Immer wieder zweifeln Arbeitgeber an der Berechtigung von Krankmeldungen. Häufige Gründe für Zweifel sind insbesondere vorherige „Ankündigungen“ sowie nicht krankheitsgemäßes Verhalten von Mitarbeitern. Außerdem standen zuletzt Fälle im Fokus, in denen Mitarbeiter sich nach einer Kündigung „passgenau“ für den gesamten Zeitraum der Kündigungsfrist arbeitsunfähig meldeten. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über einige Möglichkeiten geben, die für Arbeitgeber im Umgang mit mutmaßlich vorgetäuschten Krankheiten in Betracht kommen.
In diesem Kontext dreht es sich insbesondere ums Geld: Denn bei einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit (AU) könnten sich Arbeitgeber die wirtschaftlich belastende Entgeltfortzahlung sparen. Daneben stellt eine vorgetäuschte AU grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar.
Dennoch schließen viele Arbeitgeber ein Vorgehen gegen „Blaumacher“ kategorisch aus. Denn sobald es vor dem Hintergrund einer vermeintlich vorgetäuschten AU zu einem Prozess kommt, müssen Arbeitgeber regelmäßig gegen eine von dem Mitarbeiter eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) angehen. Bei dieser handelt es sich um den gesetzlich vorgesehenen Nachweis einer krankheitsbedingten AU, sodass Arbeitsrichter eine solche regelmäßig als erwiesen ansehen können.
Erschütterung des Beweiswerts einer AUB möglich
Jedoch sind Arbeitgeber nicht chancenlos und der Beweiswert einer AUB kann „erschüttert“ werden, wobei es dann in einem Prozess regelmäßig insbesondere auf die Aussage des behandelnden Arztes ankäme.
Für eine „Erschütterung“ müssen Arbeitgeber gewichtige konkrete Einwendungen gegen die AU vorbringen und gegebenenfalls beweisen.
Solche Einwendungen können sich aus der AUB selbst ergeben (Rückdatierung oder andere formelle Gründe) oder auf den Umständen ihres Zustandekommens beruhen. So hat das BAG in einer jüngeren Entscheidung festgehalten, dass eine Erschütterung gegeben sein kann, wenn eine AUB am Tag einer Kündigung attestiert wird und genau die jeweilige Kündigungsfrist abdeckt (siehe hierzu unseren Blog-Beitrag vom 12.10.2021). Ob die Umstände in ähnlichen gelagerten Fällen ausreichen, ist im Einzelfall zu prüfen. Denn das BAG dürfte bisher noch nicht umfassend geklärt haben, in welchen Konstellationen eine zeitliche Koinzidenz von Kündigungsfrist und Krankschreibung eine Erschütterung begründet (siehe hierzu auch unseren Blog-Beitrag vom 6.6.2023).
Eine Erschütterung kann sich auch aus dem Verhalten des Mitarbeiters ergeben. Beispielsweise wurde sie in einem Fall bejaht, in dem der Arbeitgeber nachweisen konnte, dass der Mitarbeiter einer anstrengenden Zweitbeschäftigung nachging, obwohl er sich ihm gegenüber auf eine AU berufen hatte.
Gespräch mit dem Mitarbeiter
Zur Vorbereitung eines möglichen Vorgehens gegen mutmaßliches „Krankfeiern“ wird sich in vielen Fällen anbieten, mit dem Mitarbeiter ein Gespräch zu führen. In diesem Rahmen könnten Arbeitgeber Informationen erhalten, die gegebenenfalls eine „Erschütterung“ (mit-)begründen – oder die Zweifel an der AU werden ausgeräumt.
Bei der Gesprächsführung müssen Arbeitgeber allerdings die gebotene Sorgfalt walten lassen. Konkrete Auskünfte über die Erkrankung oder den Gesundheitszustand dürfen im Rahmen von Kranken- oder Krankenrückkehrgesprächen nicht abgefragt werden und Mitarbeiter sind nicht verpflichtet, ärztliche Diagnosen offenzulegen. Allerdings können Arbeitgeber befugt sein, sich nach möglichen betrieblichen Ursachen einer Erkrankung zu erkundigen oder den Mitarbeiter im Rahmen einer Sachverhaltsaufklärung zu sonstigen Umständen anzuhören, die Zweifel an einer Krankmeldung begründen.
Einbindung des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Darüber hinaus sollten Arbeitgeber zur Vorbereitung eines Vorgehens gegen eine zweifelhafte Krankmeldung auch in Betracht ziehen, den MDK einzubinden – obwohl das Verfahren in der Praxis teilweise etwas „sperrig“ ist. Denn bei begründeten Zweifeln ordnet der MDK das Erscheinen des Mitarbeiters an und führt eine Begutachtung durch.
Gelangt der MDK zu einem von der AUB abweichenden Ergebnis, könnte dieses in ein Gerichtsverfahren eingebracht werden. Darüber hinaus würde der MDK den behandelnden Arzt und die Krankenkasse informieren und die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit empfehlen. Auch ein Nichterscheinen des Mitarbeiters zu einer vom MDK angeordneten Untersuchung könnte im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens angebracht werden.
Einbindung eines Detektivs?
Teilweise erwägen Arbeitgeber auch die Beauftragung eines Detektivs zur Aufklärung der Umstände um vermeintlich vorgetäuschte Krankheiten. Insoweit ist jedoch Vorsicht anzuraten, da Arbeitgeber sich entschädigungspflichtig machen könnten, wenn durch die Überwachungsmaßnahmen das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters verletzt wird.
In einer aktuellen Entscheidung (LAG Düsseldorf, Urt. v. 26.4.2023 – 12 Sa 18/23 – nicht rechtskräftig) wurde dem Mitarbeiter nach einer verdeckten Detektivüberwachung aufgrund einer vermeintlich vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit ein Schmerzensgeldanspruch zugesprochen. Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber vor dem Einschalten eines Detektivs zunächst weniger einschneidende Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts ergreifen müsse. Die Beauftragung eines Detektivs sollte vor diesem Hintergrund regelmäßig nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Verdacht einer vorgetäuschten AU bereits auf konkreten Tatsachen beruht und mildere Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht kommen.
Fazit
Obwohl Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Ausgangspunkt regelmäßig ein hoher Beweiswert zukommt, stehen Arbeitgeber „Blaumachern“ nicht chancenlos gegenüber. Je nach Einzelfall gibt es verschiedene Möglichkeiten, um gegen unberechtigte Krankmeldungen vorzugehen. Arbeitgeber sollten ihre Möglichkeiten bei begründetem Verdacht prüfen und sich hierzu bei Bedarf rechtlichen Rat einholen.