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Betrieblicher Umweltschutzbeauftragter – Gibt’s doch gar nicht! Oder?

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„Umweltschutz geht uns alle an“: Der Umweltschutz ist längst in der Arbeitswelt angekommen und eines der Kernthemen des Themenbereichs ESG. Im Blogbeitrag vom 6. Juli 2022 haben wir bereits über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats beim betrieblichen Umweltschutz berichtet. Daran anknüpfend soll nun einmal „der“ betriebliche Umweltschutzbeauftragte genauer unter die Lupe genommen werden. 

Gibt es den betrieblichen Umweltschutzbeauftragten überhaupt?

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft von „dem“ (betrieblichen) Umweltschutzbeauftragten gesprochen. Doch „den“ Umweltschutzbeauftragten kennt zumindest das Gesetz gar nicht.

In den Jahren 2007/2008 gab es zwar konkretere Bestrebungen zur Einführung eines Umweltschutzbeauftragten im Zuge der geplanten Einführung eines Umweltgesetzbuches: Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat im Rahmen dieser Gesetzesinitiative am 20.5.2008 einen Entwurf über eine Verordnung für Umweltbeauftragte („Umweltbeauftragtenverordnung“) vorgelegt, die einen Umweltschutzbeauftragten gesetzlich verankert hätte. Allerdings scheiterte das Gesamtvorhaben und damit auch eine explizite gesetzliche Regelung über einen Umweltschutzbeauftragten. Aktuell gibt es keine konkreteren Bestrebungen für eine gesetzliche Regelung des Umweltschutzbeauftragten.

Was versteht man also unter dem Umweltschutzbeauftragten?

Explizit vorgesehen sind in einigen Gesetzen nur verschiedene Betriebsbeauftragte, die zu bestellen sind. Dabei nehmen einige dieser Betriebsbeauftragten Aufgaben wahr, die letztlich dem Umweltschutz zuzuordnen sind. Zu nennen sind hier beispielsweise der Immissionsschutzbeauftragte nach den §§ 53 ff. BImSchG, der Gewässerschutzbeauftragte nach den §§ 64ff. WHG oder der Abfallbeauftragte nach den §§ 59ff. KrWG.

Wann die jeweiligen Betriebsbeauftragten konkret zu bestellen sind, ist ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben. Gerade in größeren Betrieben kann es vorkommen, dass sowohl ein Immissionsschutz- als auch ein Gewässerschutz- und ein Abfallbeauftragter bestellt werden muss. Ist dies der Fall, kann es aus praktischen Gesichtspunkten sinnvoll sein, diese Funktionen in einer Person zu bündeln. Das Gesetz lässt eine solche Aufgabenbündelung explizit zu: § 59 Abs. 3 KrWG stellt klar, dass wenn ein Immissionsschutzbeauftragter nach § 53 BImSchG oder ein Gewässerschutzbeauftragter nach § 64 WHG zu bestellen ist, dieser auch die Aufgaben und Pflichten eines Abfallbeauftragten nach dem KrWG wahrnehmen kann. In § 64 Abs. 3 WHG findet sich eine vergleichbare Vorschrift für den Gewässerschutzbeauftragten. Nimmt nun eine Person diese Aufgaben gebündelt und als Ansprechpartner in all diesen Belangen wahr, wird zumeist auch von einem Umweltschutzbeauftragten gesprochen.

Freiwillige Errichtung

Darüber hinaus ist es auch denkbar, dass Arbeitgeber (in dem Bestreben den Umweltschutz als dauerhafte Herausforderung anzunehmen) die verschiedenen Beauftragten auf freiwilliger Basis bestellen und damit ebenfalls eine als „Umweltschutzbeauftragter“ verstandene Position eingeführt wird. Liegen beispielsweise nur die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten vor, möchte der Arbeitgeber diesem jedoch von sich aus (ohne gesetzliche Verpflichtung) zusätzlich die Aufgaben eines Gewässerschutz- und/oder eines Abfallbeauftragten übertragen, steht es ihm frei diese Funktionen ebenfalls abzudecken und in einer Person zu institutionalisieren. Aus rechtlicher Sicht ist es bei einer solchen freiwilligen Schaffung eines Umweltschutzbeauftragten allerdings wichtig, klarzustellen, dass es sich nicht um eine Bestellung im Sinne des KrWG oder des WHG handelt.

Welche Aufgaben nimmt ein Umweltschutzbeauftragter wahr?

Bestellt man eine Person zum Umweltschutzbeauftragten, so nimmt dieser die ihm zugeordneten Aufgaben des Immissionsschutz- des Abfall- und des Gewässerschutzbeauftragten gebündelt und als zentraler Ansprechpartner wahr. Was genau zu den Aufgaben gehört, lässt sich jeweils dem Gesetz entnehmen. Dabei ist neben der schriftlichen Bestellung zu beachten, dass die dem betrieblichen Umweltschutzbeauftragten obliegenden Aufgaben genau zu bezeichnen sind.

Sonderkündigungsschutz

Sofern ein betrieblicher Umweltschutzbeauftragter die Aufgaben eines gesetzlich zu bestellenden Immissionsschutz- Gewässerschutz- oder Abfallbeauftragten wahrnimmt (und nicht nur durch freiwillige Aufgabenerweiterung), kommt ihm auch ein Sonderkündigungsschutz zu (Zum Sonderkündigungsschutz des Immissionsschutzbeauftragten siehe unseren Beitrag vom 20. Juli 2020, zum Gewässerschutzbeauftragten den Beitrag vom 21. Januar 2020 und zum Abfallbeauftragten den Beitrag vom 7. März 2019). Das heißt, dass während der Amtszeit sowie ein Jahr nach der Abberufung seitens des Arbeitgebers bezüglich des Arbeitsverhältnisses nur eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt.

Fazit

Man kann also festhalten „den“ betrieblichen Umweltschutzbeauftragten gibt es eigentlich gar nicht. Spricht man vom Umweltschutzbeauftragten ist hiermit üblicherweise eine Person gemeint, die für ein Unternehmen, die umweltschutzbezogenen Aufgaben verschiedener Betriebsbeauftragter gebündelt in sich vereint. Hiervon verspricht man sich eine Institutionalisierung für Umweltthemen und eine entsprechende Priorisierung. Ob dies für ein Unternehmen letztlich sinnvoll ist, muss jeweils im Einzelfall entschieden werden.

Praxishinweis

Wenn ein Umweltschutzbeauftragter eingerichtet werden soll, sind die Einzelbeauftragungen und die hiermit verbundenen rechtliche Vorgaben aus dem BImSchG, KrWG und WHG nicht aus den Augen zu verlieren. Es sollten diesbezüglich hinreichend klare Regelungen getroffen werden: Letztlich setzen diese den verbindlichen Rechtsrahmen.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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