open search
close
Kündigung, allgemein

Kurzupdate Kündigung paradox – Das Verlangen des Betriebsrats als Kündigungsgrund

104 BetrVG

Kürzlich hatten wir hier über eine dem Bundesarbeitsgericht vorliegende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur „Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer“ nach § 104 BetrVG berichtet. Mit Urteil vom 28. März 2017 (Az. 2 AZR 551/16) hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entschieden. Anders als im Vorbericht dargestellt, hat die Arbeitgeberin ihre außerordentliche Kündigung offensichtlich doch weiterverfolgt und Revision eingelegt. Denn ausweislich der Pressemitteilung hat der 2. Senat die Revision beider Parteien zurückgewiesen. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Aber auch der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich bereits Interessantes entnehmen.

Was wissen wir?

Das Bundesarbeitsgericht hat die zweitinstanzliche Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bestätigt. Damit ist das Arbeitsverhältnis zwischen der beklagten Arbeitgeberin und der „schwierigen“ Sachbearbeiterin (die immerhin gegenüber Kollegen handgreiflich geworden sein soll) durch ordentliche fristgerechte Kündigung – nicht jedoch durch außerordentliche fristlose Kündigung – beendet worden.

Bemerkenswert ist der Umstand, dass das Bundesarbeitsgericht auf eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG erkannt hat. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte die Frage der „Natur“ der Kündigung noch offengelassen, allerdings klare Zweifel an einer Einordnung als betriebsbedingte Kündigung geäußert.

Was die Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung betrifft, ist das Bundesarbeitsgericht dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf offenbar gefolgt. Danach habe der stattgebende Beschluss im Verfahren nach § 104 BetrVG der Arbeitgeberin lediglich eine ordentliche Kündigung aufgegeben.

Was wissen wir (noch) nicht?

Die kontroverse Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Arbeitgeber durch stattgebenden Beschluss nach § 104 BetrVG überhaupt eine außerordentliche fristlose Kündigung aufgegeben werden kann, musste im Revisionsverfahren nicht entschieden werden. Ob das Bundesarbeitsgericht die Gelegenheit nutzen wird, sich hierzu zumindest im Rahmen eines obiter dictum zu positionieren, werden die Entscheidungsgründe zeigen.

Jedenfalls darf man auf die dogmatische Herleitung des 2. Senats für die Einordnung als betriebsbedingte Kündigung gespannt sein. Möglicherweise möchte das Bundesarbeitsgericht insoweit auf die Grundsätze zur Druckkündigung zurückgreifen. Vielleicht wird das Bundesarbeitsgericht aber auch den rechtskräftigen Beschluss nach § 104 BetrVG – der faktisch einem „Beschäftigungsverbot“ gleichkommt – als eigenständigen Kündigungsgrund qualifizieren (möglicherweise sogar als denkbaren „wichtigen Grund“ gemäß § 626 Abs. 1 BGB).

Damit bleibt es auch weiter spannend und wir werden berichten, sobald die Entscheidungsgründe vorliegen.

KLIEMT.Arbeitsrecht




Wir sind Deutsch­lands führende Spe­zi­al­kanz­lei für Arbeits­recht (bereits vier Mal vom JUVE-Handbuch als „Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht“ ausgezeichnet). Rund 90 erst­klas­sige Arbeits­rechts­exper­ten beraten Sie bundesweit von unseren Büros in Düs­sel­dorf, Berlin, Frankfurt, München und Hamburg aus. Kompetent, persönlich und mit Blick für das Wesent­li­che. Schnell und effektiv sind wir auch bei komplexen und grenz­über­schrei­ten­den Projekten: Als einziges deutsches Mitglied von Ius Laboris, der weltweiten Allianz der führenden Arbeitsrechtskanzleien bieten wir eine erstklassige globale Rechtsberatung in allen HR-relevanten Bereichen.
Verwandte Beiträge
Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge

Widerspruch des Betriebsrats gegen Kündigung – was nun?

Widerspricht der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung, kann der gekündigte Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend machen. Dieser sogenannte betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch kann für Arbeitgeber erhebliche praktische und wirtschaftliche Konsequenzen haben. Der folgende Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen sowie Handlungsspielräume für den Arbeitgeber. Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruchs Ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht gemäß § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG, wenn der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung frist- und…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge

Wenn der Ausfall zur Regel wird – Umgang mit dauerkranken Mitarbeitenden

Laut Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) war jede versicherte erwerbstätige Person im Jahr 2024 durchschnittlich 19,1 Tage krankgeschrieben. Trotz des leichten Rückgangs im Vergleich zum Jahr 2023 (19,4 Fehltage), sind die vielen Krankheitstage sowohl für den Arbeitgeber als auch Arbeitskollegen, die die Abwesenheiten der kranken Mitarbeitenden auffangen müssen, eine enorme Belastung. Neben der finanziellen Beeinträchtigung des Arbeitgebers führt der ansteigende Workload für die übrigen Mitarbeitenden…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge

Praxishinweise zur Sozialauswahl bei Rentennähe

Bei einem betriebsbedingten Personalabbau ist regelmäßig eine Sozialauswahl durchzuführen. Tendenziell sind dabei ältere Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger als ihre jüngeren Kollegen. Gilt dies auch dann, wenn ein Arbeitnehmer kurz vor der Rente steht? Oder schlägt in diesem Fall das Pendel in die andere Richtung aus und muss der rentennahe Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz räumen?   Ist die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung für einen oder mehrere Arbeitnehmer durch dringende…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert