open search
close
Abfindung Kündigung, allgemein Management/Organe

Vom Arbeitnehmer zum Geschäftsführer – und wieder zurück? Formfehler bei der „Beförderung“ zum Geschäftsführer

Geschäftsführer

Nicht selten „befördern“ Unternehmen verdiente Arbeitnehmer zu Geschäftsführern. Der neue Geschäftsführer gehört dann zum „Arbeitgeber-Lager“ und repräsentiert das Unternehmen gegenüber den Beschäftigten. Trotzdem kommt es nicht selten dazu, dass in einem Trennungsszenario der Geschäftsführer doch noch Arbeitnehmer-Kündigungsschutz für sich beanspruchen kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn neben dem Geschäftsführeranstellungsvertrag – eventuell weitestgehend unbemerkt – noch ein sogenanntes „ruhendes Arbeitsverhältnis“ besteht.

Kündigungsschutz für den Geschäftsführer auf Basis eines „ruhenden Arbeitsverhältnisses“

Grundsätzlich gilt nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass für Organmitglieder der allgemeine Kündigungsschutz für Arbeitnehmer nicht greift, wenn das Organmitglied zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch im Amt ist. Das heißt, eine ordentliche Kündigung bedarf dann keiner sozialen Rechtfertigung, auch wenn das Organmitglied auf Basis eines Arbeitsvertrages tätig ist. Sie gilt aber nur, wenn kein weiterer Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen wird.

Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag kann bereits ohne ausdrücklichen Vertragsschluss zusätzlich zum Arbeitsverhältnis abgeschlossen werden. Die Rechtsprechung geht zwar dann davon aus, dass mit dem zusätzlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag im Zweifel das Arbeitsverhältnis aufgehoben wird. Dann gibt es kein Arbeitsverhältnis, aus dem einem Geschäftsführer Kündigungsschutz erwachsen könnte. Dies gilt aber auch nur, wenn der Geschäftsführer diese Vermutung nicht widerlegen kann und auch nur, wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag die Form des § 623 BGB wahrt.

Andernfalls besteht das vorherige Arbeitsverhältnis womöglich als „ruhendes Arbeitsverhältnis“ fort und könnte nach Beendigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses wieder aufleben. In der Folge kann eben dieses Arbeitsverhältnis nur mit hinreichendem Kündigungsgrund nach §§ 1 ff. KSchG einseitig beendet werden. In einem Trennungsszenario mischt dieser Umstand die Karten neu. Eine Trennung ist dann meist mangels Kündigungsgrund nur noch mit einer (zusätzlichen) Abfindungszahlung möglich.

Das sollten Unternehmen beachten

Die Rechtsprechung macht Geschäftsführern die Herleitung des Kündigungsschutzes insoweit zwar nicht leicht. Ausgeschlossen ist dies aber nicht. Wer hier sicher gehen und Diskussionen um ein „ruhendes Arbeitsverhältnis“ vermeiden will, sollte Folgendes bei der Beförderung von Arbeitnehmern in Geschäftsführerpositionen beachten:

Einen neuen Vertrag beim Wechsel in die Geschäftsführung abschließen

In den allermeisten Fällen, werden die Vertragskonditionen im Zuge des Aufstiegs zum Geschäftsführer ohnehin angepasst. Hierdurch wird – mehr oder weniger unbemerkt – regelmäßig auch ohne ausdrücklichen Vertragsschluss ein Geschäftsführerdienstvertrag zusätzlich zum Arbeitsverhältnis geschlossen. Auf die oben dargestellte Rechtsprechung, wonach der Kündigungsschutz für amtierende Geschäftsführer nicht greift, wenn diese auf Basis eines einzigen Arbeitsverhältnisses tätig sind, kann dann nicht mehr zurückgegriffen werden. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte ausdrücklich ein zusätzlicher Geschäftsführeranstellungsvertrag abgeschlossen werden. Auch können Unternehmen so den teils weitergehenden Regelungsspielraum bei Geschäftsführerdienstverträgen im Vergleich zum Arbeitsvertrag nutzen.

Die Aufhebung der Arbeitsverhältnisse auch ausdrücklich regeln

Trotz der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Zweifelsregelung, dass der Geschäftsführerdienstvertrag schon an sich das Arbeitsverhältnis aufhebt, sollte im Geschäftsführerdienstvertrag die Aufhebung des Arbeitsvertrages auch ausdrücklich aufgenommen werden. Mögliche Ansätze des Geschäftsführers in einem Trennungsfall zu argumentieren, dass es doch der eigentliche Parteiwille gewesen sei, das Arbeitsverhältnis zu erhalten, werden somit direkt vermieden.

Den Geschäftsführeranstellungsvertrag schriftlich abschließen

Nur eine schriftliche Vereinbarung kann den alten Arbeitsvertrag des Geschäftsführers aufheben. Das heißt, der Vertrag muss von beiden Seiten im Original unterzeichnet werden und dem Geschäftsführer sollte eine im Original von der Gesellschaft unterzeichnete Urkunde ausgehändigt werden. Kopie, Fax, E-Mail usw. reichen nicht.

