Der Betriebsrat zieht bei Restrukturierungen häufig einen Rechtsanwalt für Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen hinzu. Nicht selten streitig ist, ob hierfür die Vereinbarung eines Stundenhonorars erforderlich ist und ob eine Erstattungspflicht des Unternehmens besteht. Die Leitlinien der Rechtsprechung geben eine Orientierung, wobei Unternehmen gut beraten sind, auch strategische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wir zeigen nachfolgend die relevanten Leitlinien.
Kostentragungspflicht
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht vor, dass der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt (§ 40 Abs. 1 BetrVG). Dazu können Honorarkosten für einen Rechtsanwalt gehören, den der Betriebsrat zur Durchsetzung oder Ausübung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte heranzieht. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan gehören grundsätzlich zu den betriebsverfassungsrechtlichen Rechten.
Indizien für Erforderlichkeit
Der Arbeitgeber ist jedoch nur dann zur Übernahme eines Honorars für den Rechtsanwalt des Betriebsrats verpflichtet, wenn der Betriebsrat die Hinzuziehung für erforderlich halten darf. Für Interessenausgleichsverhandlungen wird die Erforderlichkeit abhängig von der Unternehmensgröße (ab 300 Arbeitnehmer) teils gesetzlich jedenfalls für Interessenausgleichsverhandlungen angenommen (§ 111 Satz 2 BetrVG).
Aber auch ohne die Erreichung dieses Schwellenwerts bejaht die Rechtsprechung i.d.R. die Erforderlichkeit anwaltlicher Unterstützung des Betriebsrats bei der Führung von Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen, insbesondere bei großen Restrukturierungsmaßnahmen. Dies im wesentlichen mit dem Argument, dass es bei hierbei oftmals um komplexe Rechtsfragen gehe. Auch kann das Verhalten des Arbeitgebers ein Indiz für die Erforderlichkeit sein. Lässt er sich beispielsweise in den Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen durch einen Rechtsanwalt vertreten, ist dies nach Ansicht des BAG ein Anzeichen dafür, dass die Regelungsmaterie mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden ist.
Grundsatz: Nur gesetzliche Gebühren nach RVG erstattungsfähig
Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2016 (Az. 7 ABR 8/15) klargestellt, dass der Betriebsrat im Hinblick auf das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht die Erteilung einer Stundenhonorarzusage, die zu höheren Kosten als den gesetzlichen Gebühren (RVG) führt, grundsätzlich nicht für erforderlich halten darf. Kann der Betriebsrat nicht einschätzen, ob die gesetzlichen Gebühren überschritten werden, hat er nach der Rechtsprechung des BAG von der Stundenhonorarzusage abzusehen. Insofern greift der allgemein vom Betriebsrat zu beachtende Grundsatz, dass unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten die für den Arbeitgeber kostengünstigere zu wählen ist.
Ausnahme: Stundenhonorar
Ein Stundenhonorar für die anwaltliche Vertretung des Betriebsrats bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen muss nach der Rechtsprechung des BAG folglich nur in Ausnahmefällen vom Arbeitgeber erstattet werden. Ein solcher liegt vor, wenn der Arbeitgeber mit der Stundenhonorarzusage einverstanden ist oder in der Vergangenheit bei gleich gelagerten Sachverhalten die Erteilung einer solchen Zusage akzeptiert hat. Ein Ausnahmefall kann auch dann vorliegen, wenn der Verhandlungsgegenstand eine spezielle Rechtsmaterie betrifft, der vom Betriebsrat ausgewählte, über die entsprechenden Spezialkenntnisse verfügende Rechtsanwalt zur Übernahme des Mandats nur bei Vereinbarung eines Stundenhonorars bereit ist und der Betriebsrat keinen vergleichbar qualifizierten Rechtsanwalt zu günstigeren Konditionen findet.
Strategische Überlegungen sinnvoll
Bei anstehenden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen kann es für den Arbeitgeber im Einzelfall ratsam sein, ein Stundenhonorar mit dem vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalt zu vereinbaren. Denn gerade bei großen Restrukturierungsmaßnahmen mag das Honorar des Rechtsanwalts nach den gesetzlichen Gebühren (RVG) im Einzelfall sogar höher ausfallen, als bei einem vereinbarten Stundenhonorar. Zudem bietet eine Honorarvereinbarung bei guter Gestaltung zahlreiche Möglichkeiten, um den Verhandlungsprozess zu Interessenausgleich und Sozialplan im Sinne des Unternehmens zu beeinflussen (Caps, Pauschalen, bestimmte Abrechnungsmodalitäten).
Teils bessere Planbarkeit bei Stundenhonorar
Ferner ist die Ungewissheit bzgl. der Abrechnung des Honorars nach den gesetzlichen Gebühren auch für den Arbeitgeber höher, als bei der Zusage eines Stundenhonorars. Schließlich liegen für die Bestimmung des Gegenstandswerts, nach dem sich die gesetzlichen Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei außergerichtlichen Verhandlungen über arbeitsrechtliche, insbesondere betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten berechnen, in der Rechtsprechung und Literatur keine systematischen Berechnungsgrundsätze vor. Vielmehr erfolgt die Bestimmung des Gegenstandswerts bei Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen vornehmlich nach billigem Ermessen bzw. nach Schätzung (§ 23 Abs. 3 S. 2 RVG) unter Berücksichtigung der Bedeutung, des Umfangs und des Schwierigkeitsgrades der Angelegenheit sowie weiterer Anhaltspunkte. Teils bestehen regionale Besonderheiten, die es je zu berücksichtigen gilt.
Dies führt mitunter dazu, dass Streit zwischen den Betriebsparteien über die Höhe des Gegenstandswerts und damit über die Höhe der anwaltlichen Vergütung besteht. Erfolgt keine Einigung, muss die Höhe der anwaltlichen Vergütung in einem auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten gerichteten arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ermittelt werden.
Fazit
Der Betriebsrat hat bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts das Kosteninteresse des Arbeitgebers zu berücksichtigen und ist zur Zusage eines Stundenhonorars grundsätzlich nicht berechtigt. Der Arbeitgeber muss die Kosten für die anwaltliche Vertretung des Betriebsrats bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen i.d.R. nur im Rahmen der gesetzlichen Gebühren erstatten. Dessen ungeachtet sollten Unternehmen die strategischen Möglichkeiten einer auf Stundensatz basierenden Honorarzusage nicht unterschätzen und deren Einsatz im Einzelfall prüfen.