Neben den üblichen Sachgründen für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) können Arbeitsverhältnisse mit approbierten Ärzten auch dann befristet werden, wenn die Beschäftigung des Arztes der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt dient. Das Bundesarbeitsgericht hat nun mit Entscheidung vom 14. Juni 2017 (Az.: 7 AZR 597/15) klargestellt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Befristung auf der Grundlage dieses Sachgrunds nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung zu rechtfertigen.
Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) liegt ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund unter anderem vor, wenn die Beschäftigung des Arztes der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt dient.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass für eine Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG die beabsichtigte Weiterbildung die Beschäftigung des Arztes prägen muss. Dabei sei nach allgemeinen befristungsrechtlichen Grundsätzen auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Planungen und Prognosen abzustellen, die der Arbeitgeber im Prozess anhand konkreter Tatsachen darzulegen hat. Dazu sei anzugeben, welches Weiterbildungsziel mit welchem nach der anwendbaren Weiterbildungsordnung vorgegebenen Weiterbildungsbedarf für den befristet beschäftigten Arzt angestrebt wurde. Jedenfalls grob umrissen sei darzustellen, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollen. Ein schriftlicher detaillierter Weiterbildungsplan sei jedoch ebenso wenig erforderlich wie die Aufnahme eines solchen Plans in die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
Der Gesetzgeber wollte vor dem Hintergrund der Einführung des „Arztes im Praktikum“ mit dem ÄArbVtrG den Abschluss befristeter Arbeitsverträge erleichtern und so eine stärkere Fluktuation von Ärzten in Krankenhäusern erreichen. Die Möglichkeit einer kontinuierlichen Weiterbildung der Ärzte sollte außerdem eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung dauerhaft sicherstellen. Daher wurde ein zusätzlicher Befristungsgrund für die Beschäftigung approbierter Ärzte in Weiterbildung geschaffen. Nicht unter das Gesetz fallen allerdings Zahnärzte und Tierärzte. Auch für Ärzte, die in Hochschulen oder in Forschungseinrichtungen mit wissenschaftlichen Aufgaben beschäftigt werden, findet das Gesetz keine Anwendung.
Zeitbefristung und Befristungsdauer
Das Gesetz verlangt, dass die Dauer der Befristung kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar ist. Hierdurch sollte erreicht werden, dass sich der Arzt und sein Arbeitgeber bereits bei Vertragsschluss über den genauen Beendigungszeitpunkt verständigen. Sowohl Zweckbefristungen als auch auflösende Bedingungen sind daher unzulässig (zur Unzulässigkeit der Zweckbefristung: BAG, Urteil vom 13.6.2007 – 7 AZR 700/06). Die Befristungsdauer unterliegt zwar der Vereinbarung der Vertragsparteien, ist aber auf maximal acht Jahre begrenzt. Die Befristung muss nach § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich erfolgen. Der Befristungsgrund muss allerdings wie sonst auch nicht genannt werden.
Beschäftigung zum Zwecke der Weiterbildung
Entscheidend ist weiter, dass der Arzt zum Zwecke der Weiterbildung beschäftigt wird. Aus diesem Grund erkennt das Gesetz als Sachgrund nur eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung an, die dem Arzt die für seine Weiterbildung erforderliche Ableistung der jeweiligen Weiterbildungsabschnitte ermöglicht.
Diese Anforderungen hat das Bundesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 14. Juni 2017 konkretisiert.
Bloße Förderung der Weiterbildung reicht nicht
Das Tatbestandsmerkmal der „zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung“ erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, dass die Beschäftigung erfolgt, um eines der in der Vorschrift genannten Weiterbildungsziele erreichen zu können. Weiter muss der Arzt während des Arbeitsverhältnisses die für das jeweilige Weiterbildungsziel erforderlichen Weiterbildungsabschnitte absolvieren können. Eine bloße Förderung der Weiterbildung im Rahmen der befristeten Beschäftigung genügt nicht. Die beabsichtigte Weiterbildung muss daher der im Rahmen des befristeten Arbeitsverhältnisses ausgeübten Beschäftigung des Arztes das Gepräge geben. Die Übernahme anderer Aufgaben ist zwar nicht ausgeschlossen, doch dürfen diese nach zeitlichem Umfang und Intensität das Arbeitsverhältnis nicht insgesamt prägen.
