Personalgespräche können vielfältige Anlässe haben und sind für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein wichtiges Instrument zur gelebten Feedbackkultur. Oft haben Mitarbeiter aber das Bedürfnis, sich zu solchen Gesprächen von einem Betriebsratsmitglied begleiten zu lassen. Doch wann können Arbeitnehmer dies fordern und was gilt es dann zu beachten?
Recht auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds
Steht ein Personalgespräch mit dem Arbeitnehmer an und möchte dieser zur Unterstützung ein Betriebsratsmitglied mit hinzuziehen, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber diesem Wunsch entsprechen muss. Die Antwort auf diese Frage lautet – wie so oft – es kommt darauf an. Ein genereller Anspruch des Arbeitnehmers, ein Betriebsratsmitglied zu einem Personalgespräch hinzuzuziehen, besteht nicht. Vielmehr kommt es auf den Gesprächsinhalt an. Das Betriebsverfassungsrecht gewährt dem Arbeitnehmer einen Anspruch in vier Fällen: Der wohl wichtigste Anwendungsfall findet sich in § 82 Abs. 2 BetrVG, nämlich im Rahmen der Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung des Entgelts, der Leistungsbeurteilung und der beruflichen Entwicklung des betroffenen Arbeitnehmers.
Weiterhin kann ein Betriebsratsmitglied hinzugezogen werden, wenn der Arbeitnehmer von Maßnahmen betroffen ist, die sich auf seinen Arbeitsbereich beziehen, wenn er Einsicht in seine Personalakte nehmen möchte und wenn eine Beschwerde gegen ihn vorliegt. Das Hinzuziehungsrecht des Arbeitnehmers ist zwar auf diese gesetzlichen Fälle begrenzt. Die Rechtsprechung ist hier jedoch großzügig und bejaht das Teilnahmerecht, sobald eines dieser Themen auch nur teilweise betroffen sind. Der Arbeitgeber kann die Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds deshalb nicht mit der Begründung ablehnen, dass auch noch weitere Gegenstände besprochen werden.
Personalgespräch über einen Aufhebungsvertrag
Auch für Personalgespräche über einen Aufhebungsvertrag gilt grundsätzlich nichts anderes, sodass auch hier Arbeitnehmer nicht in jedem Fall die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds fordern können. In der Praxis geht es im Rahmen solcher Gespräche jedoch nicht nur um das ob und um die Modalitäten der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern häufig auch um die Leistungsbeurteilung des Arbeitnehmers.
Auch um die Frage, ob Möglichkeiten einer beruflichen Entwicklung innerhalb des Unternehmens bestehen, kann Inhalt des Gespräches sein. Aus diesen Gesprächsthemen kann dann wiederum ein Teilnahmerecht des Betriebsrats hergeleitet werden. Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen zwei inhaltlich und zeitlich voneinander getrennte Gespräche führen: Zunächst kann er in Anwesenheit des Betriebsrats die Leistungsbeurteilung und fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten thematisieren. In einem anschließenden Gespräch kann er sodann mit dem Arbeitnehmer allein über die Modalitäten des Aufhebungsvertrages verhandeln.
Verhinderung des Betriebsrats
Die Entscheidung, ob und wen der Arbeitnehmer zum Personalgespräch hinzuziehen möchte, obliegt allein ihm. Er kann sich demnach durch ein Betriebsratsmitglied seines Vertrauens begleiten lassen. Doch was ist, wenn das gewünschte Betriebsratsmitglied am anvisierten Termin verhindert ist und am Personalgespräch nicht teilnehmen kann? Da der Arbeitgeber in den gesetzlich geregelten Fällen verpflichtet ist, die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds zu gestatten, ist es in solchen Fällen ratsam, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer und dem Betriebsratsmitglied einen zeitnahen Ersatztermin zu vereinbaren. Gleichwohl muss der Arbeitgeber eine solche Verschiebung nicht hinnehmen, wenn die Verhinderung treuwidrig herbeigeführt wurde, um das Personalgespräch zu verzögern, oder der Zeitraum der Verhinderung außergewöhnlich lang ist – dabei kommt es aber auf den Einzelfall an.
Die Rolle des Betriebsratsmitglieds im Gespräch
Verlangt der Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines bestimmten Betriebsratsmitglieds, ist das Betriebsratsmitglied verpflichtet, daran teilzunehmen. Es hat die Aufgabe, dem Arbeitnehmer während des Gesprächs beratend zur Seite zu stehen. Hierzu darf sich das anwesende Betriebsratsmitglied aktiv an dem Gespräch beteiligen, selbst Fragen stellen und eigene Vorschläge unterbreiten. Es darf das Gespräch jedoch nicht komplett an sich ziehen und versuchen, das Gespräch stellvertretend für den Arbeitnehmer zu führen. Insbesondere ist das Betriebsratsmitglied weder der rechtsgeschäftlicher Vertreter des Arbeitnehmers noch der Adressat der Fragen des Arbeitgebers.
Versucht das Betriebsratsmitglied dennoch den direkten Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterbinden, sollte klar kommuniziert werden, dass die Teilnahme an einem Personalgespräch eine vom Arbeitnehmer höchstpersönlich wahrzunehmende Arbeitsleistung ist und sich die Rolle des Betriebsrats auf eine Beratung beschränkt.
Fazit
Nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen darf ein Arbeitnehmer ein Betriebsratsmitglied zum Personalgespräch hinzuziehen. Die Rechtsprechung ist in der Auslegung dieser Fallgruppen großzügig. Dennoch sollten Arbeitgeber in jedem Einzelfall prüfen, ob die avisierten Gesprächsinhalte das Teilnahmerecht des Betriebsratsmitglieds auslösen. Ist dies der Fall, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Teilnahme zu gestatten.
Möchten Arbeitgeber in dem Personalgespräch jedoch lediglich Arbeitsanweisungen erteilen oder eine Abmahnung aussprechen, ist die Hinzuziehung des Betriebsratsmitglieds ausgeschlossen. Verweigert dann der Arbeitnehmer die Teilnahme an dem Gespräch mit der Begründung, er wolle derartige Gespräche nur in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds führen, kann dies unter Umständen einen Grund für eine ordentliche Kündigung darstellen.
Dieser Beitrag ist mit freundlicher Unterstützung von Sebastian Oswald (wissenschaftlicher Mitarbeiter im Münchener Büro) entstanden.