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Wenns teuer wird – was tun bei einer Neuveranlagung in der gesetzlichen Unfallversicherung?

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Die gesetzliche Unfallversicherung bietet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weitreichenden Versicherungsschutz bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Dabei genießt die gesetzliche Unfallversicherung eine Sonderstellung im System der gesetzlichen Sozialversicherung. Anders als beispielsweise in der Renten- und Krankenversicherung werden die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung ausschließlich vom Arbeitgeber getragen. Im Gegenzug scheidet eine privatrechtliche Haftung von Arbeitgebern für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in der Regel aus. Dennoch ist die gesetzliche Unfallversicherung für Arbeitgeber ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Ärgerlich wird es, wenn Unternehmen aufgrund einer veränderten Risikobewertung oder einer Veränderung des maßgeblichen Gefahrtarifs in einer höheren Gefahrenklasse veranlagt werden. Je nach Unternehmensgröße können sich dann die jährlich zu leistenden Beiträge schnell um eine fünf- oder sechsstellige Summe erhöhen. Die Grundlagen für und die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine (Neu-) Veranlagung soll dieser Beitrag beleuchten.

Wie funktioniert die Veranlagung in der gesetzlichen Unfallversicherung?

Die Berufsgenossenschaften sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Jedes Unternehmen wird ab Tätigkeitsaufnahme in eine Berufsgenossenschaft aufgenommen. Die Berufsgenossenschaften setzen durch ihre Vertreterversammlung einen für höchstens sechs Jahre geltenden Gefahrtarif fest, vgl. § 157 SGB VII. Dieser untergliedert sich in unterschiedliche Gefahrtarifstellen. In den Gefahrtarifstellen sind Gefahrengemeinschaften mit vergleichbaren Risiken zusammengefasst, wobei häufig auf die Risiken eines Gewerbezweiges abgestellt wird. Mit anderen Worten: Unternehmen, in denen etwa gleich gefährliche Tätigkeiten ausgeübt werden, werden in gemeinsamen Tarifstellen zusammengefasst. Die Gefahrtarifstelle bringt somit den Grad der Unfallgefahr eines Unternehmens zum Ausdruck. Jeder Gefahrtarifstelle ist eine Gefahrklasse zugeordnet. Die Gefahrklasse ist letzten Endes mitentscheidend für die Beitragslast eines Unternehmens. Je höher die Gefahrklasse, desto höher die Beitragslast des Arbeitgebers. Die Zuordnung der Unternehmen zu einer Gefahrklasse wird durch die zuständigen Berufsgenossenschaften vorgenommen.

Wodurch entsteht Konfliktpotential?

Streitigkeiten entstehen vor allem, wenn sich die Veranlagung zulasten der Arbeitgeber verändert. Dies kann der Fall sein, wenn die Berufsgenossenschaft ihren Gefahrtarif nach Ablauf der Geltungsdauer verändert und der Arbeitgeber nach dem neuen Gefahrtarif einer Tarifstelle mit höherer Gefahrenklasse zugeordnet wird. Rechtsstreitigkeiten hatte in der Vergangenheit beispielsweise die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe ausgelöst, als sie erstmals Bäckereien und Konditoreien in einer Tarifstelle zusammenfasste. Aber auch ohne Veränderung des Gefahrtarifs kann die Berufsgenossenschaft eine Veränderung der Veranlagung vornehmen. Dazu kann es vor allem kommen, wenn die Berufsgenossenschaft bei der Besichtigung eines Betriebs zu der Auffassung gelangt, dass die ausgeübten Tätigkeiten einer anderen Gefahrtarifstelle zuzuordnen sind.   

Wie können Unternehmen auf die Veranlagung in einer höheren Gefahrenklasse reagieren?

Unternehmen sollten bei Erhalt eines neuen Veranlagungsbescheides zügig prüfen, ob sie in die zutreffende Gefahrenklasse eingestuft wurden. Keinesfalls ist die Abgrenzung der Tarifstellen in den Gefahrtarifen immer eindeutig. So veröffentlichen einige Berufsgenossenschaften denn auch gesonderte Erläuterungen zu den einzelnen Gefahrtarifstellen, die – falls vorhanden – ebenfalls in den Blick genommen werden sollten. Gelangt das Unternehmen zu der Auffassung, in die falsche Gefahrtarifstelle eingeordnet und daher nach einer falschen Gefahrklasse veranlagt worden zu sein, ist eine gewisse Eile geboten. Denn damit der Bescheid der Berufsgenossenschaft nicht bestandskräftig wird, ist binnen eines Monats nach dessen Bekanntgabe Widerspruch bei der Berufsgenossenschaft einzulegen. Wird dem Widerspruch in der Folge nicht abgeholfen, bleibt betroffenen Unternehmen oft nur der Weg vor die Sozialgerichte. Im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Veranlagungsbescheid (nur dann!) kann auch der Gefahrtarif selbst auf Rechtmäßigkeit überprüft werden – beispielsweise die Frage, ob die Berufsgenossenschaften bestimmte Gewerbezweige (wie z.B. Bäcker und Konditoren) in einer Tarifstelle zusammenfassen durften.

Fazit

Angesichts der teilweise erheblichen finanziellen Mehrkosten einer Neuveranlagung in der gesetzlichen Rentenversicherung lohnt es sich für Arbeitgeber, bei Veranlagungsbescheiden der Berufsgenossenschaften – ggf. mit anwaltlicher Unterstützung – genauer hinzusehen. Nicht jedes Unternehmen lässt sich eindeutig einer Gefahrtarifstelle und damit einer Gefahrenklasse zuordnen. Ein Widerspruch gegen die Veranlagung kann somit lohnenswert sein. Auch die Berufsgenossenschaften haben oftmals kein Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung ihres Gefahrtarifs und zeigen sich häufig kompromissbereit.

Thorsten Lammers

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Senior Associate
Thorsten Lammers berät vor allem zu Kündigungsschutzverfahren, in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen sowie zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er ist Mitglied der Fokusgruppen "Betriebliche Altersversorgung" und "Aufsichtsratsberatung".
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