GmbH-Geschäftsführer versuchen häufig, Ansprüche aus ihrem Anstellungsvertrag vor den Arbeitsgerichten durchzusetzen. Mit der praxisrelevanten Frage, unter welchen Voraussetzungen der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bei einer ordentlichen Kündigung eröffnet ist, hat sich kürzlich (Beschluss vom 4.11.2022 – 12 Ta 8/22) das LAG Baden-Württemberg befasst.
Worum ging es?
Der Kläger war seit 2009 Geschäftsführer der Beklagten. Er legte mit Schreiben vom 15.2.2022 sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder. Mit Schreiben vom 9.3.2022 kündigte die Beklagte alle „bestehenden Geschäftsführerdienstverträge nebst allen weiteren diesbezüglichen Vereinbarungen ordentlich mit Wirkung zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt“.
Hiergegen erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage. Er beantragte die Feststellung, dass das bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 9.3.2022 beendet sei und dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern über das Ende der Kündigungsfrist hinaus fortbestehe. Zur Begründung berief sich der Kläger u.a. auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, daneben aber auch auf „alle denkbaren rechtlichen Gesichtspunkte“. Die Kündigung sei unwirksam und nichtig.
Die Beklagte rügte die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten. Daraufhin erklärte sich das Arbeitsgericht für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem LAG Erfolg. Das LAG erklärte den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig.
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg
Das LAG verneinte zunächst das Eingreifen der Sperrwirkung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Danach gelten Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind, nicht als Arbeitnehmer. Der Kläger hatte sein Amt als Geschäftsführer niedergelegt, womit die Sperrwirkung entfallen war.
Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg ergab sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit sodann als Folge der „Doppelrelevanz der Arbeitnehmereigenschaft“ (sog. Sic-non-Fall). Bei einen Klageantrag, der nur dann begründet sein kann, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist, eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten.
Problematisch war hier, dass die ordentliche Kündigung wegen Regelungen unwirksam sein konnte, die auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses Geltung beanspruchen. In solchen Fällen hängt die Begründetheit der Klage nicht mehr ausschließlich von der Eigenschaft als Arbeitnehmer ab. Nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg liegt aber bei einer Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrages jedenfalls dann ein Sic-non-Fall vor, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung zumindest schwerpunktmäßig mit einem Verstoß gegen das Kündigungsschutzgesetz begründet wird. Unschädlich ist es dann, wenn der Kläger darüber hinaus lediglich pauschal eine sonstige Unwirksamkeit der Kündigung anspreche, ohne hier konkret eine Unwirksamkeit aufgrund einer Norm darzulegen, die nicht nur in einem Arbeitsverhältnis Geltung beanspruche.
Fazit
Bevor der Geschäftsführer von seiner Tätigkeit als weisungsbefugtes Vertretungsorgan der Gesellschaft abberufen wird oder sein Mandat niederlegt, bleibt bei Streitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis der Rechtsweg zu den Zivilgerichten. Nach Abberufung oder Niederlegung bedarf es bei einer Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Kündigung zur Begründung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts einer Gesamtbeurteilung anhand des Antrages und der Klagebegründung.