Weiterbildung nach strukturierter Planung nach dem konkreten Weiterbildungsbedarf
Das Bestehen einer zeitlichen und inhaltlichen Struktur der Weiterbildung iSv. § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG verlangt zudem, dass der Beschäftigung des Arztes eine auf seinen konkreten Weiterbildungsbedarf zugeschnittene Planung über die während des Arbeitsverhältnisses zu vermittelnden Weiterbildungsinhalte und die Durchführung der Weiterbildung zugrunde liegt. Dies entspricht dem vom Gesetzgeber mit der Einführung des Tatbestandsmerkmals der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung verfolgten Zweck sicherzustellen, dass der Arzt während des Arbeitsverhältnisses die für seine Weiterbildung erforderlichen Weiterbildungsabschnitte absolvieren kann und dass die Befristungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG nicht für weiterbildungsfremde Zwecke genutzt wird. Ein Sachgrund für die Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG liegt daher nur dann vor, wenn der Arbeitgeber dem weiterzubildenden Arzt die Ableistung erforderlicher Weiterbildungsabschnitte auf der Grundlage einer strukturierten Planung nach dem konkreten Weiterbildungsbedarf ermöglicht. Ein im Detail ausgearbeiteter schriftlicher Weiterbildungsplan ist nicht erforderlich und muss auch nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden.
Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
Bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung des Arztes seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung dient, ist nicht auf die tatsächlich erfolgte Beschäftigung während der Vertragslaufzeit abzustellen, sondern auf die im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrags insoweit bestehenden Planungen und Prognosen. Ist daher bei Vertragsschluss nicht die Prognose gerechtfertigt, dass die beabsichtigte Beschäftigung des Arztes durch eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung zum jeweiligen Weiterbildungsziel geprägt sein wird, besteht kein nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers am Abschluss eines nur befristeten Arbeitsvertrags. Die bei Vertragsschluss bestehenden Planungen und Prognoseüberlegungen hat der Arbeitgeber anhand konkreter Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen.
Angabe des Weiterbildungsziels, der Weiterbildungsordnung, der Weiterbildungsinhalte und des zeitlichen Rahmens
Die vom Arbeitgeber anhand konkreter Tatsachen darzulegenden Planungen und Prognosen haben sich darauf zu beziehen, dass die der inhaltlich und zeitlich strukturierten Weiterbildung dienenden Beschäftigungsinhalte die Tätigkeit des befristet beschäftigten Arztes prägen. Dazu ist anzugeben, welches Weiterbildungsziel mit welchem nach der anwendbaren Weiterbildungsordnung vorgegebenen Weiterbildungsbedarf für den befristet beschäftigten Arzt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angestrebt wurde und jedenfalls grob umrissen darzustellen, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte auf welche Weise in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollen.
Keine alternative Rechtfertigung nach § 14 Abs. 2 TzBfG
Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, lässt sich die Befristung auch nicht als sachgrundlose Befristung rechtfertigen. So findet § 14 Abs. 2 TzBfG keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber in einem mit einem approbierten Arzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag vereinbart, dass die Beschäftigung des Arztes seiner Weiterbildung zu einem der in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungsziele dient. § 1 ÄArbVtrG enthält Sonderregelungen für die Befristung von Arbeitsverträgen zur Weiterbildung von Ärzten, die die Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 TzBfG ausschließen. Lediglich außerhalb der Weiterbildung können angestellte Ärzte nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristet beschäftigt werden.
Fazit
Für eine wirksame Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG muss sich dem Arbeitgebervortrag entnehmen lassen, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses konkrete Überlegungen dazu angestellt hat, welcher Weiterbildungsbedarf nach welcher anwendbaren Weiterbildungsordnung für den Arzt zur Erlangung welchen Weiterbildungsziels besteht und der beabsichtigten Beschäftigung zugrunde liegen soll. Das erfordert Erwägungen dazu, welche Weiterbildungsordnung für die von dem Arzt angestrebte Schwerpunktbezeichnung Anwendung findet und welche Anforderungen danach bestehen. Die erforderlichen Weiterbildungsinhalte und der zeitliche Rahmen sind grob zu skizzieren. Weiterhin müssen in die Planungen einer zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung für die Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung die von dem Arzt bei anderen Arbeitgebern bereits absolvierten Weiterbildungszeiten und -inhalte einbezogen werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, scheidet eine Befristung nach dem ÄArbVtrG aus.