Auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung dürfen Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich nicht wegen der Teilzeitarbeit schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter. Doch wer ist überhaupt vergleichbar?
Mit einer beständigen Regelmäßigkeit hat das BAG über Fälle zu entscheiden, in denen ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten nach § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG geltend gemacht wird. Die möglichen Streitfelder sind vielfältig – und gehen sogar über den Renteneintritt hinaus. Gerade im Bereich der betrieblichen Altersversorgung sind die Teilzeit und ihre Auswirkungen auf die Leistungshöhe häufig Anlass für Streit mit dem (ehemaligen) Arbeitgeber. Im Urteil des BAG vom 23. März 2021 (3 AZR 24/20) zeigt sich, dass der richtigen Vergleichsgruppenbildung entscheidende Bedeutung bei der Beurteilung einer möglichen Diskriminierung zukommt.
Das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG
Nach § 4 Abs. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer grundsätzlich nicht wegen der Teilzeitarbeit schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, die Ungleichbehandlung ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Dies heißt jedoch nicht, dass ein Teilzeitbeschäftigter stets die gleichen Leistungen wie ein Vollzeitmitarbeiter erhalten muss. Vielmehr gilt insoweit der in § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG verankerte Pro-rata-temporis-Grundsatz: Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, die Leistungen entsprechend dem Arbeitszeitanteil des Mitarbeiters zu gewähren. Eine proportionale Kürzung in dem Verhältnis der Arbeitszeit des Mitarbeiters zur Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitmitarbeiters ist daher grundsätzlich zulässig.
Dies gilt uneingeschränkt auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Auch hier kann eine Versorgungsordnung vorsehen, dass die für vergleichbare Vollzeitkräfte erreichbare Leistungshöhe unter Berücksichtigung der Teilzeitquote des Mitarbeiters anteilig gekürzt wird.
Was zunächst recht einfach klingt, erweist sich in der Praxis jedoch häufig als deutlich komplizierter. Schwierigkeiten kann dabei bereits die Ermittlung der richtigen Vergleichsgruppe bereiten, die den Ausgangspunkt für die Beurteilung einer etwaigen Diskriminierung bildet. Mit der Frage, welche Mitarbeiter als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind, hatte sich auch das BAG in seiner Entscheidung von 23. März 2021 (3 AZR 24/20) zu beschäftigen.
Worum ging es?
In dem vom BAG entschiedenen Fall machte die Klägerin eine höhere Betriebsrente geltend. Sie war rund 40 Jahre bei der Beklagten sowohl in Teilzeit als auch in Vollzeit beschäftigt gewesen. Bei der Beklagten galt eine endgehaltsabhängige Versorgungsordnung. Die Leistungshöhe bemaß sich nach dem durchschnittlichen Gehalt der letzten 36 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalls und den bis zu diesem Zeitpunkt zurück gelegten Dienstjahren. Die anrechnungsfähige Dienstzeit war dabei auf maximal 35 Jahre begrenzt. Überdies bestimmte die Leistungsordnung eine absolute Höchstgrenze der zugesagten Rentenleistung.
Für Teilzeitbeschäftigte sah die Versorgungsordnung vor, dass Dienstzeiten der Teilzeitarbeit bei der Leistungsbemessung nur anteilig berücksichtigt werden. Bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 35 Jahren wurde der für den Mitarbeiter günstigste Teilzeitfaktor zugrunde gelegt. Im Falle der Klägerin ergab sich in Anwendung dieser Regelungen ein Teilzeitfaktor in Höhe von 0,9053. Die Höchstgrenze für die Versorgung wurde unter Berücksichtigung dieses Teilzeitfaktors reduziert.
Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen die Berechnung der Höchstgrenze auf Basis dieses Teilzeitfaktors. Sie machte geltend, dass die zugrunde liegenden Regelungen der Versorgungsordnung gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstoßen. Würde man ihre gesamte Arbeitszeit, d.h. auch die über die anrechenbaren 35 Dienstjahre hinausgehenden Jahre (gewichtet mit dem jeweiligen Beschäftigungsrad) addieren, entspräche dies einem Vollzeitäquivalent von 34,4 Jahren. Ein Vollzeitmitarbeiter mit dieser Betriebszugehörigkeit erhielte jedoch höhere Leistungen als sie. Dies stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage auf ein höheres Altersruhegeld abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht schloss sich der Argumentation der Klägerin bezüglich einer Diskriminierung an und sprach ihr unter Zugrundelegung eines anderen Teilzeitfaktors (34,4/35 = 0,9839) eine höhere monatliche Rente zu.
Die Entscheidung des BAG
Mit ihrer Revision hatte die Beklagte vor dem BAG Erfolg: Die LAG-Entscheidung wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Anders als das LAG sah das BAG in der Begrenzung auf 35 anrechenbare Dienstjahre und der hieraus resultierende Berechnung des Teilzeitfaktors keine (mittelbare) Diskriminierung wegen der Teilzeit. Es fehlte nach Ansicht des BAG bereits an einer Ungleichbehandlung mit einem vergleichbaren Vollzeitmitarbeiter.
Welche Mitarbeiter als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind, richte sich nach dem Zweck der fraglichen Leistung. Entscheidend sei, was den Anknüpfungspunkt für die Leistungserbringung bildet. Der Leistungszweck der betrieblichen Altersversorgung bestehe in der Regel (zumindest auch) in der Honorierung der Betriebstreue. Für diese ist allein die absolute Dauer der Betriebszugehörigkeit, nicht aber der Beschäftigungsumfang in dieser Zeit entscheidend. Zur maßgeblichen Vergleichsgruppe zählten daher nur Vollzeitmitarbeiter mit gleicher Betriebszugehörigkeit wie die Klägerin. Da sich auch für diese Mitarbeiter die Betriebszugehörigkeit von über 35 Jahren nicht rentensteigernd auswirke, fehle es bereits an einer Ungleichbehandlung. Auf eine etwaige Ungleichbehandlung gegenüber Mitarbeitern mit geringerer Betriebszugehörigkeit konnte sich die Klägerin mangels Vergleichbarkeit somit nicht berufen.
Fazit
Die Entscheidung des BAG ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung überzeugend. Sie reiht sich in die bisherige Rechtsprechung des dritten Senats zum „Dauerbrenner“ einer möglichen Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch Versorgungsregelungen ein (so etwa BAG Urteile vom 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18, vom 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 sowie vom 28.5.2013 – 3 AZR 266/11). Auch in dieser jüngsten Entscheidung bestätigt das BAG in erfreulicher Klarheit, dass für die Vergleichsgruppenbildung zur Beurteilung einer nach § 4 Abs. 1 TzBfG unzulässigen Diskriminierung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung deren Zweck von entscheidender Bedeutung ist. Die Versorgungsleistungen sind eben nicht ein reines Äquivalent für geleistete Arbeit, sondern dienen vor allem der Belohnung von Betriebstreue, sodass in der Regel nur Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte mit gleich langen Betriebszugehörigkeiten miteinander vergleichbar sind.
In Versorgungsordnungen vorgesehene Regelungen zur Berücksichtigung einer Teilzeitbeschäftigung bei der Leistungsbemessung werden wohl auch weiterhin immer wieder Gegenstand von (langwierigen) Rechtsstreitigkeiten sein. Für Arbeitgeber ein Grund mehr, bei der Ausgestaltung ihrer Versorgungsordnungen gerade bei solchen Regelungen besonders sorgfältig zu sein und Beratung in Anspruch zu nehmen.