Update #2 zu "Kündigung paradox" – Das Verlangen des Betriebsrats als Kündigungsgrund

Im Sommer 2016 hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf über einen kuriosen Fall einer „Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer“ nach § 104 BetrVG zu entscheiden (Urteil vom 13. Juni 2016, 9 Sa 233/16). Unsere damalige Urteilsbesprechung finden sie hier: Derartige Fälle kommen in der Praxis nur äußerst selten vor. Daher waren wesentliche Aspekte zur Umsetzung von Beschlüssen nach § 104 BetrVG bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Umso erfreulicher war, dass…

Leitender Angestellter trotz "Vier-Augen-Prinzip"?

„Leitende Angestellte“ – sie bilden das Bindeglied zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft. In der Praxis wird der Begriff häufig inflationär verwendet, doch wenn es im Arbeitsgerichtsprozess darauf ankommt, sind die Gerichte streng. Was genau macht einen „echten“ leitenden Angestellten aus? Und kann trotz der üblichen Unterschriftenregelungen, Vier-Augen-Prinzipien & Co. ein Leitendenstatus gegeben sein? Allgemeine Definition Die Definitionen des leitenden Angestellten im betriebsverfassungsrechtlichen und im kündigungsschutzrechtlichen Sinne…

Außerordentliche Kündigung wegen übermäßiger Minusstunden?

Mit der Einführung von flexibler Arbeitszeit bringt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Vertrauen entgegen, dass dieser seine Arbeitszeit verantwortungsbewusst gestaltet. Wenn der Arbeitnehmer dieses Vertrauen durch den Aufbau von Minusstunden, deren Anzahl den vorgegebenen Rahmen sprengt, verletzt, kann nach einer aktuellen Entscheidung des LAG Hamburg (Urteil vom 02.11.2016 – 5 Sa 19/16) eine außerordentliche Kündigung – auch bei langer Betriebszugehörigkeit – gerechtfertigt sein. Denn lange…

(Kein) erneuter Paradigmenwechsel im Personalvertretungsrecht NRW?

In der Vergangenheit haben Wechsel der politischen Mehrheiten in Nordrhein-Westfalen tiefgreifende Änderungen des Landespersonalvertretungsgesetzes (LPVG NRW) nach sich gezogen. Dienststellenleitungen und Personalräte warten gespannt, ob auch der jüngste Regierungswechsel erneut zu einer grundlegenden Umgestaltung des Personalvertretungsrechts führen wird. Der Koalitionsvertrag der neuen CDU/FDP-Landesregierung deutet jedoch nicht in diese Richtung. Hin und her im Personalvertretungsrecht Im Jahr 2007 hatte die damalige CDU/FDP-Mehrheit im Düsseldorfer Landtag das…

Emoticons auf Facebook als Kündigungsgrund?

Wieder hatte sich die arbeitsrechtliche Rechtsprechung mit sozialen Medien zu beschäftigen und wieder ging es um Äußerungen eines Arbeitnehmers auf Facebook. In einer öffentlich einsehbaren Facebook-Unterhaltung hatte der Arbeitnehmer seinen Unmut über Vorgesetzte kundgetan, sich dabei aber in seiner Wortwahl – und der Verwendung von Emoticons – vergriffen. Die Arbeitgeberin, ein Maschinenbauunternehmen, veranlasste dies zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG Baden-Württemberg (Urteil…

WannaCry, Petya & Co: Arbeitsrechtliche Handlungsmöglichkeiten für betroffene Unternehmen

Eine böse Überraschung gab es in den letzten Wochen auch für deutsche Unternehmen, die wie viele andere Ziel eines sogenannten Ransomware-Angriffs wurden. Anstelle der bereits bekannten „WannaCry“-Software wurde dieses Mal der Verschlüsselungstrojaner „Petya“ eingesetzt. Dieser sperrt den Zugriff auf das Dateisystem und verschlüsselt dieses, um es gegen Zahlung einer variablen Summe an Bitcoin wieder freizugeben. Ist das System einmal infiziert, droht der Befall aller verbundenen…

Rentnerbeschäftigung nach Erreichen der Altersgrenze (nicht) leicht gemacht!

Das ArbG Karlsruhe (Urt. v. 27.04.2016 – 3 Ca 22/16) hat sich zur umstrittenen Frage geäußert, ob mit dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen der Altersgrenze im Sinne von § 41 S. 3 SGB VI zugleich eine Änderung der Arbeitsbedingungen vereinbart werden kann, ohne dass dies die Wirksamkeit des vereinbarten Beendigungszeitpunktes berührt. Das Gericht hat dieses mit einem klaren „Ja“ beantwortet, was aber noch keine Rechtssicherheit für…

Über Bande gespielt: Beendigung der Tarifdynamik bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf Anerkennungstarifvertrag

Arbeitsvertragliche dynamische Bezugnahmeklauseln, welche die Anwendung bestimmter Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vorsehen, können für Unternehmen durchaus reizvoll sein. Sie schaffen ein einheitliches, von der individuellen Gewerkschaftszugehörigkeit unabhängiges Regelwerk im Betrieb und mindern gleichzeitig den Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt. Kehrseite der Medaille: Insbesondere Tariflohnerhöhungen müssen – auch in schlechten Zeiten – stets an die Mitarbeiter weitergegeben werden. Wie diese Dynamik beendet werden kann, zeigt ein…

Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber - ein Lehrstück

Das LAG Schleswig-Holstein hat in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2017 eine Kündigung wegen Beleidigung der Geschäftsführung als gerechtfertigt angesehen. Das für sich betrachtet verdiente kein besondere Erwähnung. Aufmerksamkeit verdient das Urteil dennoch, da das LAG schon fast lehrbuchartig alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles erörtert, und mit einer häufigen Fehlvorstellung ausräumt: Auch nach „Emmely“ kann das angesparte „Vertrauenskapital“ bei langjähriger Betriebszugehörigkeit durch eine einzige Handlung…

AGG: Sprachkunde mit dem Bundesarbeitsgericht

Über die Tücken des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) bei der Formulierung von Stellenanzeigen mit Bezügen zum Alter hatten wir erst kürzlich hier berichtet. Das AGG enthält neben dem Alter bekanntlich noch eine Reihe weiterer Anknüpfungspunkte für Diskriminierungen und so ergehen mit hoher Frequenz immer neue Entscheidungen. In einem vom Bundesarbeitsgericht am 15. Dezember 2016 entschiedenen Fall (Az.: 8 AZR 418/15) sah sich eine Bewerberin durch eine Stellenanzeige…