In der Praxis kommt es häufig vor, dass nur einzelne Bestandteile eines Arbeitsverhältnisses, insbesondere die Wochenarbeitsstunden oder die Vergütungsbestandteile, vorübergehend verändert werden oder der Arbeitnehmer zeitweise eine bestimmte (höherwertige) Tätigkeit übernehmen soll (sogenannte „Teilbefristung“). Vor allem in wirtschaftlichen Krisenzeiten kann die Befristung von Entgeltbestandteilen ein attraktives Flexibilisierungsinstrument für den Arbeitgeber darstellen.
In unserem Blogbeitrag vom 7. März 2023 haben wir bereits die gesetzlichen Grundlagen hierfür im Überblick beleuchtet. Im folgenden Beitrag geht es nun um die konkreten Voraussetzungen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung bei den genannten Veränderungen.
Abgrenzung zum Widerrufsvorbehalt
Alternativ zur Teilbefristung kann die Veränderung einzelner Arbeitsbedingungen auch im Wege eines sog. Widerrufsvorbehalts umgesetzt werden. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber durch einseitige Erklärung die Änderung der Arbeitsbedingungen „zurückschrauben“ kann. Bei der Teilbefristung hingegen enden die veränderten Bedingungen automatisch mit Ende der Befristung.
Der Vorteil eines Widerrufsvorbehalts aus der Sicht des Arbeitgebers besteht also darin, dass der Zeitpunkt der Beendigung flexibel bestimmt werden kann. Der Nachteil eines Widerrufsvorbehalts liegt darin, dass die Umsetzung in Form der einseitigen Erklärung zu Fehlern führen kann, insbesondere wenn die erforderliche Erklärung vergessen wird.
Rechtlicher Maßstab für die Teilbefristung
Teilbefristungen unterliegen einer strengen AGB-Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) findet weder direkt noch analog Anwendung. Das Schriftformerfordernis (§ 14 Abs. 4 TzBfG), die materielle Präklusionsfrist (gem. § 17 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG) sowie die Verlängerungsfiktion (§ 15 Abs. 6 TzBfG) gelten nicht.
Um den Arbeitnehmer vor einer rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Teilbefristung zu schützen, darf diese aber insbesondere zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen. Die befristete Änderung der jeweiligen Arbeitsbedingung ist deshalb nur dann angemessen, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Befristung nach umfassender Würdigung der Umstände im Einzelfall überwiegt. Bei dieser Würdigung spielen die Wertungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes „durch die Hintertür“ eine Rolle. Je erheblicher der Eingriff für den Arbeitnehmer ist, desto strenger sind nach der Rechtsprechung des BAG die Voraussetzungen an das Vorliegen eines Sachgrundes, wie er in § 14 Abs. 1 TzBfG geregelt ist.
Keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers
Die folgenden Beispiele für veränderte Arbeitsbedingungen spielen in der Praxis eine übergeordnete Rolle:
1. Erhöhung der Wochenarbeitsstunden
Mit Urteil vom 23.03.2016 hat das BAG entschieden: Wird die Erhöhung der Arbeitszeit vorübergehend in erheblichem Umfang erhöht, erfordert diese Teilbefristung Gründe, nach denen auch eine Befristung im Rahmen eines gesondert abgeschlossenen Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt wäre. Eine Erhöhung in erheblichem Umfang liege regelmäßig dann vor, wenn sich die Arbeitszeit um mindestens 25 % (bei einer entsprechenden Vollzeittätigkeit) erhöhe. Denn der Umfang der Arbeitszeit diene im Regelfall als Bemessungsgrundlage für die Vergütung und habe daher maßgeblichen Einfluss auf die jeweilige Lebensplanung des Arbeitnehmers.
Eine Ungewissheit auf Seiten des Arbeitgebers über den künftigen Arbeitskräftebedarf reicht nicht aus, um eine befristete Arbeitszeiterhöhung zu rechtfertigen, denn die Ungewissheit von Prognosen gehört zum unternehmerischen Risiko, das der Arbeitgeber trägt und nicht auf den Arbeitnehmer verlagern darf.
2. Erhöhung von Vergütungsbestandteilen
Die Ausführungen zur Erhöhung der Arbeitszeit sind wohl auch auf die vorübergehende Erhöhung von Vergütungsbestandteilen (z.B. Sonderzulagen) übertragbar, was jedoch noch nicht ausdrücklich vom BAG entschieden worden ist. Auch Widerrufsvorbehalte, bei denen bestimmte Leistungen unter den Vorbehalt eines späteren Widerrufs gestellt werden, hält das BAG nur für wirksam, wenn die Erhöhung 25 % der Vergütung nicht überschreitet.
3. Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit
Nicht geklärt ist bisher, ob die Grenze von 25 % auch bei Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gelten soll, wenn nämlich mit der höherwertigen Tätigkeit eine Erhöhung der Vergütung um mehr als 25 % verbunden ist. Entscheidender Beurteilungsmaßstab für die Wirksamkeit einer nur vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit dürfte auch hier – wie auch schon bei der befristeten Arbeitszeiterhöhung – der Vergleich zur Vergütung der bisher dauerhaft ausgeübten Tätigkeit sein. Denn je größer die Differenz zwischen den jeweiligen Vergütungen ist, desto größer ist der Einfluss auf die jeweilige Lebensplanung des Arbeitnehmers.
Häufig wird eine höherwertige Tätigkeit zur Erprobung oder zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers übertragen. Hinsichtlich des sachlichen Grundes der Erprobung (vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TzBfG) sollte dann insbesondere auf die geplante Dauer ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Denn wenn der Arbeitnehmer bereits eine nicht unerhebliche Zeit bei dem Arbeitgeber beschäftigt war und der Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers deshalb ausreichend beurteilen konnte, kann eine nur vorübergehende Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit nicht mit dem Grund der „Erprobung“ gerechtfertigt werden. Die Folge einer unzulässigen Teilbefristung ist, dass der Mitarbeiter die höherwertige Position unbefristet ausüben kann.
Empfehlung/Hinweis
Es ist dringend zu empfehlen, die Umstände, die der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen zu Grunde liegen, immer sorgfältig zu dokumentieren. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Befristung besteht für jeden Einzelfall ein gewisser Beurteilungsspielraum, den der Arbeitgeber nutzen kann, im Streitfall aber auch begründen und beweisen muss. In rein formeller Hinsicht muss der Arbeitgeber bei der Befristung von Arbeitsbedingungen gegenüber dem Arbeitnehmer keinen Grund explizit angeben. Es kommt allein auf das objektive Bestehen des Sachgrundes zum Zeitpunkt der Befristung an.