„Wir kiffen, wir kiffen, wir kiffen…“ – hat Stefan Raab im Jahr 2001 gesungen. Fast ein Vierteljahrhundert später ist das Lied nicht nur Kult, sondern auch aktueller denn je. Seit dem 1.4.2024 ist das „Kiffen“ in Deutschland teilweise legalisiert. Dazu passend hat Stefan Raab sein Comeback angekündigt – ob wegen der Legalisierung, bleibt offen. Doch bevor wir alle in Raabsche Gesangsfreuden ausbrechen und uns in eine Wolke aus süßlichem Rauch hüllen, sollten wir uns fragen: Was bedeutet das eigentlich für das Arbeitsrecht? Denn so sehr wir auch den Refrain mitsingen mögen, am Arbeitsplatz gilt: „Wir kiffen“ – eher nicht!
Cannabis am Arbeitsplatz: Erlaubt oder verboten?
Obwohl der Besitz von Cannabis nun (bis zu bestimmten Grenzwerten) legal ist, bedeutet dies nicht, dass Arbeitnehmer unter dem Einfluss von Cannabis arbeiten dürfen. Arbeitgeber können von ihren Mitarbeitern verlangen, dass sie ihre Arbeit nicht unter Drogeneinfluss verrichten, um eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Wenn weder durch Gesetz noch durch eine entsprechende arbeitgeberseitige Anordnung ein absolutes (betriebliches) Drogenverbot zum Tragen kommt, ist Cannabiskonsum zunächst nicht per se verboten. Dies gilt für die Zeit vor Arbeitsantritt, für die Pausen und für die Arbeitszeit selbst. Maßgeblich ist immer, ob der Arbeitnehmer noch in der Lage ist, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Sorgfalt nachzukommen. Dies ist vergleichbar dem Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz. Gesetzliche Verpflichtungen kommen zum Tragen etwa hinsichtlich der Fahrtauglichkeit bei Berufskraftfahrern bzw. in Bezug auf Berufe, bei denen Fürsorgepflichten gegenüber Dritten ausgeübt werden, etwa in Kindergärten, Schulen oder Pflegeeinrichtungen.
Konsequenzen bei Cannabismissbrauch
Konsumiert ein Mitarbeiter unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder Arbeitgeberweisungen Cannabis oder ist er aufgrund Cannabiskonsums außerstande, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, stehen dem Arbeitgeber die üblichen arbeitsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei wird jedoch vor allem der Nachweis des Konsums Arbeitgeber vor Problemen stellen können. In der Regel wird zunächst eine Abmahnung auszusprechen sein. Gerade im sicherheitskritischen Bereich, wenn es z.B. um das Führen von Fahrzeugen geht, kann unter Umständen aber auch eine (außerordentliche) Kündigung in Betracht kommen. Abzuwarten ist, ob es hier zu einer vergleichbaren Rechtsprechungsentwicklung wie zum Thema Alkohol kommen wird, mithin zu einer Differenzierung zwischen verhaltensbedingtem und personenbedingtem Kündigungsgrund, abhängig davon, ob ein krankhafter Zustand bereits vorliegt. Problematisch kann außerdem der Versicherungsschutz sein. Wenn ein unter Drogen stehender Mitarbeiter einen Unfall hat, verweigert die Versicherung möglicherweise die Zahlung.
Fürsorgepflicht
Arbeitgeber können zudem aufgrund der ihnen obliegenden Fürsorgepflicht gehalten sein, offenkundig unter Drogeneinfluss stehende Mitarbeiter zeitweise von ihrer Arbeitspflicht freizustellen. Beschäftigt ein Arbeitgeber wissentlich nicht arbeitsfähige Arbeitnehmer und kommt es zu einem Unfall, kann dies strafrechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber nach sich ziehen (§ 15 Abs. 2 DGUV).
Regelungsmöglichkeiten
Wer als Arbeitgeber klare Verhältnisse schaffen möchte, sollte Cannabiskonsum im Betrieb gänzlich verbieten. Betriebliche Regelungen können Arbeitgeber über Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen über den Umgang mit Cannabis im Betrieb treffen. Ein bestehender Betriebsrat ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu beteiligen. In vielen Betrieben existieren bereits Regelungen zum Drogen- und Alkoholkonsum, die nun überprüft und ggf. angepasst werden sollten. Für die Freizeit dürfen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern den Konsum hingegen nicht untersagen, solange sie bei Arbeitsbeginn wieder vollumfänglich einsatzbereit sind. Ausnahmen sind denkbar, wenn Arbeitnehmer in der Freizeit mit Uniform oder sonstiger Dienstkleidung unterwegs sind, die auf den Arbeitgeber schließen lässt.
„Vertrauen ist gut, Kontrolle besser“ – Drogentests am Arbeitsplatz
Grundsätzlich stellt die Durchführung von nicht anlassbezogenen Drogentests einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. in das Recht auf körperliche Unversehrtheit dar, abhängig von der Art des Tests. Ein solcher Test ist nur mit Einwilligung des Arbeitnehmers möglich, die im Sinne des § 26 Abs. 2 BDSG freiwillig sein muss. Der Arbeitnehmer muss zuvor über die Durchführung, den Zweck und die Konsequenzen des Tests aufgeklärt werden. Arbeitsvertraglich kann ein Arbeitnehmer zu Drogentests verpflichtet werden, wenn der Arbeitgeber daran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses wird im Zweifel jedoch nur dann zu bejahen sein, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen und der Arbeitnehmer in einem sicherheitskritischen Bereich arbeitet. Die mit der Durchführung von Drogentests verbundene Erhebung von Gesundheitsdaten unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die Ergebnisse des Tests müssen vertraulich behandelt und dürfen nur für den Zweck verwendet werden, für den sie erhoben worden sind.
Fazit
Die Legalisierung von Cannabis wirkt sich auch auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen aus. Arbeitgeber sind gut beraten, vorsorgliche Regelungen zum Umgang mit Cannabis im Betrieb zu treffen bzw. bestehende Regelungen, etwa im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, zu prüfen und bei Bedarf anzupassen.