Dass Auszubildende nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung im Ausbildungsbetrieb übernommen werden sollen, ist glücklicherweise eher der Regelfall. Allerdings gibt es verschiedene Konstellationen, in denen arbeitgeberseitig (zunächst) nur die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses gewünscht ist. Dies ist gem. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auch ohne Sachgrund möglich, da das vorangegangene Ausbildungsverhältnis kein „Arbeitsverhältnis“ im Sinne der Vorschrift ist und daher kein Verstoß gegen das Vorbeschäftigungsverbot vorliegt. Wird die/der Auszubildende allerdings nach bestandener Abschlussprüfung vor Abschluss eines Arbeitsvertrags weiterbeschäftigt, kann über die Regelung des § 24 BBiG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis fingiert werden. Mit den Voraussetzungen der Fiktion nach § 24 BBiG hatte sich das BAG in seiner Entscheidung vom 20. März 2018 (9 AZR 479/17) genauer auseinanderzusetzen, aus welcher sich wertvolle Praxishinweise ableiten lassen.
Der Sachverhalt
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt stritten der Arbeitnehmer (der seine Ausbildung im Betrieb abgeschlossen hatte) und der Arbeitgeber darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung geendet hatte oder unbefristet fortbesteht. Der vorangegangene Ausbildungsvertrag sah eine Laufzeit bis zum 31. August 2014 vor.
Nachdem der Auszubildende am 22. August 2014 seine Prüfung erfolgreich abgelegt hatte, erhielt er unter dem 25. August 2014 ein von seiner betrieblichen Ausbildungsleiterin mit „im Auftrag“ unterzeichnetes Bestätigungsschreiben mit folgendem Inhalt:
„… mit diesem Schreiben bestätige ich Ihnen, dass Sie in der Zeit von 1.9.2011 bis zum 29.8.2014 Auszubildender der Kreisverwaltung Landkreis O waren. Die Abschlussprüfung haben Sie am 22.8.2014 erfolgreich bestanden. Die Ausbildung endet mit der Zeugnisausgabe am 29.8.2014. …“
Der Auszubildende wurde dann noch vom 25. bis zum 29. August 2014 im Ausbildungsbetrieb tätig und erhielt für diese Zeit die Ausbildungsvergütung gem. Ausbildungsvertrag. Im Anschluss schlossen die Parteien unter dem 29.8.2014 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 30. August 2014 bis zum 29. August 2015, welcher im Nachgang um ein Jahr verlängert wurde.
Arbeitnehmer beruft sich auf § 24 BBiG
Der Arbeitnehmer hat mit einer Entfristungsklage nunmehr geltend gemacht, der sachgrundlosen Befristung zum 29.8.2016 stehe das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG entgegen. Durch seine Weiterbeschäftigung nach Bestehen der Abschlussprüfung sei nach § 24 BBiG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden.
Seiner Auffassung nach setze die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses nach § 24 BBiG nicht die Kenntnis des Arbeitgebers vom Bestehen der Abschlussprüfung voraus. Der Arbeitgeber hat unter anderem eingewandt, dass er den ehemaligen Auszubildenden in der Zeit vom 25. bis zum 29. August 2014 jedenfalls nicht in Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beschäftigt habe.
Die Entscheidung des BAG
Das ArbG hatte der Klage stattgegeben, wohingegen das LAG auf die Berufung des Arbeitgebers hin das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen hat.
Das BAG gab nunmehr der Revision des Arbeitnehmers und damit der Entfristungsklage statt, da die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf des 29.8.2016 aufgrund des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unwirksam sei. Durch die Beschäftigung ab dem 25. August 2014 sei zwischen den Parteien nach § 24 BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden.
Vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses
Ungeachtet der Laufzeit des Ausbildungsvertrags endet das Berufsausbildungsverhältnis gem. § 21 BBiG bereits vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, falls der Auszubildende die Abschlussprüfung besteht. Dieses vorzeitige Ende der Ausbildungszeit tritt aber nur ein, wenn das Prüfungsverfahren nicht nur abgeschlossen, sondern dem Auszubildenden das Ergebnis der Prüfung auch mitgeteilt worden ist.
Wird der Auszubildende dann im Betrieb weiterbeschäftigt, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, gilt gem. § 24 BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.
Kenntnis der vertretungsberechtigten Person erforderlich
Das BAG stellt in diesem Zusammenhang allerdings klar, dass die Fiktion nach § 24 BBIG erst dann eintritt, wenn der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat bzw. von einer nicht gewollten Weiterarbeit des Auszubildenden erfährt und dieser nicht unverzüglich widerspricht.
Auch wenn dieses subjektive Tatbestandsmerkmal dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, sei die Regelung nach dem BAG entsprechend auszulegen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ergebe sich insbesondere aus dem Bestätigungsschreiben eine Indizwirkung für die Kenntnis des vertretungsberechtigten Landrats über das Bestehen der Abschlussprüfung. Diese Indizwirkung konnte der Arbeitgeber nicht entkräften, was zur Stattgabe der Klage führte.
Praxishinweise
Sollen Auszubildende nach Beendigung der Ausbildung nicht oder nur befristet übernommen werden, sind folgende Aspekte zu beachten:
- Wird die/der Auszubildende nach Beendigung der Ausbildung (die nach § 21 BBIG auch vorzeitig mit der Bekanntgabe des positiven Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss eintreten kann) ohne ausdrückliche Vereinbarung weiter tätig, kann gem. § 24 BBIG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. Ein Tätigwerden auf Basis des (befristeten) Ausbildungsvertrags ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
- Vermieden werden kann eine solche Rechtsfolge beispielsweise damit, dass der/dem Auszubildenden vor der Prüfung schriftlich mitgeteilt wird, dass das Ausbildungsverhältnis mit Bestehen der Prüfung endet, eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nicht stattfindet und eine Weiterbeschäftigung abgelehnt wird. Erlangt eine vertretungsberechtigte Person im Anschluss Kenntnis über eine dennoch erfolgende Tätigkeit, ist diese unmittelbar zu unterbinden.
- Soll die/der Auszubildende (zunächst) befristet übernommen werden, ist der entsprechende Arbeitsvertrag gem. § 14 Abs. 4 TzBfG vor Aufnahme der Tätigkeit (auch im Sinne des § 24 BBIG) schriftlich abzuschließen.