Arbeitgeber befinden sich bei Weiter- bzw. Fortbildungswünschen von Arbeitnehmern häufig in einer schwierigen Situation: Auf der einen Seite möchten sie Fortbildungswünschen adäquat nachkommen und den Arbeitnehmer individuell fördern. Auf der anderen Seite steht zu befürchten, dass teils teure Fortbildungsprogramme finanziert werden und der Arbeitnehmer alsbald nach erfolgreichem Ablegen der entsprechenden Prüfungen das Arbeitsverhältnis beendet. Um das finanzielle Risiko zu minimieren und den Arbeitnehmer möglichst von einer Eigenkündigung abzuhalten, werden Rückzahlungsvereinbarungen getroffen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, wie eine jüngere Entscheidung des BAG zeigt.
Der Fall
Eine Steuerberater- und Wirtschafsprüferkanzlei verklagte eine ehemalige in der Kanzlei angestellte Buchhalterin auf Rückzahlung von Fortbildungskosten in Höhe von 4.083,93 Euro. Dabei handelte es sich um Lehrgangs- und Anmeldegebühren für die Ablegung der Steuerberaterprüfung. Die Beklagte nahm ab August 2017 an einem „Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2018/2019“ teil. Im Dezember 2017 schlossen die Parteien einen Fortbildungsvertrag, nach welchem sich die Klägerin verpflichtete, die Vorbereitung auf das Examen mit maximal 10.000 Euro zu fördern.
Die von der Kanzlei als AGB vorformulierte Klausel des § 5 des Fortbildungsvertrages sah eine Erstattungspflicht durch die Beklagte vor, sofern die Arbeitnehmerin (Nr. 1) die Kanzlei binnen 24 Monaten nach bestandenem Examen verlässt, (Nr. 2) die Kanzlei binnen 24 Monaten nach nicht bestandenem Examen verlässt oder (Nr. 3) das Examen wiederholt nicht ablegt, wobei für den dritten Fall Härtefälle wie Dauererkrankungen ausgenommen wurden. Außerdem wurde geregelt, dass eine Rückzahlungspflicht auch entstehe, wenn die Arbeitnehmerin das Unternehmen durch eine Eigenkündigung oder verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers verlasse. Zwischen 2018 und 2020 trat die Arbeitnehmerin nicht zur Prüfung an und kündigte schließlich zum Juni 2020 ihr Arbeitsverhältnis. Die klagende Arbeitgeberin forderte daraufhin die Erstattung der Fortbildungskosten und hatte damit in erster und zweiter Instanz auch Erfolg. Das BAG hob die Urteile der Vorinstanzen jedoch auf und wies die Klage ab.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG (Urteil vom 25. April 2023 – 9 AZR 187/22) wies die Klage mit der Begründung ab, dass es sich bei den im Fortbildungsvertrag getroffenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Hierbei sollen die berechtigten Interessen beider Seiten wechselseitig berücksichtigt werden.
Dabei hat das BAG zunächst festgestellt, dass eine Kostenbeteiligung von Arbeitnehmern bei Abbruch von Fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich zulässig ist. Es komme dabei jedoch auf die genaue Gestaltung einer solchen Regelung an. Rückzahlungsverpflichtungen, die an ein wiederholtes Nichtablegen der angestrebten Prüfung anknüpften, könnten einen unangemessenen Bleibedruck auf Arbeitnehmer ausüben. Dieser stehe in direktem Widerspruch zu der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers die nach Art. 12 GG geschützt ist.
Das BAG störte sich an der vorliegenden Rückzahlungsklausel, da die Rückzahlungspflicht lediglich an das wiederholte Nichtablegen der Prüfung knüpfte, ohne die Gründe für das Nichtablegen näher zu beleuchten. Darüber helfe auch die in § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages verankerte Härtefallregelung nicht hinweg, da diese nicht als Generalklausel verstanden werden könne und sie auch nicht alle entscheidenden – sondern nur die explizit genannten – Konstellationen erfasse. Konkret rügte das BAG, dass die Klausel eine Ausnahme für den Fall einer durch ein Fehlverhalten des Arbeitgebers (mit)veranlasste Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer hätte vorsehen müssen, da anderenfalls eine Rückzahlungspflicht in den Fällen bestünde, in denen der Arbeitnehmer das Examen deshalb wiederholt nicht ablegt, weil ihm die Fortführung des Arbeitsverhältnisses auf Grund eines arbeitgeberseitigen Fehlverhaltens nicht mehr zumutbar ist und er es deshalb beendet. Dies erachtete das BAG als unangemessen.
Auf die Gründe für das Nichtablegen der Prüfung durch die Arbeitnehmerin kam es für die Wirksamkeit der Rückzahlungspflicht nach Auffassung des BAG nicht an, da die §§ 305 ff. BGB bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln missbilligten.
Einordnung der Entscheidung
Das BAG schafft mit dem Urteil weitere Rechtssicherheit dahingehend, ob und inwieweit Rückzahlungsklauseln als Absicherung von Fortbildungskosten zulässig sind. Es bewegt sich auch mit der aktuellen Entscheidung im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach Rückzahlungsklauseln grundsätzlich zulässig sind, jedoch die Anforderungen an die Wirksamkeit solcher Klauseln recht hoch sind.
Praxishinweise
Die Verwendung von Rückzahlungsklauseln in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Arbeitgeber sind weiterhin risikobehaftet, da diese erst die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung gem. §§ 305 ff. BGB eröffnen. Beim Aufsetzen entsprechender Vereinbarungen ist daher stets Vorsicht geboten und Rückzahlungsvereinbarungen sollten möglichst im Vorfeld rechtlich überprüft werden. Möchten Arbeitgeber einen möglichen Rückzahlungsanspruch erfolgreich durchsetzen, empfehlen sich individuell ausgehandelte Fortbildungsvertragsabreden zwischen den Parteien. Dies erfordert jedoch, dass beide Parteien bereit sind, eine vertragliche Einigung herbeizuführen