Unternehmen müssen ihren Beschäftigten ab dem 1. Oktober 2022 mindestens 12 € pro Stunde zahlen. Bereits zum 1. Juli 2022 wurde der Mindestlohn auf 10,45 € angehoben. Daher kann Handlungsbedarf bei der Vertragsgestaltung insbesondere für „450-Euro-Jobs“ bestehen.
Mindestlohnerhöhungen sind für viele Unternehmen und Beschäftigte relevant: Rund 22 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland werden auf Mindestlohnbasis vergütet. Der gesetzliche Mindestlohn gilt – mit wenigen Ausnahmen – für alle Beschäftigten.
Was gilt für Minijobs?
Die Erhöhung des Mindestlohns gilt unabhängig von dem Umfang der Beschäftigung und ist insbesondere bei Minijobs relevant. Denn bei gleichbleibender Stundenzahl konnte die bisherige Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs in Höhe von 450 € schnell überschritten werden – mit entsprechenden lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen.
Aber: Der Gesetzgeber hat endlich einmal mitgedacht. Zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 € zum 1. Oktober 2022 wird auch die Geringfügigkeitsgrenze auf 520 € angehoben.
Und noch ein weiterer Punkt ist neu: Die Geringfügigkeitsgrenze ist zukünftig dynamisch ausgestaltet. Sie orientiert sich stets an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Misslich an der bisherigen gesetzlichen Regelung war, dass jede Mindestlohnerhöhung angesichts der bisher starren 450-Euro-Grenze zu einer Verringerung der maximal im Rahmen eines Minijobs möglichen regelmäßigen Arbeitszeit führte.
Überschreitungen gesetzlich geregelt
Die Geringfügigkeitsgrenze darf künftig höchstens zweimal pro Abrechnungsjahr überschritten werden (vorher bis zu dreimal pro Jahr). Der Hinzuverdienst darf zudem einen Betrag in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten. Maximal ist danach zukünftig also zwei Mal pro Abrechnungsjahr ein Verdienst von bis zu 1.040 € pro Monat möglich. Im begründeten Ausnahmefall kann der Jahresverdienst also bis zu 7.280 € betragen – die Unvorhersehbarkeit der Überschreitungen vorausgesetzt.
Bestandsschutzregelungen beachten
Der Gesetzgeber hat in jedem Versicherungszweig übergangsweise Bestandsschutzregelungen geschaffen. Versicherungspflichtig Beschäftigte, die zum Stichtag 30. September 2022 eine Vergütung zwischen 450 und 520 € erhalten, gelten bis zum 31. Dezember 2023 weiterhin als versicherungspflichtig beschäftigt. Allerdings kann die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt werden.
Handlungsbedarf für Unternehmen
Vor dem Hintergrund dieser Änderungen setzen sich derzeit viele Unternehmen mit ihren „450-Euro-Verträgen“ auseinander. Die wöchentliche Arbeitszeit zahlreicher geringfügig Beschäftigter musste aufgrund des gestiegenen Mindestlohns bereits zum 1. Juli 2022 reduziert werden, um die Geringfügigkeitsgrenze einzuhalten. Insbesondere in älteren Arbeitsverträgen können noch feste, darüberhinausgehende Arbeitszeiten vereinbart sein. Für die Konstellation des Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze hat der Gesetzgeber keine Übergangsvorschriften vorgesehen, sodass Handlungsbedarf besteht.
Für Änderungen der Wochenarbeitszeit gilt: Diese müssen einvernehmlich umgesetzt werden. Dies kann z.B. durch eine Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag erreicht werden.
Anpassung der Verträge und Vertragsmuster
Angesichts der dynamischen Verknüpfung zwischen Mindestlohn und Geringfügigkeitsgrenze ab 1. Oktober 2022 ergibt sich für viele Unternehmen auch ein Anpassungsbedarf für die künftige Vertragsgestaltung. Zur Einhaltung der Geringfügigkeitsgrenze sollte eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden nicht überschritten werden. Im Hinblick auf das monatliche Bruttoentgelt bietet sich eine dynamische Verweisung auf die gesetzlichen Regelungen an.
Eine Beteiligung des Betriebsrats dürfte insoweit nicht erforderlich sein (vgl. unseren Beitrag vom 13. Juli 2021).
Auch weniger als zehn Wochenstunden möglich
Sollen Mitarbeiter in einem geringeren Umfang als zehn Wochenstunden eingesetzt werden, bietet es sich an, anstelle eines Verweises auf die Geringfügigkeitsgrenze den Stundenlohn an den jeweils aktuellen Mindestlohn zu koppeln.
Fazit und Ausblick
Der steigende Mindestlohn sorgt bei Unternehmen für Handlungsbedarf. Aus dem „450-Euro-Job“ wird der „520-Euro-Job“. Die Einhaltung dieser Grenze liegt hierbei ebenso im Interesse der Beschäftigten wie im Interesse des Arbeitgebers. Daher dürften sich für Anpassungen bei bestehenden Arbeitsverträgen einvernehmliche Lösungen anbieten. Unternehmen sollten ihre Vertragsmuster anpassen, damit auch kommende Mindestlohnerhöhungen keine Probleme bereiten.
Zukünftige Erhöhungen des Mindestlohns erfolgen weiterhin auf Vorschlag der Mindestlohnkommission, erstmals wieder mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Dann wird auch die Geringfügigkeitsgrenze „mitwachsen“. Mit vorausschauender Vertragsgestaltung können sich Unternehmen schon jetzt darauf einstellen.