Unternehmen setzen immer stärker auf Influencer-Marketing. Dabei kommen nicht nur Stars und Sternchen als Influencer zum Einsatz, sondern vielfach auch eigene Arbeitnehmer. Der folgende Beitrag zeigt auf, welche vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten es gibt und was zu beachten ist.
Der Arbeitnehmer als Influencer
Influencer-Marketing ist eine Form der Markenkommunikation, bei der Unternehmen gezielt Personen einsetzen, die von ihren persönlichen Accounts werbewirksame und imagefördernde Inhalte in sozialen Medien (wie etwa Instagram, Facebook, YouTube, Linkedin) posten und so Einfluss auf Ihre Follower ausüben. Dabei kann es aus Unternehmenssicht auch interessant sein, eigene Arbeitnehmer hierfür zu gewinnen. Je nach Unternehmen und Person des Influencers können unterschiedliche Zielrichtungen im Vordergrund stehen: Die Werbung für bestimmte Produkte und Dienstleistungen, die allgemeinen Imagepflege oder auch das Employer Branding und Recruiting.
Einheits- vs. Trennungsmodell
Für die vertragliche Ausgestaltung des Einsatzes kommen im Grundsatz zwei unterschiedliche Modelle in Betracht: Beim Einheitsmodell gibt es nur eine Vertragsbeziehung. Hier werden also auch die Influencer-Tätigkeiten im Rahmen des – ggf. durch eine Zusatzvereinbarung geänderten - Arbeitsverhältnisses erbracht. Dagegen wird beim Trennungsmodell ein neues Vertragsverhältnis – etwa ein (Rahmen-)Werkvertrag oder ein „freier“ Dienstvertrag – begründet, das selbstständig neben das Arbeitsverhältnis tritt.
Die grundsätzliche Möglichkeit der Begründung eines nicht-arbeitsrechtlichen zweiten Rechtverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in der Rechtsprechung anerkannt (BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16).
Der Reiz des Trennungsmodells
Aus Arbeitgebersicht hat das Trennungsmodel Vorteile im Rahmen der Haftungsverteilung: Verursacht der Influencer einen Schaden (z.B. im Kontext des § 8 Abs. 2 UWG), kann ihn das Unternehmen im Trennungsmodel – je nach vertraglicher Ausgestaltung – in voller Höhe in Regress nehmen.
Im Einheitsmodell gelten dagegen die zwingenden Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung (innerbetrieblicher Schadensausgleich). Diese haben zur Folge, dass der Influencer bei fahrlässigen Verstößen häufig gar nicht oder nur eingeschränkt in Regress genommen werden kann. Wird der Influencer seinerseits von Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen, kann er als Folge der beschränkten Arbeitnehmerhaftung ggf. seinerseits von seinem Arbeitgeber Freistellung von diesen Ansprüchen verlangen.
Auch im Übrigen gelten im Trennungsmodell die arbeitnehmerrechtlichen Schutzvorschriften nicht für das neben das Arbeitsverhältnis tretende separate zweite Rechtsverhältnis. Dieses kann daher unproblematisch gekündigt oder befristet werden, ohne dass die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes oder die des Teilzeit- und Befristungsgesetzes erfüllt sein müssen.
Das Trennungsmodell als potentielle Compliance Falle
Das Trennungsmodell kann jedoch zu einer Compliance-Falle werden. Voraussetzung des Trennungsmodells ist stets, dass die Arbeitnehmertätigkeiten und die Influencer Tätigkeiten klar getrennt werden. Im Rahmen seiner Influencer Tätigkeiten darf der Influencer nicht in die Organisation des Arbeitgebers eingebunden sein und keinem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht unterliegen. Gelingt die Trennung nicht sauber (wobei es stets nicht nur auf den Vertragstext, sondern insbesondre auch auf die gelebte Praxis ankommt), sind die oben genannten Vorteile im Hinblick auf die Haftung hinfällig. Insbesondere aber drohen die „klassischen“ Risiken der Scheinselbständigkeit, von der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (einschließlich der Arbeitnehmeranteile) durch den Arbeitgeber bis hin zu strafrechtlichen Folgen (§ 266a StGB).
Das Einheitsmodell hat vor diesem Hintergrund den Vorteil, dass der Arbeitgeber hier ohne entsprechende Compliance Risiken viel stärkeren Einfluss auf die Tätigkeit nehmen kann, auch wenn er vielfach hiervon (um die authentische Wirkung der Beiträge nicht zu gefährden) zurückhaltend Gebrauch machen wird.
Die vertragliche Umsetzung
Im Trennungsmodell wird für die Influencer Tätigkeiten ein Vertrag abgeschlossen, der im Grundsatz den gleichen Inhalt haben sollte wie der Vertrag eines „externen“ Influencers. Dieser Vertrag enthält dann auch eine eigene Vergütungsregelung (z.B. Vergütung pro Beitrag oder auch orientiert an Kennzahlen wie „Likes“). Der Arbeitsvertrag wird dagegen nicht geändert (allenfalls wird die Arbeitszeit reduziert, um die Freiräume für die Influencer Tätigkeiten zu schaffen).
Auch im Einheitsmodell ist die Zustimmung des Arbeitnehmers Voraussetzung für den Einsatz als Influencer. Gegen den Willen des Arbeitnehmers kann dieser z.B. regelmäßig nicht angewiesen werden, seinen persönlichen Account für Zwecke des Arbeitgebers zur Verfügung stellen (unabhängig davon, dass eine erzwungene Influencer Tätigkeit auch wenig effektiv sein dürfte). Zumeist ist der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag empfehlenswert. Wichtig ist dabei unter anderem, durch sorgsame Vertragsgestaltung sicherzustellen, dass keine Einengung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts erfolgt und dem Arbeitnehmer die Aufgaben als Influencer auch wieder entzogen werden können. Zudem sollte ein Verweis auf Social Media Guidelines oder Merkblätter zu den rechtlichen Rahmenbedingungen (etwa zur Kennzeichnung von Werbung) erfolgen (siehe hierzu auch unseren Beitrag über „Arbeitgeberhaftung und „Shitstorms“ – Was Arbeitgebern drohen kann, wenn sie ihre Mitarbeiter als „Influencer“ einsetzen“).