Die richtigen Unterzeichner bestimmen

Das Bundesarbeitsgericht stellte bislang pauschal fest: der schriftliche Geschäftsführerdienstvertrag wahrt das Formerfordernis des § 623 BGB für die Aufhebung von Arbeitsverträgen. Noch nicht ausdrücklich geklärt ist, wer den Vertrag auf Seiten der Gesellschaft unterschreiben muss. Denn gegenüber Geschäftsführern wird die Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung oder den Aufsichtsrat vertreten. Gegenüber Arbeitnehmer vertritt die Geschäftsführung die Gesellschaft. Das Bundesarbeitsgericht scheint zwar davon auszugehen, es reicht die Unterzeichnung durch die Gesellschafterversammlung bzw. den Aufsichtsrat. Sicher ist das aber nicht. Vorsorglich sollten daher Vertreter der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrates und der Geschäftsführung unterzeichnen.

Bestand das Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers zu einer anderen Gesellschaft (z.B. innerhalb eines Konzerns) als der, für die er nun zum Geschäftsführer bestellt wird, ist besondere Vorsicht geboten. Denn ein Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einer von der Arbeitgeberin verschiedenen Gesellschaft, wahrt das Formerfordernis des § 623 BGB nicht. Es bedarf also mindestens eines dreiseitigen Vertrags mit dem Geschäftsführer, der alten Arbeitgeberin und der Gesellschaft, mit der das Geschäftsführeranstellungsverhältnis begründet werden soll.

Mehr zur Frage, wann Arbeitnehmerschutzvorschriften auch für Geschäftsführer gelten können, lesen Sie auch in den Beiträgen „Vom Chef zum Arbeitnehmer“ und „Kein gesetzlicher Kündigungsschutz für Geschäftsführer!“ auf unserem Blog.

KLIEMT.Arbeitsrecht




Wir sind Deutsch­lands führende Spe­zi­al­kanz­lei für Arbeits­recht (bereits vier Mal vom JUVE-Handbuch als „Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht“ ausgezeichnet). Rund 90 erst­klas­sige Arbeits­rechts­exper­ten beraten Sie bundesweit von unseren Büros in Düs­sel­dorf, Berlin, Frankfurt, München und Hamburg aus. Kompetent, persönlich und mit Blick für das Wesent­li­che. Schnell und effektiv sind wir auch bei komplexen und grenz­über­schrei­ten­den Projekten: Als einziges deutsches Mitglied von Ius Laboris, der weltweiten Allianz der führenden Arbeitsrechtskanzleien bieten wir eine erstklassige globale Rechtsberatung in allen HR-relevanten Bereichen.
Verwandte Beiträge
Compliance Neueste Beiträge

7 MIN. Arbeitsrecht für Entscheider (m/w/d) – Episode 82 ab sofort verfügbar!

In unserem Podcast „7 MIN. Arbeitsrecht für Entscheider (m/w/d)“ präsentieren wir Ihnen in nur sieben Minuten die neuesten Themen aus dem Arbeitsrecht im Nachrichtenformat. Ob Sie CEO, Top-Managerin oder HR-Profi sind – hier finden Sie Antworten auf die Fragen, die die Arbeitswelt heute bewegen. Von aktuellen Gesetzgebungen bis zu strategischen Überlegungen im Personalmanagement, unsere erfahrenen Anwältinnen und Anwälte bringen ihre Expertise direkt zu Ihnen. Vorstände…
Neueste Beiträge Unternehmensführung

Abberufung von Geschäftsführern – (k)ein Kinderspiel?

Eigentlich ist es ganz einfach: Der Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH liegt einerseits ein Dienstvertrag als Vertragsverhältnis zugrunde, andererseits die Bestellung zum Organ der Gesellschaft als gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt. Die Reichweite der Vertretungsbefugnis (Allein- oder Gesamtvertretung) werden im Handelsregister eingetragen. Nicht selten stellen wir aber in unserer Beratung fest, dass Geschäftsführern und Gesellschaftern diese Trennung zwischen Organstellung einerseits und Anstellungsverhältnis andererseits nur unzureichend bekannt ist. Nachfolgend…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Unternehmensführung

Same same but different: Aufhebungsvertrag mit dem Geschäftsführer – Was ist zu beachten?

Der Aufhebungsvertrag ist in der Praxis ein beliebtes Mittel, um zeit- und kostensparend Beschäftigungsverhältnisse einvernehmlich zu beenden. Das gilt nicht nur für Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern auch für das Dienstverhältnis zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer. Soll zwischen GmbH und Geschäftsführer ein Aufhebungsvertrag vereinbart werden, sind jedoch über die typischen Regelungspunkte aus Aufhebungsverträgen mit Arbeitnehmern weitergehende Punkte zu regeln. Grund hierfür ist insbesondere…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.