Zurzeit gilt bei vielen Arbeitgebern bis auf weiteres ein Einstellungsstopp. Doch wie sieht es eigentlich mit langfristig geplanten Einstellungen aus, die man in Anbetracht der aktuellen Ungewissheit bedingt durch die Corona-Krise nun lieber „auf Eis legen“ würde? Ist ein Arbeitsvertrag bereits geschlossen, bleibt ohne Einvernehmen des Arbeitnehmers eigentlich nur die Kündigung. Was dabei für Arbeitgeber vor Arbeitsantritt zu beachten ist, haben wir noch einmal zusammengefasst.
Kündigung vor Arbeitsantritt zulässig?
Laut einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts sieht ein Fünftel der deutschen Unternehmen seine Existenz gefährdet. Selbst wenn die eigene Branche wenig vom Konjunktureinbruch betroffen sein sollte, gilt bei vielen Arbeitgebern zurzeit dennoch ein Einstellungsstopp, um die weiteren Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft abzuwarten. In saisonabhängigen Betrieben wie auch bei der Einstellung von hochqualifizierten Arbeitnehmern, die beispielsweise eine lange Kündigungsfrist bei ihrem alten Arbeitgeber abwarten oder zunächst ein Arbeitsvisum beantragen müssen, werden Arbeitsverträge jedoch oft lange Zeit vor dem geplanten ersten Arbeitstag geschlossen. In der aktuellen Situation wird mancher Arbeitgeber nun vor die Schwierigkeit gestellt, dass er eigentlich einen Einstellungsstopp veranlassen oder gar bereits Arbeitnehmer krisen(betriebs-)bedingt entlassen musste. Einstellungen, die noch in Vor-Corona-Zeiten geplant wurden, sind obsolet geworden; die Arbeitsverträge wurden aufgrund einer – normalerweise verlässlichen – langfristigen Personalplanung jedoch bereits geschlossen. Anders als bei sonstigen Verträgen meist möglich, ist ein Widerruf oder Rücktritt vom Arbeitsvertrag gesetzlich nicht vorgesehen. Um den Einstellungsstopp konsequent umzusetzen – oder auch um durch die Krise notwendig gewordene betriebsbedingte Kündigungen nicht nachträglich unwirksam werden zu lassen (Stichwort „Weiterbeschäftigung“) – bleibt nur der Ausspruch einer Kündigung vor Arbeitsantritt. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist eine solche grundsätzlich sowohl ordentlich als auch außerordentlich zulässig.
Praxistipp
Arbeitgeber sollten vor Ausspruch der Kündigung jedoch einen genauen Blick in den konkreten Arbeitsvertrag werfen: Das ordentliche Kündigungsrecht kann vertraglich ausgeschlossen sein. Das soll laut der Rechtsprechung zudem nicht nur gelten, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist, sondern kann sich auch konkludent ergeben, etwa durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Arbeitnehmer bei nicht erfolgtem Dienstantritt.
Ab wann läuft die Kündigungsfrist?
Zudem stellt sich die Frage, wann die ordentliche Kündigungsfrist für den betroffenen Arbeitnehmer zu laufen beginnt. Dabei kann – wie nach Arbeitsbeginn – auf den Zugang der Kündigungserklärung oder aber auf den Zeitpunkt, in dem die Arbeit vertragsgemäß aufgenommen werden soll, abgestellt werden. Gemäß Urteil des BAG (vom 25.3.2004 – 2 AZR 324/03) soll der maßgebliche Zeitpunkt in erster Linie von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen abhängen. Dies muss im Wege der Vertragsauslegung oder im Falle einer fehlenden Vereinbarung über den Beginn der Kündigungsfrist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmt werden. Dabei soll es auch auf die Länge der im Vertrag bestimmten Kündigungsfrist ankommen. Sollte weder die Vertragsauslegung noch die ergänzende Vertragsauslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führen, beginne die Kündigungsfrist im Zweifel mit dem Zugang der Kündigungserklärung.
Praxistipp
Arbeitgeber sollten mithin auch für die Bestimmung des Kündigungsfristbeginns den Arbeitsvertrag genauer in den Blick nehmen. Sollte es dazu keine vertragliche Vereinbarung geben – was die Regel sein dürfte –, kann insbesondere die Länge der vereinbarten Kündigungsfrist einen wichtigen Anhaltspunkt bieten, im Zweifel dürfte man jedoch wohl auf den Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer abstellen dürfen.
Anhörung des Betriebsrats erforderlich?
Besteht im Betrieb, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit hätte aufnehmen sollen, ein Betriebsrat, stellt sich nicht zuletzt die Frage, ob dieser vor Ausspruch der Kündigung anzuhören ist. Jedenfalls in der Literatur wird dies teilweise verneint, denn der zu Kündigende sei bei Zugang der Kündigung noch nicht in die betriebliche Organisation eingegliedert und damit nicht Arbeitnehmer im Sinne des § 102 BetrVG.
Praxistipp
In Betrieben mit Betriebsrat sollte dieser dennoch auch bei Kündigungen vor Arbeitsantritt sicherheitshalber angehört werden. Zwar gibt es dazu – soweit ersichtlich – noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, allerdings hatte das LAG Hessen in einer älteren Entscheidung (Urteil vom 31.05.1985 – 13 Sa 833/84) einmal vertreten, auch im Fall der Kündigung vor Arbeitsantritt bestehe eine Anhörungspflicht.
Welche speziellen Voraussetzungen bei der Kündigung einer Schwangeren vor Arbeitsbeginn zu beachten sind, lesen Sie in unserem Blogbeitrag „Kündigungsschutz für Schwangere – schon mit Abschluss des Arbeitsvertrages“.