit längerem geklärt ist, dass sich das Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem BetrVG auf die Bruttogehälter sowohl von Arbeitnehmern, als auch von freien Mitarbeitern bezieht. Noch bis vor kurzem nicht höchstrichterlich geklärt war hingegen die Frage, ob das Einsichtsrecht nach dem BetrVG „betriebsbezogen“ ist oder ob es auch über die Betriebsgrenzen hinausreichen kann.

Diese Frage hat das BAG kürzlich entschieden (BAG, Beschluss vom 26. September 2017 –  1 ABR 27/16). Die Sachlage war wie folgt: Der lokale Betriebsrat wollte Einsicht in die Gehaltslisten von solchen Mitarbeitern nehmen, die in einem anderen Betrieb des Unternehmens beschäftigt waren. Der Betriebsrat begründete sein Begehren damit, es sei seine Aufgabe, die Einhaltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der gezahlten Vergütung zu überwachen. Das Unternehmen gewährte dem Betriebsrat jedoch lediglich Einsicht in eine betriebsbezogene Gehaltsliste. Daraufhin zog der Betriebsrat vor Gericht.

In erster und zweiter Instanz hatte der Betriebsrat noch Erfolg. Sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht sprachen dem Betriebsrat ein unternehmensweites Einsichtsrecht zu, um die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überwachen. Dieser Auffassung hat das BAG eine klare Absage erteilt. Denn Aufgabe des lokalen Betriebsrates – so der 1. Senat – sei die Herstellung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit. Insoweit benötige der Betriebsrat auch nur Kenntnis über die innerbetrieblichen Lohnverhältnisse. Das Einsichtsrecht sei daher auf den Betrieb begrenzt. Einsicht in die Gehaltslisten anderer Betriebe könne der Betriebsrat nicht verlangen.

Diese Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Denn damit hat das BAG möglichen Einsichtsbegehren lokaler Betriebsräte bei der stets sensiblen Entgeltthematik wichtige Grenzen gesetzt. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum lokale Betriebsräte Einsicht in die Gehaltslisten von Mitarbeitern nehmen sollten, für welche sie nicht zuständig sind. Damit steht fest: Unternehmen müssen nicht Einsicht in die Gehaltslisten aller Mitarbeiter des Unternehmens gewähren, sondern nur in betriebsbezogene Gehaltslisten.

Inhalt des Einsichtsrechts – Welche Daten sind dem Betriebsrat vorzulegen?

Inhaltlich ist das Einsichtsrecht nach dem BetrVG durchaus weitreichend. So sind in der Gehaltsliste sämtliche Brutto-Bezüge anzugeben, aufgeschlüsselt in die einzelnen Bestandteile (Grundlohn, Zuschläge, Gratifikationen, Boni etc.). Allgemeine Sozialdaten wie Familienstand, Steuerklasse etc. sind hingegen nicht mit in die Gehaltsliste aufzunehmen. Auch Nettolöhne müssen nicht angegeben werden.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob über die blanken Zahlen hinaus auch die Vor- und Nachnamen der Mitarbeiter aufzunehmen sind. Mit dieser Frage hat sich das LAG Hamm in einer neueren Entscheidung befasst. Danach soll das Einsichtsrecht nach dem BetrVG auch eine Gehaltsliste mit Vor- und Nachnamen der betreffenden Mitarbeiter erfassen (LAG Hamm, Beschluss vom 19. September 2017 – 7 TaBV 43/17). Denn nur bei Zuordnung der Bruttogehaltsbestandteile zu konkreten Mitarbeitern könne der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben – wie z.B. Mitbestimmung bei Entlohnungsgrundsätzen oder die Prüfung, ob der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wird – ordnungsgemäß wahrnehmen. Eine anonymisierte Liste reiche dafür nicht aus.

Andere Beurteilung nach dem Entgelttransparenzgesetz?

Das Unternehmen war hingegen der Auffassung, es müsse und dürfe nur eine anonymisierte Gehaltsliste (ohne Mitarbeiternamen) vorlegen. Denn der Betriebsrat dürfe die individuellen Auskunftsansprüche einzelner Mitarbeiter nach dem EntgTranspG nur anonymisiert erfüllen. Dementsprechend könne auch der Betriebsrat insgesamt lediglich Einsicht in eine anonymisierte Gehaltsliste verlangen. Vor diesem Hintergrund sei auch das Einsichtsrecht nach dem BetrVG zu beschränken.

Diese Argumentation des Unternehmens hat das LAG Hamm zum Anlass genommen, auch das Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem EntgTranspG sowie dessen Zusammenspiel mit dem Einsichtsrecht nach dem BetrVG zu beleuchten. Dabei geht das LAG Hamm davon aus, die Einsichtsrechte nach dem BetrVG und dem EntgTranspG seien unabhängig voneinander zu behandeln. Zwar sei ein Anspruch auf Einsicht nach dem EntgTranspG in der Tat durch Vorlage einer anonymisierten Gehaltsliste zu erfüllen. Dadurch werde das Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem BetrVG jedoch nicht eingeschränkt. Denn Sinn und Zweck des EntgTranspG sei es gewesen, die Rechte des Betriebsrats zu stärken. Dieses gesetzgeberische Ziel werde auf den Kopf gestellt, wenn man der Argumentation des Unternehmens folgen würde.

Das letzte Wort ist damit allerdings noch nicht gesprochen. Denn das LAG Hamm hat die Rechtsbeschwerde beim BAG zugelassen. Dadurch erhält das BAG Gelegenheit, folgende Fragen abschließend zu klären (das Verfahren läuft unter dem Aktenzeichen 1 ABR 53/17):

  • Müssen Unternehmen in die dem Betriebsrat vorzulegenden Gehaltslisten auch die Vor- und Nachnamen der betreffenden Mitarbeiter aufnehmen, um dem Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem BetrVG gerecht zu werden?
  • Wie ist das Zusammenspiel zwischen dem Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem BetrVG und dem Einsichts- und Auswertungsrechten des Betriebsrats nach dem EntgTranspG?

Wie sich das BAG zu diesen Fragen positioniert, bleibt mit Spannung zu erwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Fazit

Das alles verdeutlicht: Inhalt und Reichweite von Einsichts- und Auswertungsrechten des Betriebsrats sind noch längst nicht abschließend geklärt. Mit Inkrafttreten des EntgTranspG werden die offenen Punkte wieder stärker in den Fokus rücken – zumal nunmehr auch das Zusammenspiel zwischen dem Einsichtsrecht des Betriebsrats nach dem BetrVG und dem EntgTranspG zu klären ist. Und bis zu einer abschließenden Klärung durch das BAG wird sicherlich noch einiges an Zeit vergehen.

Daher sollten Arbeitgeber einstweilen – auch zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten – präzise zwischen den Einsichtsrechten nach dem BetrVG und dem EntgTranspG differenzieren und mit dem Betriebsrat klären, auf welcher Grundlage und zu welchem Zweck jeweils Einsicht in Gehaltslisten verlangt wird. Denn Gehaltslisten sind entsprechend dem Zweck des EntgTranspG gesondert aufzubereiten (Aufschlüsselung nach Geschlecht hinsichtlich sämtlicher Entgeltbestandteile, einschließlich übertariflicher Zulagen und individuell ausgehandelter Zahlungen), damit der Betriebsrat die individuellen Auskunftsansprüche nach dem EntgTranspG erfüllen kann. Diese Besonderheiten sollten beachtet werden.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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