Die Einführung von technischen Einrichtungen im weitesten Sinne ist in der Regel mitbestimmt. So wurde z.B. bei einer Mandantin vor einiger Zeit ein neuer Drucker angeliefert; der Leasingvertrag für das Vorgängermodell war ausgelaufen. Der Arbeitgeber ließ das neue Gerät nichtsahnend im Flur aufstellen. Der Betriebsrat fühlte sich übergangen und forderte den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Nutzung des Druckers und ihm wurde Recht gegeben. Doch das Sächsische OVG kommt nun bei einem anderen technischen Thema zu einer überraschenden Entscheidung – bei einer Excel-Liste.
Der Grund, warum der Betriebsrat beim Austausch eines Druckers mitbestimmen darf, war dessen Fähigkeit zur Speicherung von Daten. In jenem Fall ging es um einen modernen Drucker/Scanner/Kopierer. Dieser speichert Aufträge, die sich einzelnen Endnutzern zuordnen lassen. Man kann die Vieldrucker unter den Kollegen identifizieren. Man kann erkennen, wer um wie viel Uhr (noch oder schon) druckt. Das Gerät verarbeitet personenbezogene Daten und ermöglicht eine Überwachung des Verhaltens oder der Leistung von Beschäftigten.
Bisherige Rechtsprechung des BAG
Die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erstreckt sich nach der Rechtsprechung des BAG auf die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die bestimmt oder auch nur geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Dazu zählen nicht nur Videokameras oder Zeiterfassungsgeräte. Dazu zählen auch die Nutzung von E-Mail-Systemen wie Outlook sowie deren Durchsuchung im Rahmen interner Ermittlungen (BAG, 23.03.2021 – 1 ABR 31/19) oder die Nutzung eines Warenwirtschaftssystems (BAG, 29.07.2020 – 7 ABR 27/19).
Es soll nach der neueren Rechtsprechung des BAG sogar ausreichen, wenn Daten zunächst manuell eingegeben werden, und sodann von einer technischen Einrichtung weiter verwertet werden (BAG, 11.12.2018 – 1 ABR 13/17) oder wenn der Arbeitgeber auf der Facebookseite seines Unternehmens sog. Besucher-Beiträge aktiviert und damit zulässt, dass Dritte das Verhalten der Beschäftigten kommentieren (BAG, 13.12.2016 – 1 ABR 7/15).
Aktuelle Entscheidung des Sächsischen OVG
Ein Lichtblick in dieser steten Ausweitung der Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen im weitesten Sinne ist eine aktuelle Entscheidung des Sächsischen OVG (Beschluss vom 7.10. 2021 – 9 A 17/20.PL / 9 K 983719.PL) zur Verwendung von Excel. Nach dem sächsischen Personalvertretungsgesetz (§ 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG) hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten zu überwachen. Der Arbeitgeber hatte ein Excel-Tabelle verwendet, um nach der Zusammenfassung von Landesdirektionen in der Siedlungswasserwirtschaft die Zusammenlegung von Referaten abzubilden. Aus der Excel Tabelle waren die bearbeiteten Verfahren, der jeweilige Ansprechpartner „Vollzug“ und „Fach“ sowie Beginn und voraussichtliches Ende des Verfahrens ersichtlich.
Das OVG stellt klar, dass die Excel-Liste zwar eine mitbestimmungspflichtige technische Einrichtung sein könne (so auch BAG 23.10.2018 – 1 ABN 36/18), sich aber aus den enthaltenen Informationen inkl. der reinen Angabe der Verfahrensdauer keine Eignung ergebe, Verhalten oder Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Die Ansprechpartner seien nicht zwingend zugleich Federführer; auch seien die Verfahren viel zu unterschiedlich, als dass die Verfahrensdauer Rückschlüsse ermögliche.
Dies reiht sich ein in die magere Reihe der als nicht mitbestimmt erkannten technischen Einrichtungen, wie zur Nutzung von Google Maps bei der Kontrolle von Reisekostenabrechnungen (BAG, Beschl. v. 10.12.2013 – 1 ABR 43/12), zum elektronisch gestützten Abgleich von Vor- und Nachnamen im Rahmen der sog. Anti-Terror-Verordnungen der EU (BAG, 19.12.2017 – 1 ABR 32/16) oder zur Verwendung einer Stoppuhr zur Feststellung der für einen Arbeitsvorgang erforderlichen Zeit (BAG, Beschl. v. 8. 11.1994 – 1 ABR 20/94).
Fazit und Ausblick
Geräte werden immer „intelligenter“, indem sie immer mehr Daten verarbeiten und speichern. Das ermöglicht in der Tat auch mehr Überwachung von Beschäftigten. Die Arbeitgeber kommen aber im Rahmen der Digitalisierung nicht umhin, intelligentere Geräte zu verwenden. Auch ist es im internationalen, vernetzt arbeitenden Konzern oft keine freie Entscheidung des deutschen Arbeitgebers mehr, welche technischen Einrichtungen und welche Software er einführt. Es wäre daher wünschenswert, wenn der Gesetzgeber hier klarstellend tätig würde, etwa durch Beschränkung der Mitbestimmung auf Fälle einer tatsächlichen Überwachung.
Einstweilen sind Arbeitgeber und Betriebsrat gut beraten, in einer Rahmen(gesamt)betriebsvereinbarung einen möglichst pragmatischen Mechanismus zu finden aus Informationspflicht des Arbeitgebers nach einem festen Muster, Widerspruchsrecht des Betriebsrats und Konfliktlösungsmechanismus.