open search
close
Arbeitsrecht in der Pandemie Neueste Beiträge

Mobiles Arbeiten aus dem EU-Ausland in Zeiten von „COVID-19″

Print Friendly, PDF & Email

Mobiles Arbeiten oder „remote working“ wird Schritt für Schritt zum neuen Normalzustand. Dabei kommt bei vielen Mitarbeitern in Zeiten von COVID-19 der Wunsch nach einer vorübergehenden Tätigkeit aus dem Ausland auf. Was zunächst einfach klingt, kann schnell zur Haftungsfalle für Arbeitgeber werden – insbesondere dann, wenn Mitarbeiter sich eigenmächtig entscheiden, aus dem Ausland zu arbeiten. Eine Bestandsaufnahme:

Kein Anspruch auf Mobiles Arbeiten aus dem Ausland

Ausgangspunkt der Überlegungen sollte sein, dass dem Mitarbeiter weder lang- noch kurzfristig ein Anspruch auf Mobiles Arbeiten aus dem Ausland zusteht. Sollten sich Arbeitgeber dennoch dafür entscheiden, eine vorübergehende Auslandtätigkeit zu gewähren – weil der Mitarbeiter bspw. näher bei seiner Familie sein möchte oder aus dem Ferienhaus heraus arbeiten möchte – sollten Art und Umfang näher geregelt werden, um mögliche (Rückabwicklungs-) Risiken auszuschließen. Die Inhalte der Vereinbarung hängen maßgeblich vom Einzelfall ab, die nachfolgenden Punkte sollten bedacht werden:

Steuerrecht, insb. zeitlicher Umfang

Bei der Feststellung, ob Arbeitslohn im Heimats- oder im Tätigkeitsstaat zu versteuern ist, kann für die Länder, mit denen Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen (u.a. Spanien, Österreich, Schweiz) abgeschlossen hat, die 183-Tage-Grenze, die auch für die Mitarbeiterentsendung gilt, entsprechend herangezogen werden. Sollte die Tätigkeit im Ausland 183 Tage nicht überschreiten, findet in der Regel das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaat (=Deutschland) Anwendung. Innerhalb dieses Zeitraums können die Parteien den Umfang der Tätigkeit flexibel handhaben (Monate, Wochen, Tage).

Rückrufmöglichkeit

Für den Fall, dass der Mitarbeiter in den Betrieb zurückkehren muss, sollte diese Rückkehrmöglichkeit ausgestaltet werden. Dabei darf dem Mitarbeiter einerseits keine zu kurze Rückkehrpflicht auferlegt, dem Arbeitgeber anderseits aber auch nicht die Möglichkeit genommen werden, nicht auf dringende betriebliche Situationen reagieren zu können. Probleme innerhalb der praktischen Umsetzung können sich hier auch über eine angeordnete Quarantäne nach Rückreise aus dem Ausland ergeben.

Sozialversicherungsrecht

Grundsätzlich gilt, dass Mitarbeiter, die in einem Mitgliedstaat beschäftigt sind, auch den Rechtsvorschriften über die Sozialversicherung des Mitgliedsstaates (Deutschland) unterliegen. Sollte es sich um eine unwesentliche vorübergehende Tätigkeit im Ausland (weniger als 5 % der Arbeitszeit) wird es regelmäßig beim deutschen Sozialversicherungsrecht bleiben. Es empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit aber unbedingt, eine vorherige Abstimmung mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu treffen und eine Ausnahmegenehmigung einzuholen. Zudem sollte an eine A1-Bescheinigung gedacht werden. Diese könnte – wie auch aufenthaltsrechtliche Erlaubnistatbestände (Arbeitserlaubnis) – zur Bedingung des Vertrages gemacht werden.

Achtung: Begründung Betriebsstätte

Durch vorübergehendes Mobiles Arbeiten aus dem Ausland sollten bisher keine Gefahr der Gründung einer Betriebsstätten im Ausland bestehen, da aufgrund der außergewöhnlichen Umstände weder eine gewisse Dauerhaftigkeit (> 6 Monate) noch eine faktische Verfügungsmacht gegeben ist. Arbeitgeber sollten dieses Risiko aufgrund der fortschreitenden Dauer der Pandemie dennoch im Hinterkopf behalten und sich zunächst über die teilweise sehr unterschiedlichen Regelungen und Auffassungen der einzelnen Staaten informieren, um dem Risiko der Doppelbesteuerung zu entgehen.

Weitere Überlegungen

Auch die nachfolgenden Punkte dürfen nicht in Vergessenheit geraten:

  • Einseitige Beendigungsmöglichkeit des Arbeitgebers
  • Arbeitszeit
  • Datenschutz
  • Arbeitsmittel
  • Unfallversicherung
  • Anwendbares Recht

Fazit

Die sorgfältige Überprüfung der jeweiligen – teilweise sehr unterschiedlichen – Bestimmungen der einzelnen Staaten ist ebenso sowie das Monitoring der Einhaltung der vereinbarten Regelungen wichtig, um mögliche Risiken im Bereich des vorübergehenden Mobilen Arbeitens in Zeiten von „COVID-19“ zu begrenzen, Mitarbeitern aber dennoch den Wunsch nach einer vorübergehenden Tätigkeit im EU-Ausland erfüllen zu können.

KLIEMT.Arbeitsrecht




Wir sind Deutsch­lands führende Spe­zi­al­kanz­lei für Arbeits­recht (bereits vier Mal vom JUVE-Handbuch als „Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht“ ausgezeichnet). Rund 90 erst­klas­sige Arbeits­rechts­exper­ten beraten Sie bundesweit von unseren Büros in Düs­sel­dorf, Berlin, Frankfurt, München und Hamburg aus. Kompetent, persönlich und mit Blick für das Wesent­li­che. Schnell und effektiv sind wir auch bei komplexen und grenz­über­schrei­ten­den Projekten: Als einziges deutsches Mitglied von Ius Laboris, der weltweiten Allianz der führenden Arbeitsrechtskanzleien bieten wir eine erstklassige globale Rechtsberatung in allen HR-relevanten Bereichen.
Verwandte Beiträge
Digitalisierung Home Office Neueste Beiträge

Remote working in the technological age

The opportunity for employees to work from a location of their choice has become the new normal. Remote working offers numerous advantages for employees, including increased flexibility, a better work-life balance, and increased employee satisfaction. This in turn can benefit employers through higher productivity and better employee motivation. Employers also benefit from reduced costs for office space and other operating costs. And remote working is…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge

„Corona“ – Neues aus der Rechtsprechung

In den letzten Jahren führte vor allem die SARS-CoV-2 Infektion zu zahlreichen Urteilen in Hinblick auf eine Entgeltfortzahlung, etwa aufgrund einer Betriebsschließung wegen eines Lockdowns (siehe hierzu auch Blogbeitrag vom 18. Oktober 2021). Nun traf das BAG eine Grundsatzentscheidung zur Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Zusammenhang mit einer „Corona“ Infektion nach einer unterlassenen Schutzimpfung (vgl. Pressemitteilung vom 20. März 2024). Sachverhalt Der Kläger war…
Internationales Arbeitsrecht Neueste Beiträge

AI and global mobility practice

The pandemic has driven a paradigm shift in the world of global mobility. The sudden and widespread roll-out of technology to support remote working showed employees new possibilities for ‘working from everywhere’, and has driven demand for new kinds of flexibility that, until recently, could scarcely have been imagined. AI now promises to bring a fresh round of disruption to global mobility practice. Global mobility…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert