Mit der Veröffentlichung der Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpI-VgV) endet ein wahrer Marathonlauf des Verordnungsgebers, bei dem man schon geneigt war, daran zu zweifeln, ob er überhaupt noch ins Ziel kommen würde. Die gute Nachricht ist: schon gut dreieinhalb Jahre (!) nach Inkrafttreten des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) ist die Verordnung da, die eigentlich zeitgleich mit ihm erscheinen sollte – zwei Konsultationsrunden der BaFin, reichlich Feedback der Interessenverbände und einiges an Frustration der Praxis später.
Zur Erinnerung: Die Verordnung konkretisiert die Anforderungen des WpIG für sogenannte Mittlere Wertpapierinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG). Analog zur weitaus bekannteren IVV (Institutsvergütungsverordnung) für Kreditinstitute regelt sie die Anforderungen an die Vergütungsgestaltung allgemein sowie von bestimmten sogenannten Risikoträgern. Ziel der Verordnung ist, eine langfristige, nachhaltige und „gesunde“ Vergütungspolitik zu befördern und das Eingehen unvernünftiger Risiken (die Finanzkrise lässt grüßen) zu verhindern. Wer die IVV kennt, entdeckt in der neuen Regelung viele Parallelen – aber auch einige Unterschiede, die dem unterschiedlichen Risikoprofil der Institute geschuldet sind.
Wie genau sie die Vergütungen in diesem Sinne regeln sollten, konnten die der Neuregelung nun unterworfenen Institute für mehrere Jahre nur erahnen bzw. sich anhand der Konsultationsfassungen auf die finale Fassung vorbereiten. Daher stellt sich nun natürlich die Frage: Was hat sich noch auf den „letzten Metern“ geändert? Die gute Nachricht ist: das Rad muss nicht neu erfunden werden.
Neben einer Anzahl überschaubarer Änderungen, die bloß eine Klarstellung von Formulierungen, Präzisierung von Gesetzesverweisen oder aber eine Änderung der „Hausnummern“ betreffen, gibt es auch eine Handvoll materieller Unterschiede zur letzten Konsultationsfassung der BaFin.
- Die wichtigste Antwort zuerst – nämlich auf die Frage, ab wenn Institute denn mit den neuen Regelungen compliant sein müssen: Die finale Regelung bietet die Antwort in Form einer Übergangsvorschrift (§ 19 WpIVgV) – die (wesentlichen) neuen Regelungen der Verordnung gelten erstmalig ab dem Geschäftsjahr, das auf ihr Inkrafttreten (12. Januar 2024) folgt. Mit anderen Worten: ein kleines „nachträgliches Weihnachtsgeschenk“ der BaFin, nicht noch kurz vor Toresschluss in 2023 zu veröffentlichen, da die meisten Institute, die als Geschäftsjahr das Kalenderjahr haben, so erst ab 01.01.2025 compliant sein müssen und damit noch ausreichend Umsetzungszeit verbleibt.
- Nur unwesentlich angepasst wurden die Regelungen zum Schwellenwert für besonders hohe variable Vergütungen. Neu ist hier, dass die Institute einen solchen Wert zwingend festlegen müssen, der nicht höher liegen darf als EUR 500.000 (§ 8 Abs. 5 WpI-VgV).
- Wesentliche Änderungen finden sich in den praxisrelevanten Regelungen für Institutsgruppen:
-
- Gruppenrisikoträger sind entsprechend den Vorgaben der Verordnung zu behandeln (§ 2 Abs. 14, § 18 Abs. 2 WpI-VgV). Das bringt Klarheit insbesondere für gemischte Institutsgruppen (Mutter: Bank, Tochter: Wertpapierinstitut).
- Aber: Die Regelungen der § 18 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WpI-VgV gelten nicht für nachgeordnete Unternehmen, der EU-ausländischer (anderer) Regulatorik unterworfen ist; sehr relevant für internationale Gruppen.
Es obliegt nun den Instituten, die neuen Regelungen umzusetzen (bzw. jedenfalls auf eine Umsetzung im Rahmen ihrer Möglichkeiten hinzuwirken, § 16 WpI-VgV). Dabei müssen diese insbesondere mit den (gegenüber der Konsultationsfassung verbliebenen) Unschärfen und Unklarheiten umgehen.
Eine vollständige Synopse der 2. Konsultationsfassung vs. der final bekanntgemachten Fassung haben wir für unsere Mandanten als Service erstellt und wollen sie auch Ihnen natürlich nicht vorenthalten. Sie finden das Dokument hier (PDF).