In der heutigen Zeit ist die Nutzung moderner IT-Systeme in der Arbeitswelt zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Nahezu alle Bereiche des Arbeitslebens greifen bereits jetzt in mehr oder weniger großem Umfang auf IT-Systeme zurück – und das obwohl die Digitalisierung der Arbeitswelt erst am Anfang steht. Viele dieser IT-Systeme eröffnen, wenn auch nur hintergründig, die Möglichkeit der Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer, z.B. dadurch, dass im Hintergrund Logfiles über die vom jeweiligen Nutzer ausgelöste Programmaktivität erstellt werden. Die Einführung und Anwendung solcher IT-Systeme bedarf der Mitbestimmung des Betriebsrates – so weit, so gut.
Das Kernproblem
Allerdings trifft an dieser Stelle die Innovationskraft digitaler Vorreiter und eine damit verbundene immer schneller werdende Weiter- und Neuentwicklung von IT-Systemen, die sich unaufhaltsam ihren Weg hin in die Betriebe bahnen, auf eine – aus dem Blickwinkel des digitalen Zeitalters gesehen – antiquierte gesetzliche Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes aus dem Jahr 1972. Das dies zu praktischen Problemen führen kann, dürfte jedem einleuchten. Die maßgebliche Norm, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, sieht nämlich ein Mitbestimmungsrecht vor, unabhängig davon, ob das IT System vom Arbeitgeber tatsächlich zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle eingesetzt werden soll. Nahezu alles, was Daten verarbeitet ist damit potentiell mitbestimmungspflichtig und eine zügige Einführung von (notwendigen) IT-technischen Neuerungen damit vom Betriebsrat abhängig.
Mögliche praktische Folgen
Nicht zuletzt weil die IT-Systeme technisch zum Teil hoch komplex sind und vom Betriebsrat erst verstanden werden wollen, sich an Detailregelungen oder nicht vom Mitbestimmungstatbestand erfassten Regelungsgegenständen (z.B. dem Datenschutz) abgearbeitet wird und gleichzeitig der technische Wandel gerade bei Neuentwicklungen unaufhaltsam voranschreitet, kommt es in der Praxis vereinzelt vor, dass die Verhandlungen zur Einführung des IT-Systems noch nicht abgeschlossen sind, ehe das System bereits veraltet ist und nunmehr durch ein neues ersetzt werden soll. Weitaus verheerender ist es, wenn aufgrund fehlender Einigung über die Einführung eines neue IT-Systems, ein altes, den aktuellen Sicherheitsstandards nicht mehr entsprechendes IT-System weiter genutzt werden muss. Unabsehbare Schäden für den Arbeitgeber durch Datenverlust oder -diebstahl können hier die Folge sein.
Die Lösung für die Praxis
Ursächlich hierfür ist häufig das Fehlen eines geordneten Prozesses zur Einführung von IT-Systemen, die auf der einen Seite dem Betriebsrat eine ausreichende Informationsbasis verschafft, die Diskussion der Betriebsparteien auf die wesentlichen Punkte lenkt und dadurch die zügige Einführung von IT-Systemen ermöglicht, insbesondere von solchen, die der Arbeitgeber überhaupt nicht zur Leistungs- und/oder Verhaltenskontrolle einsetzen möchte. Eine Lösung kann hier eine freiwillige Rahmenbetriebsvereinbarung sein, die neben dem oben genannten Prozess auch Auffangregelungen oder Regelungen zu immer wiederkehrenden Themen enthält – also Lösungen für Fragen, die sich bei der Nutzung aller oder vieler IT-Systemen stellen. Unter Sicherstellung der Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte des Betriebsrats kann so ein flexibler und zukunftsorientierter Einsatz von IT-Systemen ermöglicht werden.
Wesentlicher Inhalt einer IT-Rahmenbetriebsvereinbarung
Kern einer solchen IT-Rahmenbetriebsvereinbarung sollte eine Kategorisierung der IT-Systeme und eine der Kategorisierung entsprechende Abstufung der Betriebsratsbeteiligung enthalten. So kann vorgesehen werden, dass bei IT-Systemen, die zwar dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, zu diesem Zweck aber nicht genutzt werden sollen, ein vereinfachtes Mitbestimmungsverfahren durchzuführen ist. Bei einem solchen könnte die Einführung des Datenverarbeitungssystems als genehmigt gelten, wenn der Betriebsrat über ein entsprechendes Vorhaben des Arbeitgebers entsprechend vorgegebener Kriterien (z.B. durch ein vorgefertigtes Formular) informiert wurde und nicht innerhalb einer angemessenen Frist Widerspruch eingelegt hat. Nur im Fall des Widerspruchs und bei den IT-Systemen, die auch oder ausschließlich dazu genutzt werden sollen, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, besteht das Mitbestimmungsrecht in vollem Umfang und wird allenfalls durch zeitliche (Soll-)vorgaben flankiert, die eine zügige Einigung zwischen den Betriebsparteien forciert. Auch andere, das Verfahren beschleunigenden Elemente, können hier vorgesehen werden, wie z.B. die Einsetzung einer Einigungsstelle für die Fälle des Scheiterns der Verhandlungen.
Daneben können Rahmenregelungen zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle, die einzelne Maßnahmen zulassen, soweit mit diesen bestimmte Ziel verfolgt werden (z.B. Überprüfung und Gewährleistung der IT-Sicherheit sowie der technisch erforderlichen Administration der IT-Systeme), Regelungen zum Umgang mit bereits bestehenden IT-Systemen, sowie die Klarstellung von Rechten des Betriebsrats vereinbart werden.
Fazit
Insgesamt ist der Abschluss einer IT- Rahmenbetriebsvereinbarung für Arbeitgeber vorteilhaft. Durch die Festlegung eines Mitbestimmungsverfahrens kann die Einführung neuer IT-Systeme deutlich beschleunigt und vereinfacht werden. Neben dem Verfahren können „klassische“ immer widerkehrende Fragestellungen geregelt und auf alle auf Basis der IT- Rahmenbetriebsvereinbarung eingeführten Systeme angewendet werden.