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Einstellung ausländischer Führungskräfte nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz – Update

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Für die Einstellung von ausländischen Führungskräften aus Drittstaaten, wie zum Beispiel Geschäftsführerinnen oder leitender Angestellter aus Nicht-EU-Staaten, ist ein Aufenthaltstitel erforderlich (§ 4a AufenthG). Darüber, welcher Aufenthaltstitel für Führungskräfte zu beantragen ist, haben wir bereits 2019 hier im Blog berichtet. Seitdem ist am 01.03.2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft getreten und am 01.04.2020 weitere Änderungen der Beschäftigungsverordnung. Die nachfolgenden Informationen sollen daher einen Überblick über die neue Rechtslage hinsichtlich der Einstellung ausländischer Führungskräfte geben.

Option 1: Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung

Wenn die Führungskraft nicht selbstständig, sondern insbesondere im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, tätig werden soll (§ 2 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 7 SGB IV), dann kann gegebenenfalls – unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft – ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung gem. § 19c Abs. 1 AufenthG beantragt werden. Hierfür ist gem. § 3 BeschV erforderlich, dass die Führungskraft eine der folgenden Positionen bekleidet:

  1. leitender Angestellter (gem. § 5 Abs. 3 BetrVG),
  2. Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung berechtigt ist (z.B. Geschäftsführerin einer GmbH), oder
  3. Person, die für die Ausübung einer inländischen qualifizierten Beschäftigung über besondere, vor allem unternehmensspezifische Spezialkenntnisse verfügt.

Anders als nach der bisherigen Rechtslage ist für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis ferner die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) gem. § 39 Abs. 3 AufenthG erforderlich. Die BA prüft neben dem Vorliegen der obigen Voraussetzungen nach § 3 BeschV auch, ob der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird (§ 39 Abs. 3 Nr. 1, 2 AufenthG). Diese wird jedenfalls bei einem Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung – im Jahr 2020 derzeit 82.800 € pro Jahr – regelmäßig davon ausgehen, dass ein inländischen Arbeitnehmern vergleichbares Gehalt vorliegt (S. 21-22 BR-Drs. 572/19).

Option 2: Blaue Karte EU

Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch die Erteilung einer Blauen Karte EU gem. § 18b Abs. 2 AufenthG für die Ausübung einer Beschäftigung, also im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, in Betracht. Hierfür müsste die Führungskraft insbesondere

  1. das Angebot eines inländischen Arbeitsvertrages für mindestens ein Jahr vorweisen
  2. einen deutschen, anerkannten ausländischen oder einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen (also eine Fachkraft mit akademischer Ausbildung gem. § 18 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG sein)
  3. die Beschäftigung muss der Qualifikation angemessen sein – diese Voraussetzung dürfte bei einer Beschäftigung in einer leitenden Position meist erfüllt sein und
  4. das Gehalt muss in Höhe von mindestens zwei Dritteln der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung liegen (derzeit 55.200 € jährlich)
  5. für Ausländer, die 45 Jahre oder älter sind, gelten zudem abweichende bzw. weitergehende Voraussetzungen (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG).

Für die Erteilung der Blauen Karte EU ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, sodass diese in der Regel bei Vorliegen aller Voraussetzungen sofort oder innerhalb weniger Tage nach Vorsprache bei der Visastelle oder Ausländerbehörde erteilt werden kann.

Die Erteilung einer Blauen Karte EU für Mangelberufe (z.B. im IT-Bereich) erfordert lediglich ein Gehalt in Höhe von 52% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (derzeit 43.056 € jährlich). Auch hier prüft die Bundesagentur für Arbeit dann allerdings vor der Erteilung noch, ob der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird (§ 18b Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 39 Abs. 2 AufenthG). Ihr obliegt zudem die Prüfung der oben unter 1. und 3. genannten Voraussetzungen, sodass eine gewisse zusätzliche Bearbeitungszeit einzukalkulieren ist.

Die Blaue Karte EU hat den Vorteil, dass der Führungskraft bereits nach 33 Monaten bei Vorliegen einfacher Deutschkenntnisse – und sogar nach 21 Monaten bei Vorliegen ausreichender Deutschkenntnisse – eine Niederlassungserlaubnis (§ 18c Abs. 2 AufenthG) erteilt wird (sofern auch die weiteren Erteilungsvoraussetzungen vorliegen). Die Niederlassungserlaubnis berechtigt die Führungskraft zum dauerhaften Aufenthalt und zur Ausübung jeder Erwerbstätigkeit in Deutschland (§ 9 AufenthG).

Option 3: Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung

Mit Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes wurde auch die neue Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung eingeführt (§§ 18, 18a, 18b Abs. 1 AufenthG). Sie kommt für Führungskräfte in Betracht, die einen Hochschulabschluss oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Die Voraussetzungen ihrer Erteilung haben wir hier im Blog bereits dargestellt.

Option 4: ICT-Karte

Für den Fall, dass keine Einstellung der Führungskraft in Deutschland, sondern vielmehr ein unternehmensinterner Transfer bzw. eine konzerninterne Entsendung einer ausländischen Führungskraft in den deutschen Unternehmensteil für bis zu 3 Jahre gewünscht ist, kommt die Beantragung einer ICT-Karte gem. § 19 AufenthG in Betracht. Unseren Blogbeitrag zur ICT-Karte (nach alter Rechtslage) finden Sie hier.

Option 5: Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit

Sofern die Führungskraft selbstständig und nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig wird – wie es oft gerade bei Geschäftsführerinnen der Fall ist – dann kommt die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit gem. § 21 AufenthG infrage. Diese kann gem. § 21 Abs. 1 AufenthG dann erteilt werden, wenn

  1. ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht,
  2. die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und
  3. die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.

Die Beurteilung dieser Voraussetzungen richtet sich insbesondere nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Geschäftsidee, den unternehmerischen Erfahrungen des Ausländers, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und dem Beitrag für Innovation und Forschung.

Hier ist zudem beachtlich, dass Ausländern, die älter sind als 45 Jahre, die Aufenthaltserlaubnis nur dann erteilt werden soll, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen (§ 21 Abs. 3 AufenthG).

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren

Gegebenenfalls kommt zur Beantragung des entsprechenden Visums bei der zuständigen Visastelle die Durchführung des neuen beschleunigten Fachkräfteverfahrens gem. § 81a AufenthG in Betracht, welches die Erteilung eines erforderlichen Visums beschleunigen kann. Dies sollte im Einzelfall geprüft werden.

Fazit

Bei der Einstellung einer ausländischen Führungskraft sollte nach der neuen Rechtslage genau geprüft werden, welcher Aufenthaltstitel in Betracht kommt, welcher infrage kommende Aufenthaltstitel die größten Vorteile für das einstellende Unternehmen sowie den Ausländer in Leitungsposition bringt und ob ggf. das beschleunigte Fachkräfteverfahren durchgeführt werden kann und sollte.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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