Die Koalition plant das Kurzarbeitergeld bei Re-Qualifizierung zu verlängern. Das geht aus dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses vom 29. Januar 2020 hervor. Auch soll der Einsatz von Kurzarbeitergeld in Industriebranchen mit schweren Strukturproblemen erleichtert werden. Die Koalition will damit auf die unbeständige konjunkturelle Lage und den absehbaren Strukturwandel auf im Zuge der zunehmenden Digitalisierung des Arbeitsmarktes reagieren. Im Folgenden informieren wir über die wichtigsten Ideen im Hinblick auf das Thema Kurzarbeitergeld.
Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 24 Monate bei Weiterbildung
Bereits nach geltendem Recht kann die Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 12 Monaten durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate verlängert werden – allerdings nur, wenn „außergewöhnliche Verhältnisse“ auf dem gesamtdeutschen Arbeitsmarkt vorliegen. Daran soll auch künftig festgehalten werden. Ausweislich des Beschlusspapiers des Koalitionsausschusses soll die Bundesregierung nun allerdings befristet auf drei Jahre ermächtigt werden, zur Abfederung von Krisensituationen in einzelnen Industriebranchen kurzfristig die Regelungen des Kurzarbeitergeldes anzupassen. Die Bundesregierung kann dann durch Verordnung vorsehen, dass
- bei lang anhaltendem erheblichen Arbeitsausfall die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds auf bis zu 24 Monate verlängert wird, wenn während der Kurzarbeit eine für die weitere Beschäftigung im Betrieb oder auf dem für die Beschäftigten in Betracht kommenden Arbeitsmarkt zweckmäßige Weiterbildung stattfindet.
- bei Weiterbildung der betroffenen Beschäftigten für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden (Gewährung von Urlaub; Abbau von Überstunden) verzichtet wird, wenn eine Beschäftigtengruppe auf vergleichbaren Arbeitsplätzen auf Grund außergewöhnlicher Verhältnisse von Arbeitsausfall betroffen ist.
- unter denselben Voraussetzungen vom sog. Drittelerfordernis abgesehen werden soll. Das Drittelerfordernis sieht vor, dass Kurzarbeitergeld nur dann gezahlt wird, wenn der Arbeitsausfall einen Mindestumfang aufweist. So muss im jeweiligen Kalendermonat für mindestens ein Drittel der in dem Betrieb oder der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmer jeweils mehr als 10 % des monatlichen Bruttoentgelts infolge des Arbeitsausfalls entfallen.
- bei Weiterbildung der betroffenen Beschäftigten, die Sozialversicherungsbeiträge hälftig übernommen werden können.
Bewertung und Fazit
Auch wenn derzeit noch kein Rückfall in die Zeiten der Massenarbeitslosigkeit droht, sollte die Politik den Arbeitsmarkt weiter wetterfest machen. Bei einem weiteren Abrutschen der Konjunktur sind erweiterte Kurzarbeiterregelungen, wie sie das Beschlusspapier des Koalitionsausschusses vorsieht, sinnvoll. Insbesondere die Möglichkeit, Phasen der Kurzarbeit mit der Weiterbildung und der gezielten Förderung der Re-Qualifizierung der Mitarbeiter zu verbinden, wird den Unternehmen einen guten Anreiz bieten, ihre Mitarbeiter für neue Herausforderungen infolge der Digitalisierung, Energiewende und E-Mobilität vorzubereiten. Damit sind Qualifizierungsbetriebe bei Lohnabsenkung möglich, doch wird man die Reputationsnachteile von „Kurzarbeit“ in Kauf nehmen müssen. Für Großunternehmen mag das in der Strukturwende hinnehmbar sein. Im Mittelstand, der nach wie vor verzweifelt Fachkräfte sucht, ist der Stempel „Kurzarbeit“ aber gesetzgeberisch verheerend. Hier wäre eine Umbenennung in „Qualifizierungszeit“ besser. Berlin ist ja auch sonst kreativ bei der „Benamsung“ von neuen Gesetzen.
(vgl. zu den Voraussetzungen der Kurzarbeit und des Kurzarbeitergeldes unseren Blogbeitrag vom 31. Juli 2019)
(vgl. zum Thema Qualifizierungsbetriebe unseren Blogbeitrag vom 10. Januar 2019)